Durch nachhaltige Ernährung das Klima retten?
Quelle: Deutsche Gesellschaft für Ernährung e. V.
Der Begriff Nachhaltigkeit ist in aller Munde. 67 % der Bevölkerung haben ihn schon einmal gehört. Aber eine ungefähre inhaltliche Definition können nur 55 % geben. Zur Entwicklung von Nachhaltigkeit und der Bedeutung von Nachhaltigkeit in der Ernährungsforschung beschäftigte sich die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) e. V. im Rahmen ihrer Arbeitstagung. In der Ernährungswissenschaft wurden lange Zeit fast ausschließlich gesundheitliche Aspekte der Ernährung betrachtet. Eine nachhaltige Ernährungsweise ist aber mehr als nur gesundheitsförderlich. Damit sich alle Menschen weltweit bedarfsgerecht ernähren und in einer intakten Umwelt leben können, muss sie auch ökologisch, sozial und ökonomisch verträglich sein.
Durch eine konsequente Umsetzung der Empfehlungen der DGE – vor allem weniger Fleisch und Wurstwaren (maximal 300 – 600 g/Woche) sowie reichlich Vollkornprodukte, Gemüse und Obst (5 am Tag) zu verzehren – können wir zu einem Ernährungsstil im Sinne des Nachhaltigkeitsgedankens beitragen, resümierte DGE-Präsident Prof. Dr. Helmut Heseker.
Um Lebensmittel zu erzeugen, muss viel Arbeit und Energie aufgewendet werden. Der hohe Ressourcenverbrauch für die menschliche Ernährung belastet die Umwelt und das Klima. Die Produktion tierischer Lebensmittel hat mit 18 % der globalen Treibhausgase ein sehr viel höheres Treibhauspotenzial als die pflanzlicher Lebensmittel. Auch innerhalb einer Lebensmittelgruppe gibt es unterschiedliche Wirkungen auf das Klima. Beispielsweise verursacht die Produktion von 1 kg Rindfleisch rund 13 300 g Treibhausgase gemessen in CO2-Äquivalenten, während es für 1 kg Geflügel- oder Schweinefleisch nur 3 500 bzw. 3 250 g CO2-Äquivalen-te sind. Bei Äpfeln entstehen je nach Jahreszeit und Betriebsgröße durch Anbau, Ernte, Transport, Lagerung und Distribution etwa 40 – 200 g CO2 pro 1 kg. Schiffstransporte von Äpfeln verursachen ähnlich viel oder wenig Treibhausgase wie die Lagerung der im vergangenen Jahr geernteten regionalen Ware in den Kühlhäusern, so dass Verbraucher regionales und saisonales Gemüse und Obst bevorzugen sollten. Zudem fallen Einkaufswege der Verbraucher ins Gewicht: Wer 5 km mit dem Auto fährt, um 10 kg Äpfel zu kaufen, verursacht zusätzlich 1 600 g CO2, also 160 g CO2 je 1 kg Äpfel.
Hintergrundinformation
Trotz einer global ausreichenden Lebensmittelproduktion hungern über 900 Millionen Menschen auf der Erde. Gleichzeitig sind über 1 Milliarde Menschen übergewichtig. Krasser können die Gegensätze kaum sein. Die Weltbevölkerung wächst weiter – von derzeit 7 Milliarden auf schätzungsweise 9,1 Milliarden Menschen bis 2050 – und damit die Konkurrenz um immer knapper werdende Ressourcen wie landwirtschaftliche Flächen, (Trink-)Wasser und Energie. Die landwirtschaftliche Fläche ist eine der wichtigsten Ressourcen für die Lebensmittelerzeugung. Die Erzeugung tierischer Lebensmittel, z. B. die Viehhaltung, beansprucht weltweit mit etwa 80 % besonders viel landwirtschaftliche Nutzfläche. Dagegen decken tierische Lebensmittel mit 17 % nur einen geringen Teil der weltweiten Lebensmittelversorgung ab. Zudem vermindert sich weltweit durch nicht nachhaltige Nutzung landwirtschaftlicher Flächen die Bodenqualität und damit die Produktivität – Erosionen, Verschlechterung der Bodeneigenschaften, fortschreitende Wüstenbildung, Versalzung sind die Folge und machen wertvolles Acker- und Weideland zunichte.
