Bürgerentscheid zur Messe Essen auch in Borbeck diskutiert

Umfangreich informieren konnten sich Borbecker während der vergangenen Markttage an den Ständen von SPD, CDU, Grünen und Essener Bürger Bündnis (EBB). Foto: sara
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Was haben wir in Borbeck eigentlich mit der Messe zu tun? Diese Frage bewegt so kurz vor dem Bürgerentscheid am kommenden Sonntag, 19. Januar, viele Kurier-Leser.

Auch an den Infoständen der Borbecker Parteien rund um den Markt fühlt sich so mancher Passant weit weg vom Thema. Andere wiederum arbeiten selbst in der Messe oder sind zumindest treue Besucher - und somit ganz direkt von der Wahl betroffen. Es spiele absolut keine Rolle, dass sich das Messegelände nicht im Stadtteil befinde, betont Thomas Mehlkopf-Cao, CDU-Bezirksvorsitzender, denn sie trage ohnehin stadtweite Bedeutung, nicht nur als Arbeitgeber, sondern vor allem als wesentlicher Wirtschafts- und Tourismusfaktor für Essen. Dennoch weiß auch er um die Trümpfe der Messe-Gegner: „Das Schul-Argument zieht eben einfach immer.“

Gelder sinnvoll einsetzen

Genau hier liegen die Ängste derer, die beim Bürgerentscheid mit „Ja“ stimmen werden: 123 Millionen für einen Messeumbau? Wie kann angesichts einer solchen Investition, gerade in Zeiten einer Haushaltssperre, überhaupt noch etwas für die Schulen, Kindergärten und Sportanlagen in der Umgebung verbleiben? Klar kochen die Emotionen hoch, wenn es um die alltäglichen Bedürfnisse der eigenen Familie und die Baustellen vor der eigenen Haustüre geht. „Die Stadt ist ohnehin klamm und sollte ihr Geld sinnvoll einsetzen“, fordert Ulrich Buddeberg von Bündnis 90/Die Grünen.
„Das sind doch nichts als Unwahrheiten“, argumentiert Heiko Henn vom Essener Bürger Bündnis (EBB). Zwar freue er sich über das große Interesse am Thema und die Diskussionsbereitschaft, doch seien viele Bürger über die Finanzierung des Projektes, die über einen Kredit abgewickelt werden soll, gar nicht richtig aufgeklärt. „Auch die Sorgen, dass die Summe am Ende die 123 Millionen noch übersteigt, ist unbegründet, schließlich handelt es sich dabei um eine Obergrenze per Ratsbeschluss.“ Unterstützung findet er nicht nur bei Bezirksbürgermeister Helmut Kehlbreier, bei SPD, CDU und FDP, sondern ebenso bei prominenten Persönlichkeiten aus dem Borbecker Raum. So wirbt Dr. Michael Welling (RWE) sogar auf Plakaten der Pro Messe Essen für „Kontrollierte Offensive. Sonst steht Essen bald im Abseits“. Eine klare Ansage für ein „Nein“. Auch Rainer Seck, Vorsitzender beim Turnerbund Frintrop, rät öffentlich über das Internet, sich von den „polemisierenden Aussagen der Messegegner nicht ins Bockshorn jagen“ zu lassen. Zum Wohle seiner Heimatstadt sei seine Wahl am Sonntag eindeutig: „Nein!“.

Großprojekte auf dem Prüfstand

Von oberflächlichen Schlagworten ist Alex Becker weit entfernt. Und dennoch übt sie an den Umbauvorhaben Kritik. Die Borbeckerin gehört keiner Partei an, war dennoch als Aktivitstin in Sachen Bürgerentscheid von Beginn an mit dabei. „Einfach weil ich denke, dass derartige Großprojekte auf den Prüfstand gehören.“ Es könne nicht sein, dass in anderen Bereichen um jeden Cent gekämpft werden müsse, bei solchen Investitionen das Geld aber nahezu selbstverständlich fließe.
„Sicherlich wird von der anderen Seite immer wieder behauptet, dass es in Kultur und Sport keine Einschnitte geben wird, einfach weil die Gelder aus verschiedenen Töpfen stammen. Doch ich glaube das nicht. Der Schuldenstand der Stadt Essen wächst und damit muss zwangsläufig an anderer Stelle reduziert werden. Wir werden das in den Stadtteilen spüren.“
Erstmalig hat sich Alex Becker für einen Bürgerentscheid engagiert. Ihr Einsatz hat ganz unterschiedliche Reaktionen ausgelöst. „Das ging hin bis zu Beschimpfungen“, erinnert sich die Borbeckerin. Die Aktivisten seien von Neid und Missgunst getrieben, inkompetent und absolute Laien, musste sie sich anhören. „Als ich in meinem Sportverein Unterschriften für unsere Sache gesammelt habe, wurde das als moralisch verwerflich bezeichnet.“
Überzeugt, dass Sie sich für die richtige Seite stark gemacht hat, ist sie trotzdem. „Ich denke, dass Befürworter und Gegner beide Gutes für die Stadt wollen, doch die Wege sind verschieden. Ich bin nicht gegen die Messe, gegen Arbeitsplätze undwirtschaftlichen Erfolg. Doch die Pläne müssen anders aussehen.“ Egal, wie das Ergebnis des Bürgerentscheids ausfallen wird, Alex Becker ist zuversichtlich, dass es keine Verlierer geben wird. „Es wird sich etwas verändern. Derartige Entscheidungen werden zukünftig transparenter für Bürger und Steuerzahler offengelegt müssen.“

Von Christa Herlinger und Sara Holz

Einen Kommentar von Stadtspiegel Essen-Redakteur Frank Blum finden Sie HIER.

INFOS:
Zum Bürgerentscheid am morgigen Sonntag, 19. Januar, informiert das Wahlamt nochmals in Kürze:

Circa 458.000 Abstimmungsberechtigte sind aufgefordert, über folgende Fragestellung abzustimmen: „Sind Sie dafür, dass der Beschluss des Rates der Stadt Essen vom 17. Juli 2013 über den Neubau der Messe für 123 Millionen Euro aufgehoben wird und die Messe-Aufsichtsratsmitglieder verpflichtet werden, die Neubauplanung abzulehnen?“. Diese Frage ist mit „Ja"zu beantworten, sofern man sich den Messe-Gegnern anschließen möchte, oder aber mit „Nein", wenn man den Umbau befürwortet.
Abstimmungsberechtigt ist, wer am Tag des Bürgerentscheids die deutsche Staatsangehörigkeit oder die eines EU-Mitgliedsstaates besitzt und mindestens 16 Jahre alt ist, seit mindestens 16 Tagen im Stadtgebiet seinen Hauptwohnsitz hat oder sich sonst gewöhnlich aufhält und nicht vom Recht zur Teilnahme an einer Kommunalwahl ausgeschlossen ist.
Die Benachrichtigungskarten wurden zusammen mit einer Informationsbeilage verschickt, die Stellungnahmen der Initiatoren des Bürgerbegehrens, der im Rat der Stadt vertretenen Fraktionen und des Oberbürgermeisters beinhaltet.
Der jeweilige Abstimmbezirk und das Wahllokal sind auf den Abstimmungsbenachrichtigungskarten vermerkt. Die Stimmabgabe kann am Sonntag in der Zeit von 8 bis 18 Uhr erfolgen.
Infos zum Bürgerentscheid erteilt das Wahlamt unter der Rufnummer 88-12345. Zusätzliche Informationen finden sich zudem im Internet auf www.essen.de/­buergerentscheid.

Autor:

Lokalkompass Borbeck aus Essen-Borbeck

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