Kolumne "Blick ins Leben" von Heidi Prochaska
Drei Wochen Sommerurlaub gönne ich mir in diesem Jahr. Ich habe ihn extra in die Hauptferienzeit gelegt, so dass potenzielle Auftraggeber vielleicht ebenfalls ausspannen und unterwegs sind. Vorsichtshalber sage ich meinen wichtigsten Geschäftspartnern, dass ich E-Mails auch in Amerika abrufe und meinen Terminkalender dabei habe. Ausarbeitungen, Texte und Konzepte müssen halt warten, bis ich wieder da bin. Ob am Grand Canyon oder in Las Vegas - morgens nach dem Aufstehen checke ich als erstes meine Mails, genauso mittags und sogar abends, wohlwissend, dass in Europa in der Nacht nur Werbemails verschickt werden. Die Macht der Gewohnheit lässt mich auch im Urlaub nicht los.
Da der Laptop zuhause geblieben ist und mich die kleinen Tasten auf dem Smartphone nerven, ist die Arbeits- und Surfzeit überschaubar. Bereits auf dem Rückflug plane ich die unterschiedlichen Arbeiten am Computer und terminiere die nächsten Tage. Endlich kann ich Liegengebliebenes wegarbeiten.
Nach dem Einschalten braucht mein Rechner ungewöhnlich lange, bis er hochfährt. Ob ein Computer auch Urlaub braucht, sinniere ich kurz, bevor ich die Datei anklicke. Sie lässt sich nicht öffnen. Ich klicke weiter. Keine meiner Dateien lässt sich öffnen. Stattdessen sagt mir mein Computer, dass ich keine Zugangsberechtigung habe. Ich raufe mir die Haare, schalte aus und wieder an, ziehe Stecker, denn auch das Internet funktioniert nicht. Ich starre ihn wütend an.
Normalerweise hilft mein persönlicher Computerfachmann. Doch der ist noch zwei Wochen im Urlaub. Meine technik-affine Nachbarin weiß immer Rat, nur jetzt nicht. Statt durchzudrehen, bleibe ich ruhig. Ich will eine einfache und schnelle Lösung. Darauf fokussiere ich mich. Nur diesen Gedanken lasse ich zu. Schließlich bekomme ich einen Tipp von der Schwester einer Freundin.
Weitere fünf Tage überlebe ich ohne Computer. Ich lese Bücher statt im Internet, mache überfällige Besorgungen, putze meine Wohnung gründlich und habe Zeit für Freunde und Familie. Genau an dem Tag, an dem ich meinen Laptop mit meinen Daten unbedingt brauche, ist er fertig repariert.
Hat dieses kleine technische Arbeitsgerät vielleicht doch ein Herz und wollte mir weitere Urlaubstage verschaffen? Oder war das ein Test des Lebens, in wie fern ich flexibel bin und neue Lösungen finde? Was meinen Sie?
Autor:Heidi Prochaska aus Essen-Borbeck |
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