Beim Kauf der Wohnungen war keine Rede von anstehender Verdichtung
Eigentümer in Gerschede sind mächtig sauer über Bebauungspläne
Familie K. fühlt sich pudelwohl am Woltersberg in Gerschede. Damit unterscheidet sie sich nicht von ihren Nachbarn. Auch Peter D. und die Eheleute K. (Namen der Redaktion bekannt) haben sich den Traum von den eigenen vier Wänden erfüllt, Eigentum in der in den 1960er Jahren erbauten ehemaligen Kruppsiedlung erworben. Die schicken Eigentumswohnungen und die grüne Wohnlage haben die jungen Leute überzeugt. Große Teile der Siedlung, vor allem die im Obergeschoss der Mehrfamilienhäuser entstandenen Penthouse-Wohnungen, sind inzwischen verkauft.
Von Christa Herlinger
Doch perfekt ist nichts, auch nicht im Paradies. In der Gerscheder Siedlung, die von der Deutschen Invest Immobilien GmbH (DII) mit Sitz in Wiesbaden vor Jahren erworben und seitdem vermarktet wird, sind es die fehlenden Parkplätze.
Parkplatzsituation ist inakzeptabel
„Die Parkplatzsituation in unserer Straße ist inakzeptabel. Hat man einen Stellplatz ergattert, überlegt man es sich dreimal, ob man sein Auto abends noch einmal bewegt. Denn das würde mit Sicherheit einen längeren Fußweg bedeuten“, erzählt einer der Familienväter. Aus diesem Grunde ist die Gerscheder Hausgemeinschaft kreativ geworden. „Wir haben bei der DII angefragt, wollten das Grundstück neben unserem Haus kaufen und dort auf eigene Kosten Stellplätze errichten.“ Durch ihre Initiative haben die Eigentümer von Plänen der Gesellschaft erfahren. Und die sind es, die sie auf die Barrikaden gehen lassen.
Bauvoranfrage ist längst gestellt
Das angefragte Grundstück möchte die DII nämlich anderweitig nutzen.
Das Unternehmen hat eine entsprechende Bauvoranfrage bei der Stadt Essen gestellt. Auch die Stadtwerke Essen haben eine solche bekommen. "Die stammt aus dem Jahr 2017", so Roy Dafinger, Mitarbeiter der Unternehmenskommunikation und dort für den Bereich Entwässung zuständig. Entscheidungsbefugnis haben die Stadtwerke am Woltersberg nicht. Denn bei der geplanten Verdichtung werde die für Essen geltende Bagatellgrenze von 20 geplanten Wohneinheiten und einer versiegelten Fläche von bis zu 250 Kubikmetern überschritten. "Somit ist das Ganze Sache der Stadt", so Dafinger weiter.
Entflechtung Pausmühlenbach
Bauen müssen die Stadtwerke aber vielleicht doch. Dafinger konnte Kanalbauarbeiten im Zuge des Projekts "Entflechtung Pausmühlenbach" im Bereich der Siedlung nicht ausschließen. "Wir werden die Bürger aber zeitnah auf einer Infoveranstaltung über die anstehenden Schritte in Dellwig und Gerschede in Kenntnis setzen."
Bis zu 120 neue Wohnungen
Die Eheleute K. haben ihre Wohnung erst vor wenigen Monaten bezogen. Und auch sie haben sich inzwischen näher mit den Plänen der DII beschäftigt. Gleich mehrere Mehrfamilienhäuser will das Wiesbadener Unternehmen in der Gerscheder Siedlung errichten, ein 18-Parteien-Haus direkt neben dem Gebäude, in dem die Eheleute gekauft haben. „Das Grün direkt vor unserer Tür, der schöne Blick von unserer Dachterrasse aus, all das wäre dann vorbei.“
Insgesamt, so die Befürchtungen der Eigentümer, können es bis zu 120 Eigentumswohnungen werden, die im Zuge der Nachverdichtung gebaut werden sollen. Schon jetzt sehen sie Zeichen dafür, dass die DII schnellstmöglich ernst machen will.
Kritik an Pflege der Grünflächen
Der Spielplatz sei kaum mehr nutzbar, niemand kümmere sich um Rückschnitt und die Pflege des Grüns zwischen den Häusern. „Gemäht wird da schon lange nicht mehr“, so Peter D..
Aber vor allem die Parkplatzsituation brennt auf den Nägeln. „Wir durften die Pläne bei der Stadt einsehen. Die vorgeschriebenen Parkplätze für die Neubauten liegen weit von den Häusern entfernt, fußläufig nicht gerade komfortabel erreichbar, wenn man Einkäufe dabei hat.“ Und der eine vorgeschriebene Stellplatz pro neuer Wohneinheit reicht ihrer Meinung nach nicht aus: "Die allermeisten Familien und Paare haben in der heutigen Zeit zwei Autos." Der entstehende Parkdruck, so die Anwohner, werde vermutlich sogar die Parksituation in Rüttenscheid in den Schatten stellen.
Verkehrschaos vorprogrammiert
Die kleinen und engen Straßen ihres Wohnumfeldes seien für so viele zusätzliche Menschen und Fahrzeuge nicht ausgelegt. "Das führt zum Verkehrschaos."
Ab dem späten Nachmittag bzw. in den Abendstunden wird es schon jetzt mächtig eng. Sogar Zuwegungen oder Zugänge zu Müllplätzen werden "beparkt". Das Ordnungsamt, so die Eigentümer, verdiene sich mit Knöllchen eine goldene Nase.
Die Familien haben sich mit einem Brief an Oberbürgermeister Thomas Kufen gewandt und hoffen auch auf Unterstützung aus der Ortspolitik. Und sie sind entschlossen, wenn nötig einen Schritt weiter zu gehen. „Dann müssen wir klagen.“
Die DII war übrigens zu keiner Stellungnahme bereit. Die Marketing-Referentin des Unternehmens hat der Redaktion zunächst Rede und Antwort gestanden, ihre Antworten kurz vor Veröffentlichung aber zurückgezogen.
Autor:Christa Herlinger aus Essen-Borbeck |
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