Eine starke Frau: Nicole Henning lässt beim Bankdrücken manchen Mann alt aussehen
Beim Bankdrücken stemmt Nicole Henning 92,5 Kilogramm. Bis dahin war es ein weiter Weg mit reichlich Schweiß und Tränen. Wie die Schwelmerin zum Kraftsport kam und wie es ihr als Frau in dieser Männerdomäne geht, darüber sprach sie mit der wap.
Ihr Kreuz und Ihre Oberarme sind beachtlich. Welche Reaktionen bekommen Sie wegen Ihres Aussehens?
Die Reaktionen sind sehr gemischt. Viele reagieren negativ, sagen, dass ich nicht weiblich aussehe. Aber früher musste ich mir anhören, ich sei dick. Von daher bin ich Lästereien gewöhnt.
Waren Sie denn tatsächlich dick?
Ja! Ich hatte einen Körperfettanteil von 48 Prozent, als ich 2010 mit dem Training begann. Bevor ich vor neun Monaten aus gesundheitlichen Gründen kürzer treten musste, lag mein Körperfettanteil bei 13 Prozent. Das war mir allerdings ein bisschen zu wenig, da war wirklich nichts Weibliches mehr an mir.
Wie kamen Sie denn ausgerechnet zum Kraftsport?
Durch meinen Partner, Andreas Stein. Er macht das seit Jahrzehnten, ist unglaublich muskulös. So wollte ich auch aussehen.
Wie haben Sie mit dem Training begonnen?
Zunächst alleine mit Andreas im Keller. Ich schämte mich wegen meines Aussehens, ins Fitnessstudio zu gehen. Am Anfang habe ich nur die Stange genutzt, ohne Gewichte. Die wiegt etwa 20 Kilo.
Wie ging es weiter?
Zu Beginn machte ich schnell Fortschritte. Bei drei Trainingseinheiten pro Woche, die sehr intensiv und brutal waren, konnte ich fast wöchentlich die Gewichte um ein bis eineinhalb Kilo erhöhen. Ein Jahr später hat Andi mich beim Rheinland-Cup in Leverkusen angemeldet. Ich war so aufgeregt, konnte Tage vorher nichts essen. Aber dann lief es gut, ich wurde Zweite hinter der Deutschen Meisterin. Auch wenn ich dazu sagen muss, dass wir nur zwei Teilnehmerinnen waren (lacht).
Wie sieht ein Wettkampf im Kraft-Dreikampf überhaupt aus?
Man macht Kniebeugen, die Stange dabei hinter dem Kopf. Dann folgt Bankdrücken, dabei liegt man auf der Bank und stemmt die Stange in Brusthöhe nach oben. Die dritte Disziplin ist das Kreuzheben. Der Name kommt daher, dass man die Hände über Kreuz hat, wenn man das Gewicht aus dem Stand hebt.
Was sind Ihre persönlichen Bestleistungen?
Beim Kniebeugen 150 Kilo, beim Bankdrücken 92,5 Kilo und beim Kreuzheben 145 Kilo. Allerdings ist diese Sportart sehr undankbar. Eine Verletzung kann einen schon mal um ein halbes Jahr zurückwerfen.
Wie stehen Sie mit diesen Leistungen im deutschlandweiten Vergleich?
Schwierig zu sagen. Es gibt nur wenige Wettkämpfe für Frauen in der näheren Umgebung und nur wenige Frauen, die Kraftdreikampf betreiben. Deshalb habe ich 2013 meinen letzten Wettkampf bestritten. Um mich trotzdem sportlich messen zu können, habe ich die Highland Games für mich entdeckt. Da werden Baumstämme geschmissen, Gewichte gehoben und vieles mehr.
Inwiefern haben Sie Ihren Lebenswandel geändert? Halten Sie zum Beispiel strenge Diät?
Auf keinen Fall! Ich achte zwar auf meine Ernährung, sehe zum Beispiel zu, dass ich circa 30 Prozent mehr Eiweiß zu mir nehme als normal. Aber auf Schokolade kann und will ich nicht verzichten! Und wenn ich Lust auf einen Döner habe, esse ich den einfach. Von Diäten habe ich die Nase voll, ich habe so ziemlich jede ausprobiert - ohne Erfolg. Außerdem halte ich mich streng an den Trainingsplan. Der hat oberste Priorität. Ich trinke fast keinen Alkohol mehr und achte darauf, genügend zu schlafen.
Was ist eigentlich der Unterschied zwischen Kraftdreikampf und Bodybuilding?
Vor allem im Wettkampf ist der Kraftdreikampf messbarer und damit fairer. Bei Bodybuildern geht es im Wettkampf nur ums Posen, da entscheidet eine Jury, wer gewinnt. Im Kraftdreikampf entscheidet die Leistung, nämlich das Gewicht, das Du stemmst, über Erfolg oder Misserfolg. Zudem senken Bodybuilderinnen ihren Körperfettanteil auf vier, fünf Prozent. Das wäre mir definitiv zu wenig.
Was sagt Ihre Familie zu Ihrer Leidenschaft?
Mein Partner steht natürlich voll hinter mir. Er ist auch mein Trainer. Meine Kinder sind neutral, mein ältester Sohn (23 Jahre, Anmerkung der Redaktion) hat inzwischen auch mit dem Training angefangen. Der Rest der Familie steht nicht wirklich hinter mir, was ich schade finde. Schöner wäre es, wenn sie sich mit mir freuen könnten, wenn ich neue persönliche Rekorde aufstelle.
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