Kolumne "Blick ins Leben" von Heidi Prochaska

Statt gegeneinander - miteinander!

Commitment

Mit dem Wort „Commitment“ hatte ich bisher wenig Kontakt. Vielleicht, weil es aus dem Amerikanischen kommt und in Deutschland wenig gebräuchlich ist. Erst als ein guter Freund mir folgende Geschichte erzählte, erwachte mein Interesse.

Thomas will mit seiner Freundin am Samstagabend ins Kino gehen. Er mag es actionreich in großen Filmpalästen, sie bevorzugt französische Filme in kleinen, alten Programmkinos. Sie diskutieren hin und her und weil Thomas seine Freundin liebt, gibt er nach. Er ahnt, dass diese Art Kino nicht seinen Geschmack trifft, Popcorn entweder gar nicht angeboten wird oder es alt und muffig schmeckt und die Sitze ihre besten Zeiten bereits hinter sich haben. Nach einer Stunde auf diesen plüschigen Sesseln wird ihm wahrscheinlich der Rücken wehtun.

Mit unbewegter Mine betritt er den seiner Meinung nach viel zu kleinen Kinosaal. Und es kommt wie es kommen muss. Thomas hat mit all seinen Befürchtungen recht. Statt auf Popcorn kaut er auf Erdnüssen herum, dessen Mindesthaltbarkeitsdatum längst überschritten ist. Wenigstens schmecken sie so. Er atmet Düfte ein, die entstehen, wenn ein Deo versagt und spürt nach dreißig Minuten erste Schmerzensstiche.

Spätestens jetzt beginnen viele Menschen, vielleicht sogar Personen, die sie kennen, eine Beschwerdearie. Wir fühlen uns im Recht und lassen mit entsprechender Gestik und Mimik unseren Frust ab. Wir haben das Dilemma nicht nur geahnt, sondern gewusst. Unsere Stimme klingt vorwurfsvoll und anklagend. Doch Thomas reagiert anders.

Er hat sich zu diesem Film und den Wünschen seiner Freundin bekannt und wusste genau, worauf er sich einlässt. Das heißt, er trägt mit Hingabe und persönlicher Verpflichtung alle Konsequenzen. Kein einziger Jammerton kommt über seine Lippen. Er macht das Beste aus der Situation und erweitert seinen Horizont. Die Entscheidung seiner Freundin ist jetzt auch seine Entscheidung. Er hat sich „committed“ bzw. selbstverpflichtet.

Im Anschluss war er mit seiner Liebsten in einem kleinen Restaurant und hat die Vorzüge französischer Küche genossen. In einem lauschigen Gespräch hat er erfahren, warum sie den Film faszinierend fand. Der Abend war noch lang und vergnüglich.

Autor:

Heidi Prochaska aus Essen-Borbeck

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