Kolumne "Blick ins Leben" von Heidi Prochaska

Schon wieder Weihnachten

Die ersten Plätzchenangebote im September habe ich in den Supermärkten geflissentlich ignoriert. Wer will schon in Sandalen Spekulatius essen? Also habe ich mich lieber um die wirklich wichtigen Dinge gekümmert – um meinen Job, meine Einnahmen und jede Menge organisatorische Dinge. Das Jahr nahm seinen Lauf und ich hatte gefühlt 24 Stunden am Tag mit dem Zufriedenstellen meiner Kunden zu tun.

Beinahe unbemerkt änderten sich Gerüche, Temperaturen, die Beleuchtung. Es blitzten an unverschneiten Tannen Lichterketten auf, ich roch selbstgebackene Vanillekipferl und nach dem ersten Glühwein war auch mir klar: die Tage bis Weihnachten kann ich an zwei Händen abzählen. „Oh mein Gott“, resümierte ich teils erschrocken über die Schnelligkeit, in der das Jahr vergangen war - teils gestresst, da meine Geschenkeliste noch kaum Haken mit dem Vermerk „erledigt“ enthielt.

Ich tauchte daher ein in das Abenteuer Weihnachtseinkauf. Ich nahm mir einen ganzen Tag Zeit und ließ mich inspirieren, motivieren, animieren, um die schönsten aller Geschenke für die Menschen zu kaufen, die ich mag und schätze. Die Tüten füllten sich, mein Portemonnaie leerte sich. Auf dem Rückweg kam ich an einem Schmuckladen vorbei. Mein Blick streifte müde die Auslagen und blieb ruckartig bei Paar Ohrringen hängen. „Ob sie wohl meiner Schwester gefallen würden“, fragte ich mich? „Aber nein“, für sie hatte ich bereits ein Geschenk. „Wen könnten sie sonst noch erfreuen?“

Ich überlegte ernsthaft und schaute verträumt ins Schaufenster. Mal angenommen es würde den Weihnachtsmann wirklich geben, dann wäre er mir am liebsten in Form eines attraktiven Mannes, der mir von hinten auf die Schulter fasst und fragt, ob er sie mir schenken dürfte – oder so ähnlich. Ich schmunzelte über mich selber, schüttelte den Kopf und schaute mich vorsichtshalber noch einmal um. Nein, es war wirklich niemand zu sehen. Ich setzte meinen Weg fort, kam aber nur drei Schritte weit. Dann drehte ich um und betrat das Geschäft. Ich ließ mir die funkelnden Ohrringe zeigen, zückte meine Kreditkarte und steckte ein elegant verpacktes Döschen in meine Handtasche.

Beinahe hätte ich im ganzen Weihnachtstrubel ein Geschenk vergessen für die wichtigste Person meines Lebens. Eine Person, auf die ich mich hundertprozentig verlassen kann, der ich Liebe und Aufmerksamkeit schenke, die Fürsorge, persönliche Anerkennung und Präsente zu schätzen weiß.

Liebe deinen Nächsten wie dich selbst – dieses biblische Zitat macht mich in diesem Jahr besonders glücklich.
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen ein wunderschönes Weihnachtsfest.

Autor:

Heidi Prochaska aus Essen-Borbeck

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