Drei Stunden pro Woche für andere - Karla Fehlert empfindet das nicht als Opfer
Morgen endet die bundesweite „Woche des Ehrenamtes“. Bürgerschaftliches Engagement, das Abhilfe schafft in Zeiten knapper öffentlicher Kassen, ist auch unabdingbare Voraussetzung für mehr menschliches Miteinander in unserer Gesellschaft.
Karla Fehlert ist so eine Ehrenamtliche. Die 39-Jährige arbeitet fest angestellt im Schwelmer Büro des Demenz-Infozentrums bei der Freien Alten- und Nachbarschaftshilfe (FAN). Darüber hinaus ist die Mutter von drei Kindern zwischen zehn und 19 Jahren ehrenamtlich tätig im Besuchsdienst „Alt und Jung“ der FAN: Einmal pro Woche kümmert sie sich etwa drei Stunden lang um einen Mann mit psychischer Erkrankung.
Seit der Besuchsdienst im Jahr 2004 ins Leben gerufen wurde, ist ihr dritter Schützling: Zuerst war es ein älterer Herr, den sie daheim besuchte und auch schon mal mit zu sich nach Hause nahm. Dann eine ältere Dame, die sie erst daheim und dann im Seniorenheim besuchte. „Wenn sie mobil sind, kann man mit den Leuten auch mal spazieren fahren“, sagt sie, „ich mache Spiele wie ,Mensch ärgere dich nicht’, lese aus der Zeitung vor, man kann Fotos angucken und dabei Kaffee trinken - oder ich lass’ sie einfach erzählen von früher!“
Warum ausgerechnet Karla Fehlert das macht, wo sie doch als dreifache berufstätige Mutter eigentlich schon genug um die Füße hat? „Weil’s mir gut geht“, ist die überraschende Antwort, die wie aus der Pistole geschossen kommt. „Ich habe alles, was ich brauche. Ich habe eine Familie, ich habe gesunde Kinder - und außerdem: Wenn meine Klienten sich freuen, dann freue ich mich auch!“
Früher, so erzählt die 39-Jährige, war es ihr wichtig, alle vier Wochen die Fenster zu putzen. Heute wird geputzt, wenn sie dreckig sind. „Es gibt wichtigere Sachen im Leben“, sagt Karla Fehlert, „lieber kümmere ich mich um jemanden, der mich braucht. Aber es darf natürlich keiner auf der Strecke bleiben - wenn ich merke, dass meine eigenen Kinder zu kurz kommen, ist das auch nicht gut.“
Der Besuchsdienst bringt etwas Abwechslung in den oft tristen Alltag vieler Älterer, die nicht selten sehr einsam sind und sich auf die Besuche freuen. Oder Entlastung für die Angehörigen Demenzkranker, die ja 24 Stunden lang rund um die Uhr „Dienst“ haben und dann mal wieder zum Friseur gehen, mit Freunden einen Kaffee trinken gehen „oder einfach mal drei Stunden am Stück schlafen können“, sagt Karla Fehlert, „Demenzkranke machen schließlich nicht selten die Nacht zum Tag!“
Ins kalte Wasser springen muss niemand, der ein solches Ehrenamt aufnimmt. „Jeder wird von der FAN geschult“, erklärt Karla Fehlert. „Wenn es nicht stimmt zwischen Klient und Betreuung, wird natürlich getauscht. Interessierte brauchen nichts mitzubringen außer der Bereitschaft, von ihrer Freizeit etwas abzugeben.“
Die Gruppe trifft jeden 1. Dienstag im Monat von 15 bis 17 Uhr in der August-Bendler-Straße 35 in Schwelm. Wer mag, kann einfach dazukommen oder meldet sich im Büro der FAN. Auch wer den Besuchsdienst braucht, findet dort eine Anlaufstelle unter Tel. 02336/879408.
Autor:Carmen Möller-Sendler aus Ennepetal |
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