Das Ehrenamt: "Deutsch für Anfänger"
Dienstag, 10:00 Uhr. Vollbepackt mit Büchern, Heften und Tüten tritt die ehemalige Förderschullehrerin Margret Sonnenschein in einen Raum voller erwachsener Frauen.
„Guten Morgen, Margret, wie geht es dir“, fragt eine der Frauen. „Hallo Regina“, erwidert sie. Nach einem kurzen Gespräch kann es dann losgehen.
„Heute lesen wir gemeinsam in unserem Buch weiter. Dazu muss jemand jetzt die Wörter legen“, fährt Regina von Oppenkowski fort. Gemeinsam bringen Margret Sonnenschein und Regina von Oppenkowski libanesischen Frauen die deutsche Sprache näher.
Bereits seit vier Jahren treffen sich einige Ehrenamtliche zusammen mit Migrantinnen, um als Sprachpartnerinnen in Alltagssituationen Hilfe zu bieten.
Von Anfang an dabei
Von Anfang an waren Sonnenschein und von Oppenkowski mit dabei. Zunächst bei verschiedenen Ausflügen und Treffen. „Nachdem wir einige Male zusammen gekommen sind, wollte die Gruppe sich mehr auf unsere Sprache fixieren. Die Idee, einen Deutschkurs für libanesische Frauen einzurichten, war geboren“, beschreibt Sonnenschein. „Da Regina und ich auch Erfahrungen als Lehrkräfte haben, willigten wir sofort ein und der Kurs konnte starten“, so Sonnenschein weiter. Gründe, um zu lernen, gab es für die Migrantinnen dabei offensichtlich genug.
"Die Frauen wollen unabhängig sein"
„Viele der Frauen können kein oder nur wenig Deutsch. Das hat vor allem den Grund, da zu Hause oft nur arabisch gesprochen wird. Da die Frauen nicht länger von anderen abhängig sein und teils einen Job wollen, liegt es an uns, unterstützend zu wirken“, erklärt die ehemalige Förderschullehrerin. Mittlerweile sind die Räumlichkeiten im "Blick-Punkt 101" an der Haus-Berge-Straße fast dauerhaft am Limit. „Insgesamt haben wir momentan um die 15 Frauen, die regelmäßig zu uns kommen, um die deutsche Sprache zu lernen“, so Sonnenschein. Da das sprachliche Niveau innerhalb der Gruppe unterschiedlicher nicht hätte sein können, wurde der Kurs gesplittet. Die 66-jährige Sonnenschein leitet den Kurs für Fortgeschrittene und ihre 72 Jahre alte Kollegin hat den Anfängerkurs übernommen. „Einige Frauen waren hier in Deutschland in der Schule und können die Sprache gut, andere haben weder hier noch im Libanon eine Schule besucht. Einige mussten bei Null anfangen. Da ging es dann auch darum, ihnen Lesen und Schreiben beizubringen“, erläutert von Oppenkowski. Die ehemalige Schulleiterin, die alle Fächer unterrichten kann, sieht aber trotzdem einen großen Unterschied zwischen den Kursteilnehmerinnen und Erstklässlern. „Die Gesprächsebene ist eine völlig andere. Nicht nur, dass die Frauen schneller lernen, auch haben sie schon Lebenserfahrungen und ganz andere Voraussetzungen“, findet von Oppenkowski. Zudem schätzt sie das Lernen in der kleinen Gruppe: „Es ist wesentlich einfach, den Frauen etwas beizubringen. Außerdem freue ich mich, wenn ich meine beruflichen Erfahrungen weitergeben kann.“
Jeder lernt etwas
Für Margret Sonnenschein steht vor allem der integrative Faktor im Vordergrund: „Der Tag hat auch nach der Pensionierung 24 Stunden, in denen man meiner Meinung nach etwas Sinnvolles tun sollte, um der sozialen Verantwortung gerecht zu werden. Hier im Kurs habe ich dabei auch noch richtig Spaß. Immer wieder kann man Fortschritte bei den Teilnehmerinnen sehen und einiges über die arabische Kultur und Sprache lernen“, begründet sie ihre ehrenamtliche Tätigkeit. Regina von Oppenkowski sieht ihre Engagement eher als gesellschaftliche Notwendigkeit. „Der Staat kann in vielen Bereichen nicht das leisten, was geleistet werden muss, deshalb ist es meine Pflicht, den Frauen, die fast nicht gefördert werden, eine Möglichkeit zu geben, an der Gesellschaft teilzunehmen“, erklärt die Sprachpartnerin.
Über die Ehrenamt Agentur Essen haben die beiden Frauen ihre neue Aufgabe gefunden. Und dass sie mit Spaß und Feuereifer bei der Sache sind, lassen sie ihre Kursteilnehmerinnen an jedem Unterrichtstag erfahren.
Autor:Nolin Wischermann aus Essen-Borbeck |
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