Eine Rezension von Alexander Weilkes
„Ein Mensch sollte kein Hund sein!“ Premiere von Mrożeks Emigranten im Theater EssenSüd

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Eine Rezension zu Emigranten von Sławomir Mrożek von Alexander Weilkes.
Der Titel dieses Stückes weckt vielleicht gewisse Assoziationen, die man mit einer aktuellen,mitunter anstrengenden Debatte in Verbindung bringt. Doch diese hatte der nach Frankreich ausgewanderte polnische Autor, Sławomir Mrożek (1913-2013), nicht vor Augen, als er das 1974 uraufgeführte Stück schrieb. Im Theater Essen-Süd, das mittlerweile in die Germaniastraße 172 in den Stadtteil Borbeck umgezogen ist, hatte dieses komische und absurde Zweipersonenstück am 22.03 Premiere.
Über die Rollenbesetzung der beiden namenlosen Emigranten, ein Intellektueller, Schriftsteller mit Schreibblockade (zur Premiere:Raphael Batzik) und dem zunächst tumb wirkenden und wenig fantasievollen Arbeiter (zur Premiere: Moritz Mittelberg-Kind), entscheidet das Publikum vor Beginn der Aufführung via Münzwurf. Der Ort des Geschehens wirkt trostlos, befinden sich die beiden Protagonisten doch in einer Kellerwohnung. Also nicht nur metaphorisch und getreu nach Mrożeks Vorlage, denn die Bühne des Theaters befindet sich tatsächlich im Souterrain eines Wohnhauses. Die Requisiten sind reduziert auf das Wesentliche, im Mittelpunkt stehen die Konflikte der beiden Landsleute, die sich mit einer absurden Komik offenbaren. Was sie verbindet ist ihre Heimat, was sie trennt ein Universum. Der eine sinnsuchend, analytisch und mit feinsten Antennen für seine Umwelt ausgestattet, erbarmungslos auf der Suche nach der Wahrheit, der andere flüchtend in seine Tagträume, jedem Hintersinn unverständlich gegenüber und getrieben von der Gier nach mehr. Mehr Geld, mehr Träume, mehr Gleichheit, mehr Akzeptanz. Sie sind gegensätzlich, reiben sich, entlarven die Ängste und Motive des anderen, doch moralisch gibt es keinen Gewinner. Die zunächst scheinbar überlegenen intellektuellen Fähigkeiten des Schriftstellers entpuppen sich als Ignoranz, die es ihm unmöglich machen, sich selbst als
Gegenstand der analytischen Betrachtung zu machen. Sein intellektuell unterlegener Gegenspieler überrascht ihn und das Publikum, indem er ihm schonungslos aber nicht unbarmherzig den Spiegel vorhält.
Überhaupt ist das Verhältnis der beiden Protagonisten zwar von Kampf geprägt, aber auch von einer Freundschaft und Mitleid. Ein Gefühlseindruck, der auch beim Publikum ankommt. Man wird nachdenklich und gleichzeitig schaffen es die beiden Schauspieler durch ihr Spiel und das richtige Maß an Charakterzeichnung, eine Komik zu entfalten, die mindestens zum Schmunzeln, vielmehr noch zum Lachen einlädt. Emigranten ist ein scharfsinniges, philosophisches Stück über Heimat, Identität, Lebensentwürfe und Freundschaft, über uns und die anderen und somit ein Geflecht von stets und wieder aktuellen Themen, das Batzik und Mittelberg-Kind gekonnt und zugleich lässig auf die Bühne bringen.
Im aktuellen Spielplan ist das Stück zu sehen am 26. Und 27. April sowie am 18. Mai, jeweils um 19:30 Uhr.
10€/14€
karten@theater-essen-sued.de
01774548457
Ticketshop:
https://www.eventim-light.com/de/a/57a8adaae4b0e3f13f65b53d/s/5c346debdb1ff600013dcea2
Aufführungsrechte: Diogenes Verlag
Eine Rezension von Alexander Weilkes.
Autor:Theater Essen-Süd aus Essen-Borbeck |
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