Mehlkopf: "Ich bin ein schwuler Mann!"
„Ich bin Christ, studierter katholischer Theologe und die CDU ist meine Partei“, soviel steht für Thomas Mehlkopf fest. Und doch gerät er vor allem in einem Punkt noch häufig in Konflikt mit seinen Parteifreunden: der Borbecker Stadtbezirksverbandsvorsitzende lebt in einer homosexuellen Partnerschaft. „Ich bin ein schwuler Mann.“
Und damit geht er seit langer Zeit offen um, agiert als stellvertretender Bundesvorsitzende der LSU (Lesben und Schwule in der Union). Im Vormittagsjournal des Deutschlandfunk stellte er sich heute einer Diskussion mit Experten und Hörern über den aktuellen Stand gleichgeschlechtlicher Partnerschaften in der Gesellschaft. Stephanie Gerlach, der Diplom-Psychologe Dominic Frohn und Jennifer Schubert, Grüne Landtagsabgeordnete in Jena, standen ihm dabei als Gesprächspartner zur Seite.
Wie weit also ist die Gesellschaft in der Akzeptanz und Integration verschiedenartiger Partnerschaften und Lebensformen? „Essen ist eine weltoffene Großstadt, da stoße ich seltener auf Widerstand, auch nicht innerhalb der Partei“, hat Mehlkopf in seinem Alltag eher weniger Probleme. Man kenne sich schließlich, er mache aus seiner sexuellen Orientierung kein Geheimnis und kämpfe seit nunmehr zwölf Jahren politisch für dieses Thema. „Doch hin und wieder erreichen auch mich Kommentare, vor allem anonym, dazu, dass es sich bei gleichgeschlechtlichen Partnerschaften um ein unmögliches, gesellschaftszerstörendes Familienbild handele“, weiß er um die weiterhin bestehenden Probleme und noch längst nicht gänzlich ausgeräumten Vorurteile und Kritiker. Und die kommen natürlich nicht selten aus seinem eigenen „Lager“. So argumentieren unaufhörlich Christen, speziell Katholiken, dass Gott ein solches „Verhalten“ laut Bibel nicht billige. Der Papst hat zum Thema eine eindeutige Meinung.
Glaube und gleichgeschlechtliche Liebe gehen gut zusammen
„Auch mein christliches Weltbild ist bibelgeprägt“, hakt der Politiker ein und bekräftigt seine Position, dass sein Glaube und seine Form, Partnerschaft zu leben, durchaus zu vereinen seien. Doch sei die Bibel in vielerlei Hinsicht historisch gewachsen und auf eine heutige Gesellschaft keineswegs 1:1 zu übertragen, „dann sähe diese ganz anders aus“. „Vieles hat sich über die Jahre verändert und die Gesellschaft kann sich nicht strikt an dem Geschriebenen orientieren“, ist er überzeugt. „Aber dort, wo Liebe vorhanden ist und Verantwortung füreinander übernommen wird, da wird auch christliches Zeugnis abgegeben.“ Und auch seine Partei sei im Wandel, hätte längst begriffen, dass der Anteil an Christen in der Gesellschaft kleiner werde, und entscheide in vielen Fällen auch entgegen kirchlicher Vorschriften. Die Bewegung verlaufe zwar langsam, „aber sie ist zu spüren“. Auch wenn er bedauert, dass rechtliche Fortschritte aktuell nicht selbst vollzogen, sondern lieber den Juristen überlassen würden. „Ein breiter Konsens in der Gesellschaft ist dafür, außer die CDU“, kritisiert Mehlkopf spitz und sieht Parallelen zur Gleichstellung der Frau in früheren Jahren. Dass selbst die LSU eine Ehe zwischen gleichgeschlechtlichen Partnern nicht befürworte, da fehlt es dem 50-Jährigen selbst an Verständnis. „Aber das ist eine Entwicklung, es geht hier um Begrifflichkeiten“. Vor allem darum, wie Ehe zu definieren sei. Die Ehe solle für alle Lebensgemeinschaften geöffnet sein, denn mit Kindern - ein gängiger Streitpunkt, inwiefern diese in Lebensmodellen wie Patchwork- oder Regenbogenfamilie gut aufgehoben sind - habe diese ja erst einmal nichts zu tun. „Ich will es, ich will die Wahl haben, mich für eine Ehe oder Adoption entscheiden zu können.“
Mit seiner Meinung steht er nicht allein da, wie die Aussagen und Bemühungen seiner Mitredner wie auch den Hörern der Radiosendung bekräftigen. Dass es noch viel zu tun gibt, sei klar, so müsse viel Aufklärungsarbeit geleistet werden, gerade Kinder müssten darin begleitet werden, die Familienverhältnisse in Kindergarten und Schule zu erklären, ohne Nachteile dadurch zu erfahren. Auch z.B. Spender-Verfahren sind Thema der Sendung und die differenten Erfahrungen von Menschen, die selbst von gleichgeschlechtlichen Partnern großgezogen wurden. So waren ihre beiden Mütter einer Anruferin zu Beginn vor allem peinlich, während sich ein anderer richtig wohl gefühlt hat unter zwei Frauen. „Traurig sind bloß Momente, in denen man in einem Museum keine Familienkarte erhält, weil man nicht der Definition entspricht“, erinnert er sich. Und genau darum geht es den Befürwortern vorrangig: Aus Familien „zweiter Klasse“ einen normalen Teil der Gesellschaft zu machen.
Autor:Sara Drees aus Dortmund |
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