Allein mit Hauptamtlichen wird es in der Pflege nicht gehen
Minister Laumann betont: Wir müssen Zuwanderer einbinden
Allein mit Hauptamtlichen wird es laut Minister Laumann in der Pflege nicht gehen Für ihre Referentenauswahl sind die Organisatoren der Leuchtturmabende im Seniorenstift Martin Luther in Essen-Dellwig bekannt. Auch beim sechsten Gespräch seiner Art konnten sich die Gäste auf einen Redner freuen, der Einblicke in seine Arbeit und nachdenkenswerte Impulse gab.
von Doris Brändlein
„In Ihrem Lebenslauf ist zu lesen, dass Sie der erste Spitzenbeamte in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland waren, der mit einem Hauptschulabschluss und ohne akademische Qualifikation zum verbeamteten Staatssekretär auf Bundesebene vereidigt wurde. Ich würde sagen, Sie waren der erste verbeamtete Staatssekretär, der etwas Gescheites gelernt hat, nämlich Maschinenschlosser“, stellt der Moderator des Abends, Heinz Diste (Contilia), den Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen, Karl-Josef Laumann, vor.
Rücklagen in Höhe von 83 Milliarden Euro
„Die Bundesrepublik Deutschland gibt täglich eine Milliarde Euro im Gesundheitsbereich aus. Auch deshalb ist es zwingend notwendig für die Politik, eine gestaltende Rolle im Bereich der Gesundheitsfürsorge einzunehmen“, davon ist der Minister überzeugt. Das Problem sieht Laumann jedoch nicht auf dem finanziellen Sektor. „Wir haben im Moment Rücklagen von 83 Milliarden Euro aus der Renten-, Kranken- und Arbeitslosenversicherung“. Erreicht wurde das durch mehr als 44 Millionen Erwerbstätige „so viele wie noch nie“, bestätigt Laumann.
Problem bei nichtakademischen Pflegeberufen
Doch der 62-Jährige kennt auch die Kehrseite der Medaille. Der Fachkräftemangel sei schon jetzt enorm hoch. "Und es wird nicht besser,, wenn nicht auch innovativen Ideen Raum gegeben wird."
Krankenhäuser müssten dazu verpflichtet werden, in Pflegeschulen zu investieren. Aus dem Sozialfond für NRW stehen dafür 1,4 Milliarden Euro zur Verfügung, betont der Minister. „Zum anderen werden wir an Zuwanderern in der Pflege nicht vorbeikommen, denn gerade bei den nichtakademischen Pflegeberufen haben wir ein Problem.“
Finanzierungsfrage ist nicht die dringlichste
Wichtig für Laumann ist es deshalb auch, die Migranten, die 2015/2016 nach Deutschland gekommen sind, in den Arbeitsprozess zu bekommen. „Nicht die Finanzierungsfrage wird uns in den nächsten Jahren beschäftigen, sondern die Frage, wo kommen die Leute her?“ Der Minister bringt es mit einem Satz auf den Punkt: „Geld pflegt nicht, du brauchst einen, der es tut!“.
In NRW gebe es momentan rund 200.000 Menschen, die in der Pflege arbeiten: 50 Prozent davon in Krankenhäusern, 50 Prozent in der Altenpflege. Jedes Jahr werden, auch wegen des demografischen Wandels, 2.000 bis 3.000 zusätzliche Pflegekräfte gebraucht. „Wir müssen ausbilden, was das Zeug hält“.
Schulgeld sofort abschaffen
In vielen Berufen, beispielsweise bei Logopäden, Physiotherapeuten und Pharmazeutisch-technischen Assistenten, müsse noch Schulgeld bezahlt werden. „Eine meiner ersten Aufgaben als Minister war es, das Schulgeld wegzukriegen. Dafür nehmen wir 15 Millionen Euro in die Hand.“
Einfach wird die Zukunft trotzdem nicht. In den nächsten vier Jahren gehen über 600.000 Menschen in Rente. Der Gesundheitsbereich steht bei der Arbeitskräftegewinnung im Wettbewerb mit vielen anderen Sparten.
In einem ist sich der Minister aber sicher: Die Pflegeprobleme sind nicht allein über hauptamtliche Pflegekräfte zu beseitigen, auch die Familie spiele eine große Rolle. Dazu hat der bodenständige Franz-Josef Laumann noch einen Tipp parat: „Es ist ziemlich gut, so zu leben, dass man im Alter noch Leute hat, die einen leiden mögen.“
Autor:Lokalkompass Borbeck aus Essen-Borbeck |
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