Bewegt Lernen - mehr Flexibilität für Kinder in Kita und Schule
Kippeln und auf dem Stuhl balancieren - im Unterricht war das früher unerwünscht. Heute arbeiten die Pädagogen mit neuen und bewegungsorientieren Lernmethoden. Davon überzeugt ist auch Schulleiterin Schlicker von der Schlossschule in Essen-Borbeck. Sie hat jetzt - durch die großzügige finanzelle Unterstützung des Fördervereins der Schule, der Deichmann-Stiftung, der Sparkasse Essen-Borbeck und der Bezirksvertretung - die ersten 24 Schulmöbel-Sets anschaffen können. Weitere sollen bald folgen.
Warum Bewegung so wichtig ist
Jens Bosak von der Bewegungswerkstatt Essen kann das gut erklären: "Früher haben die Kinder viel mehr draußen gespielt, sich viel bewegt und waren deshalb fitter und ausgeglichener. Heute sitzen sie nach dem Stillsitzen in der Schule nachmittags häufig vor dem Fernseher, einem Videospiel oder dem Internet." Nicht nur die Muskulatur, das Körpergefühl oder die Fähigkeit, sich auszubalancieren leiden darunter, weiß die erfahrene Schulleiterin der Schlossschule: "Wir beobachten, dass die Kinder im Unterricht häufig zappelig sind und sich nicht konzentrieren können." Und durch Studien ist längst bewiesen: Auch Aggressivität auf dem Schulhof kann seine Ursache in mangelnder Bewegung haben.
Die Bewegungswerkatt Essen beobachtet die Entwicklung seit Jahren und hat schon vor mehr als einem Jahrzehnt die flexible Schulmöbel-Serie "Landauer" entwickelt. Die Sets bestehen jeweils aus einem leichten standfesten Tisch, einem Sitzelement und einem kleinen Regal, das die Schultasche und persönliche Utensilien aufnimmt. Auf dem halbrunden Sitzelement können sich die Kinder wahlweise ausbalancieren, was stärkt die Rückenmuskulatur stärkt, oder konventionell wie auf einem Hocker sitzen.
Besser Lernen
"Wenn man in Bewegung ist, kann man erstaunlicherweise besser lernen", sagt Schulleiterin Schlicker. Unterstützt wird diese Erfahrung durch eine Studie, in der die Kinder in "bewegten Grundschulklassen" drei Jahre lang beobachtet wurden. Die Wissenschaftler verzeichneten in diesen Klassen eine deutliche Steigerung der psychomotorischen Leistungsfähigkeit der Kinder.
Die Schulmöbel haben noch weiter Vorteile, die Schülern und Lehrer besonders begeistern: Mit den Landauern lassen sich Unterrichtssituationen für die Einzel- und Gruppenarbeit immer wieder neu gestalten. So lässt sich im Schulalltag schnell ein Bewegungsparcours, eine Bühne für ein Theaterspiel, Raum für Projekte oder ein Rückzugsort für Lerngruppen aufbauen. Aber natürlich kann man im bewegten Klassenzimmer auch "konventionell" unterrichten.
Kindergärten sind begeistert
Die Landauer werden in solider handwerklicher Qualität von Menschen mit geistigen Behinderungen in den Franz Sales Werkstätten gebaut. Sie kommen aber nicht nur in Schulen zum Einsatz: "Wir bauen das Set in verschiedenen Größen und haben damit schon rund 2.000 Kindergärten und Grundschulen in ganz Deutschland ausgestattet", berichtet Arno Ihde, Leiter des Hauptbetriebs der Franz Sales Werkstätten. "Die Kindergärten sind begeistert, weil die Möbelelemente selbst von den Kleinen leicht zu handhaben sind und daher optimal ins Spiel einbezogen werden können. Mal sind sie die Elemente Haus, mal Schiff, können als Kletterparcours oder Maltisch benutzt werden. Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt.
Zurück in die Schlossschule in Borbeck: "Als Herr Bosak uns das Konzept erklärt hat, wollten alle Kollegen diese Schulmöbel für ihre Schüler anschaffen", erinnert sich Schulleiterin Schlicker. "Zunächst werden wir aber erst mal in jede Klasse ein Set stellen, damit sich Schüler und Lehrer an das bewegte Lernen gewöhnen können." In der Schlossschule dürfen daher erst einmal die Schüler auf den neuen flexiblen Schulmöbeln sitzen, bei denen die Pädagogen ein Bewegungsdefizit beobachtet haben. "Ich hoffe, dass wir dann nach und nach immer mehr Landauer anschaffen können", ergänzt die Schulleiterin. "Weil uns dazu noch Mittel fehlen, freuen wir uns über die Unterstützung von Sponsoren."
Autor:Valeska Ehlert aus Essen-Steele |
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