Menschen mitten unter uns

Sie sind anders, und doch gleichen sie einander. Sie haben alles, was sie äußerlich zum Menschen macht: Arme, Beine, einen Körper und vor allem ein Gesicht. Sehen wir es an, stellen wir keine Unterschiede zu anderen Gesichtern fest.
Doch hören wir ihre Sprache, fallen sie auf. Wir spüren ihre Scham, ihren Zorn und ihre Hilflosigkeit, wenn sie zu Beginn ihrer dementiellen Erkrankung wahrnehmen, dass sie Verwunderung und Unverständnis auslösen beim Gegenüber, dem Partner, den Kindern, den Freunden.
Edeltraud Ständeke-Otto hat Bewohner eines Wohnbereichs für schwestdemenziell erkrankte Menschen porträtiert. Entstanden sind 30 Bilder in chinesischer Tusche, die seit dem Wochenende im Seniorenstift Haus Berge an der Haus-Berge-Straße 231e zu sehen sind. Die Künstlerin ist ehrenamtliche Mitarbeiterin des Hauses, hat die Gesichter der „Menschen mitten unter uns“ eingefangen und lässt sie ihre Geschichte erzählen. Die Porträts berichtetn von einem immer kleiner werdenden Lebenskreis, von Begegnungen, die weniger werden, von Einsamkeit und Überforderung.
„Es besteht die Chance, hinter der Erkrankung den Menschen wieder wahrzunehmen, die Mauer zwischen uns und ihm, dem dementen Menschen niederzureißen. Weil wir erleben, wenn wir es zulassen, wieviel wärmendes Licht gerade durch sie in uns hineinströmt. Wieviele unverhüllte Gefühle, wieviel Lachen, Weinen, Singen, soziales Miteinander, Zuneigung zueinander sich uns offenbart“, erzählt die Künstlerin. Die Portraits ihrer Ausstellung möchten einladen, den Reichtum, „die Kleinodien zu finden“, so Edeltraud Ständeke-Otto weiter. „Die Bilder wollen ansprechen, gerade weil diese Bewohner nicht mehr unsere Alltagssprache beherrschen, sich nicht mehr verschlüsseln können. Sie gehen mitten in uns hinein.“
Die Ausstellung „Menschen mitten unter uns“ ist bis zum 7. Oktober in der Einrichtung an der Haus-Berge-Straße zu besichtigen.