Pflanzliche Lebensmittel wie Gemüse, Obst und Getreide können mit relativ geringem Energieaufwand produziert werden. Eine ovo-lakto-vegetarische Variante der Vollwerternährung ist mit einer 52 % geringeren Emission an Treibhausgasen verbunden als eine in Deutschland übliche Ernährung. Mit der nicht-vegetarischen Variante können 37 % der klimawirksamen Emissionen eingespart werden.
Eine Ernährung nach den Empfehlungen der DGE(10 Regeln der DGE sowie die grafischen, lebensmittelbasierten Darstellungen im Ernährungskreis und der Dreidimensionalen Lebensmittelpyramide) kann durchaus einen wertvollen Beitrag dazu leisten, das Klima weniger zu belasten und Ressourcen zu schonen. Die DGE-Empfehlungen beinhalten bereits Nachhaltigkeitsaspekte, insbesondere die ökologischen:
Reichlicher Verzehr pflanzlicher Lebensmittel. Rund ¾ der insgesamt verzehrten Lebensmittel sollten pflanzlich sein. Eine hohe Zufuhr von Ballaststoffen insgesamt und vor allem aus Vollkornprodukten als ballaststoffreiche, weniger verarbeitete Lebensmittel senkt das Risiko für ernährungsmitbedingte Krankheiten wie Herz-Kreislauf-Krankheiten, Bluthochdruck und einige Krebskrankheiten. Auch ein hoher Verzehr von Gemüse und Obst – wichtigen Lieferanten von Vitaminen, Mineralstoffen, sekundäre Pflanzenstoffe und Ballaststoffen – kann zur Prävention chronischer ernährungsmitbedingter Krankheiten beitragen.
Saisonale und regional erzeugte Lebensmittel bevorzugen. Unverarbeitetes Gemüse und Obst kann mit relativ geringem Energieaufwand produziert werden.
Weniger Fleisch und Wurstwaren (maximal 300 – 600 g/Woche) und 1- bis 2-mal pro Woche Fisch. Im Durchschnitt ist der Energieverbrauch für die Erzeugung tierischer Produkte 2,5- bis 5-mal höher als für pflanzliche Lebensmittel. Ein hoher Verzehr von Fleisch, vor allem an rotem Fleisch und Wurstwaren, erhöht das Risiko für Dickdarmkrebs, Diabetes mellitus Typ 2 sowie koronare Herzkrankheiten. Seefisch trägt wesentlich zur Bedarfsdeckung mit Jod und n-3 Fettsäuren bei. Der Verzehr von Fisch aus nachhaltiger Erzeugung bzw. nicht bedrohten Beständen wird empfohlen. Informationen dazu bieten die Fischeinkaufsführer von Greenpeace oder WWF.
Reichlich Flüssigkeit, rund 1,5 l pro Tag. Trinkwasser kann als echtes regionales Produkt durchgängig empfohlen werden. Die leitungsgebundene Versorgung aus regionaler Gewinnung ist für jeden deutschen Haushalt selbstverständlich. Im weltweiten Vergleich gesehen ist dies ein unschätzbares Gut.
Schmackhaft und schonend zubereiten. Wer seine Speisen schonend ohne lange Gar- und Warmhaltezeiten zubereitet und verzehrt, schont Vitamine, Mineralstoffe und sekundäre Pflanzenstoffe. Gleichzeitig kann durch schonende Zubereitungsmethoden (z. B. Dünsten, Dämpfen), geringe Zubereitungsdauer und -aufwand oder die Nutzung von Restwärme bei Elektroherden Energie und Wasser gespart werden.
Autor:Sven Hustadt aus Ennepetal |
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