Borbecker Markt doch in voller Blüte?

„Seit 35 Jahren Höhen und Tiefen“ erlebt Jürgen Dobiasch mit seinem Blumenstand. Auf dem Borbecker Markt fühlt er sich besonders wohl - und versteht Negativstimmen nicht.

Morgens um 6 Uhr ist der „Blumen-Jürgen“ bereits mit dem Aufbau seiner Stiefmütterchen, der Orchideen und Hornveilchen zugange. Zweimal wöchentlich, immer dienstags und freitags, eröffnet er dann um 8 Uhr den Verkauf auf dem kleinen Platz vor dem Bahnhof.

"Komm ran, komm ran!"

„Komm ran!“, ist er mit allen Kunden grundsätzlich per „Du“. „Für 3 Euro bisse dabei“, preist er offensiv seine Ware an und verspricht „idiotensichere“ Pflege. Dass eine Kundin mit der Bepflanzung ihres Gartens noch etwas warten mag, kann er kaum verstehen. „Da müssten die Temperaturen wieder unter Minus 5 Grad fallen, damit es den Blümchen schadet“, weiß der Fachmann. Zum Kauf drängen mag und muss er aber niemanden hier. „Ich liebe ihn“, schwärmt eine Stammkundin, „bei ihm muss man einfach stehen bleiben!“. Und tatsächlich: Wenn der „Blumen-Jürgen“ erst einmal los gelegt hat, schallt seine Stimme über den Marktplatz und strömen die Besucher von allen Seiten heran. Es wird gelacht, geflachst und geplauscht. Und wer sich über Wartezeiten oder Mängel beschwert, muss auch schon mal mit schroffen Kommentaren rechnen - oder einem breiten Lächeln und einem geschenkten Pflänzchen ...
„Das ist es doch, was den Markt ausmacht, weshalb die Leute her kommen“, ist sich Dobiasch sicher, dass der Verkauf unter freiem Himmel von seinem Flair nichts verloren hat. „Wir haben sogar Personal aufgestockt“, kann er Kollegen nicht verstehen, die über Umsatzeinbußen klagen (wir berichteten: www.lokalkompass.de/400639). Seit mindestens zehn Jahren bewege er sich auf gutem, konstanten Niveau. Zudem hätten Markthändler anderswo mit größeren Problemen zu kämpfen: Die Standpreise in Borbeck seien vergleichsweise niedrig, zudem verfüge man hier über Müllcontainer, laut Dobiasch keine Selbstverständlichkeit mehr. „Das Sortiment ist viel größer geworden“, sieht er sogar positive Markt-Entwicklungen. Textilien seien heute modisch und besondere Aktionen wie das kostenlose Schälen des frischen Spargels - „so etwas bekommt man im Supermarkt doch gar nicht geboten!“. Auch die Angebote in den Häusern seien befristet, im Gegensatz zu den stabilen Markt-Preisen. „Außerdem muss man ja auch nicht immer der günstigste Anbieter sein, es geht ja auch um Service und Qualität!“

Längere Verkaufszeiten oder doch eine Markthalle?

Verbesserungswürdig seien eventuell die Öffnungszeiten. In Rüttenscheid habe sich ein erweiterter Verkauf bereits bewährt und so könnte er sich auch für Borbeck vorstellen, den Markt zumindest bis 14 Uhr zu verlängern. „Aber bitte keine kompletten Umstrukturierungen“, hofft er, denn genau daran seien die meisten Märkte kaputt gegangen.
Jürgen Becker, dem das angrenzende Bahnhofsgebäude gehört, sieht das etwas anders. „Warum keine Markthalle?“, möchte er Verwaltung und Politik zu einer Diskussion über mögliche Veränderungen anregen. Einen positiven Impuls hält er für den einzigen Weg, den Markt zu retten. Denn einen Schwund an frischen Ständen habe er durchaus beobachtet. Und an der Wetteranfälligkeit zu arbeiten, wäre ein erster Schritt. „Vielleicht hätte eine Markthalle Modellcharakter und könnte auch von EU, Bund und Land gefördert werden.“ Hauptsache, der Treffpunkt von Jung und Alt bleibe auch für die Zukunft erhalten. Und das will ja auch Dobiasch.