Premiere Parsifal im Aalto - Moderne Inszenierung entzaubert den Mythos
Klassiker in ein modernes, stimmiges Gewand zu kleiden - das ist wahrlich nicht einfach. Erst recht nicht, wenn es um Richard Wagner und „Parsifal“ geht. Dieses mythenbeladene, fast schon sagenhafte Bühnenweihfestspiel aus dem 19. Jahrhundert, das thematisch noch viel tiefer in der deutschen Mythengeschichte verwurzelt ist.
Spannung, Vorfreude, ein bisschen Skepsis angesichts der fünfeinhalb Stunden Dauer - all‘ das begleitete mich auf meinem Gang ins Aalto. Mit Beginn der Ouvertüre steigerte sich die Vorfreude deutlich - denn das Orchester spielte, nein, zelebrierte Wagner fast schon. Doch alle schönen Gedanken über „Parsifal“ waren nur Sekunden später wie weggewischt. Ein Blick auf das Bühnenbild - einen containerähnlichen Glaskasten, der ein modernes Krankenzimmer auf einer Intensivstation darstellen sollte, brachte mich ganz schnell wieder in die Realität und ließ den ersehnten Kunstgenuss in weite Ferne schwinden. Er fühlte sich etwa so fern, wie der Gral für Amfortas. Ein wenig Hoffnung blieb, denn Musik und stimmgewaltige Arien und Partituren allein‘ können doch schon ein wahrer Kunstgenuss sein.
Auch das gewohnt gute Orchester und die beeindruckenden Choreinlagen konnten die Inszenierung nicht retten
Aber auch diese Hoffnung starb schnell. Zum einen wusste mich keiner der Darsteller stimmlich in seinen Bann zu ziehen. Zum anderen stellten für mich die moderne Inszenierung und die alten Texte einen Stilbruch dar. Es ergab sich keine Chance nur in einem Moment über den Text oder die Musik in dieses Stück zu finden. Statt dessen zogen sich die Minuten wie Stunden dahin, auch der zweite Aufzug sollte es nicht besser machen.
Vor allem die fast slapstickhaft anmutenden Versuche von Amfortas aus seinem Bett wieder hinaus auf die Suche nach dem Gral zu gelangen, hatten sich zu sehr in mein Gedächtnis gebrannt. Geschätzte zehn Mal erheiterte mich am Ende diese Szene mitsamt des Auftritts des vierköpfigen Pflege- und fünfköpfigen Putzpersonals, der Ärzte und Anwälte. Natürlich muss die innere Zerissenheit, das Zwanghafte im Handeln von Amfortas dargestellt werden - doch in dieser Art und Weise ist dies zweifelhaft. Gelungen ist es Regisseur Joachim Schloemer aus meiner Sicht nicht. Zumindest mir waren die Darsteller zu flach, die Stimmen nicht eingängig genug und über allem stand der Bruch zwischen dem gesungenen Wort und dem modernen Bühnenbild und aktuellen Kostümen. Dies war auf Dauer zu viel für mich, so dass ich mich nach dem zweiten Aufzug verabschiedete. Und das nicht allein.
Weitere Vorstellungen:
Sonntag: 24. März, 31. März, 7. April, 28. April, 30. Juni; Samstag: 15. Juni
Tickets: 0201/8122200 und im II. Hagen 2
Autor:Sven Krause aus Mülheim an der Ruhr |
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