Ennepetal – Mitbürger und Mitbürgerinnen … - Gedanken.
Seitdem es feststeht, dass hundert Roma auf Ennepetaler Gebiet einquartiert wurden, kocht die Stimmung bei vielen Leuten in den Sozialen Medien über. In den Facebook-Gruppen und auf anderen lokalen Foren wechseln sich Ängste wie auch mehr oder minder radikale Ansichten mit beruhigenden und leisen Tönen ab. Jahrhunderte alte (Vor)Urteile über das „fahrende Volk“ kommen ebenso auf den Tisch wie das Plädieren für Menschlichkeit.
Vielleicht war es wirklich nicht besonders klug, in der Vorbereitungszeit den Ennepetaler Bürgern gar nichts davon zu erzählen, dass wir neue Nachbarn bekommen, aber das Kind liegt nun schon mal im Brunnen und wir sollten langsam wieder ruhiger und überlegter werden.
Was wäre, wenn ...
Wie würde eigentlich jeder Einzelne von uns handeln, wenn er/sie in einem Land leben müsste, in dem der Großteil der Einwohner nicht nur unter einem unvorstellbar niedrigem Existenzminimum lebt, sondern so viele Menschen noch auf Müllhalden, in halb zerstörten Baracken sowie in Ghettos dahin vegetieren, die es in Deutschland nur während des letzten Weltkriegs und einige Jahre danach noch gab?
Angenommen, es wäre so – und ICH wäre eine Roma. Wenn man vielen Kommentaren auf Facebook & Co. folgt, dann sollte ich mich gefälligst damit abfinden, dass – während meine Kinder Hunger leiden und in zerfetzter Kleidung im Schlamm spielen – nur ein paar hundert Kilometer weg von mir ein für mich unvorstellbarer Reichtum unter den Menschen herrscht, selbst die armen Menschen in diesem Land Unterstützung erhalten in einer Höhe, von der ich in meinem Land nur träumen kann … - wer von uns würde dies als „gottgegeben“ hinnehmen und akzeptieren? – Würden wir nicht im Gegensatz dazu versuchen in dieses gelobte Land zu kommen – egal auf welche Weise und unter welchen Umständen auch immer? – Würden wir unseren Kindern nicht den Reichtum dieses neuen Landes ermöglichen wollen, damit der Weg in die Zukunft ein wenig rosiger wird? – Ist meine Familie weniger wert als andere? … - Nun, ICH würde in dieses gelobte Land ziehen – und meinem armen Heimatland den Rücken kehren. Für immer.
Nun, ich bin tatsächlich auf der sonnigen Seite geboren, auch wenn meine Eltern nie viel Geld hatten. Nein, kein Eigentum, keine große Erbschaft, keine Reichtümer. Und dennoch stand uns Kindern die Zukunft offen. Auch als „Arbeiterkind“ durften mein Bruder und ich Klavier und jegliche Instrumente spielen lernen, die wir wollten. Lesen, experimentieren, lernen … - ich durfte sogar aufs Gymnasium gehen, obwohl Kinder dieser „Schicht“ dort nicht gerne gesehen waren. Durchboxen, stark sein, stark bleiben und an der Ablehnung wachsen.
Vielleicht ist es ein Fehler von mir, vor „Leuten anderer Schicht“ keine Angst zu haben. Vielleicht ist es ein Fehler von mir, Jeden zu grüßen, den ich häufiger treffe … - egal wer es ist, welchen Beruf er ausübt oder nicht ausübt, egal ob es ein Jugendlicher oder ein alter, verbitterter Greis ist, egal ob er Deutscher, Italiener, Albaner oder jemand aus „Timbuktu“ ist. Vielleicht ist es ein Fehler von mir, den Menschen in ihre Augen zu sehen anstatt auf die Kleidung. Und vielleicht ist es ein Fehler von mir, dass sich mein Verhalten allen Menschen gegenüber nie ändert und ändern wird, egal von welcher Geburt, welchen Standes und welcher Art diese auch sein werden.
Aber eines weiß ich ...
Menschen sind auf der ganzen Erde gleich. Sie lachen, sie weinen, sie sind traurig, sie sind fröhlich, sie spielen, sie streiten, sie kämpfen, sie töten, sie helfen, sie lieben, sie leben. Ob sie Lumpen oder Seide am Körper haben, ist vollkommen egal. Sie sind Menschen … - bitte vergessen Sie das nicht.
Autor:Monika Schwarz aus Ennepetal |
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