Schaltjahrkinder - Geburtstag am 29. Februar

Eigentlich hatte Ursula „Uschi“ Audehm in 80. Lebensjahren nur 20 mal Geburtstag - wenn es nach dem Kalender geht. An Eifersüchte auf „normal Geborene“ kann sie sich aber nicht erinnern.

Ganz im Gegenteil: „Alle vier Jahre gab es für mich doppelt Geschenke, so dass meine große Schwester ganz neidisch auf mich war“, muss die Jubilarin grinsen. Nicht, dass sie in den Zwischenjahren nicht auch etwas zum Geburtstag bekommen hätte.
Und eine Entscheidung, ob sie ihren Ehrentag vorverlegt oder nachfeiert, die hat sie im Grunde auch nie getroffen. „Wenn es den 29. Februar nicht gibt, feiere ich einfach an beiden Tagen“, so die Borbeckerin. Und so halten es auch ihre Familie, Freunde und Bekannten: Glückwunschkarten und Anrufe gehen sowohl am 28. Februar als auch am 1. März bei ihr ein. Und über alle freut sie sich gleichermaßen.
Ursula Audehm wurde 1932 in Ostpreußen geboren. Eine bewegte, von Kriegstagen geprägte Kindheit liegt hinter ihr. So musste sie im Januar 1945 mit der Familie vor den Russen flüchten und landete schließlich, 1946, in Mecklenburg-Vorpommern. In ihrer Familie war sie eines von vier Mädchen. „Eine Schwester ist jedoch verstorben“, erzählt die Rentnerin.
Auch den Verlust ihres Mannes musste das Geburstagskind vor rund zwei Jahren hinnehmen. „Wir haben 1952 geheiratet, unsere Ehe hielt 57 Jahre“, weiß die Mutter zweier Söhne, 56 und 59 Jahre alt, genau. Nun lebt bei ihr im Haus an der Wüstenhöferstraße, in das sie bereits 1956 einzog, nur noch die 75-jährige Schwester, die seit Jahren an Demenz leidet. Liebevoll kümmert sie sich um das Familienmitglied, pflegt sie ganz eigenständig trotz ihres hohen Alters.
Auch deshalb, weil sie soviel Liebe und Zeit investiert, haben sich „ihre“ Damen von der evangelischen Frauenhilfe Vogelheim beim Borbeck Kurier gemeldet, um Audehms Ehrentag besonders zu würdigen. Gerührt zeigt sich von der Überraschung die nun 80-Jährige, ist den Wegbegleiterinnen enorm dankbar. „Aber vorrangig natürlich auch meiner Familie und all meinen Freunden und Bekannten.“ Viele von ihren Lieben werden auch an ihrem heutigen Geburtstag, zu Kaffee und Kuchen, bei ihr vorbeischauen. Und am Wochenende feiert sie noch einmal größer im Kreise von rund 30 ihr nahestehenden Menschen in einem Borbecker Gasthaus. Der runde, im Kalender aufgeführte Geburstag hat bei ihr eigentlich den selben Stellenwert, wie für Andere der Fünfzigste. „Obwohl, den habe ich auch gefeiert, trotz Ausweichtermins, damals im eigenen Schrebergarten“, erinnert sich „Uschi“. Dieser steht mittlerweile übrigens zum Verkauf. „Irgendwann wird es einem doch alles zu viel“, gönnt sie sich etwas mehr Ruhe, wenn auch nur sehr selten.

Hintergrund:
Ein Jahr umfasst die Zeit, welche die Erde für eine Umrundung der Sonne braucht. Das dauert genau 365 Tage, 5 Stunden, 48 Minuten und 45,252 Sekunden - und damit rund einen viertel Tag länger als unser Kalenderjahr. Damit die Rechnung wieder stimmt, gleichen wir die Abweichung alle vier Jahre durch einen Schalttag, nämlich eben den 29. Februar, aus.
Ganz so einfach ist es aber doch nicht. Um absolute Genauigkeit herzustellen, müssen über 400 Jahre jeweils drei Schaltjahre gestrichen werden. Und das funktioniert anhand von Regeln:
1. Ein Jahr ist ein Schaltjahr, wenn die Jahreszahl restlos durch 4 teilbar ist.
2. Ein Jahr ist kein Schaltjahr, wenn es durch 4 und 100 restlos teilbar ist.
3. Ein Jahr ist ein Schaltjahr, wenn es sowohl durch 4, durch 100 und durch 400 teilbar ist.
Daraus folgt: 2012 ist ein Schaltjahr. Die Jahreszahl ist durch 4 teilbar, nicht aber durch 100 oder 400. 1900 war kein Schaltjahr (teilbar durch 4 und 100), 2000 aber doch (teilbar durch 4, 100 und 400).