Selbst fegen und Schnee räumen - und trotzdem Straßenreinigungsgebühren an die Stadt bezahlen?

Beileibe kein Schnee von gestern ist für die Ennepetaler Eheleute Weingart das, was die Stadt Ennepetal von ihnen verlangt: Sie sollen für die Straßenreinigung vor ihrer Haustür 63,74 Euro im Jahr zahlen, obwohl bei ihnen an der Büttenberger Straße 150 überhaupt nicht geräumt wird. „Eine Unverschämtheit“, wie der Rentner findet: „Seit dem Einzug in unser Eigenheim halten wir nicht nur den Gehweg frei, sondern auch die gesamte Fahrbahn für den Fahrzeugverkehr - schon um unsere Autos vor dem Haus be- und entladen und unsere Wohnungen erreichen zu können. Für eine nicht erbrachte Leistung habe ich noch nie Lohn erhalten!“

Die Weingarts leben nämlich in einer von mehreren Dutzend Straßen Ennepetals, in denen seit jeher nicht die Stadt, sondern die Anwohner selbst für die Straßenreinigung und das Schneeräumen zuständig sind: Diese Aufgaben wurden ihnen von der Stadt übertragen, dafür mussten sie bislang auch keine Straßenreinigungsgebühren zahlen - eigentlich eine faire Sache.

Doch jetzt wurde die alte Straßenreinigungssatzung abgeschafft und der Posten Straßenreinigung der Grundsteuer B zugeschlagen, die zudem zum 1. Januar 2012 erhöht wurde (der Hebensatz beträgt nun 441 statt 381 Prozent in 2011, 28 Prozent entfallen auf die Straßenreinigung, 32 Prozent sind eine allgemeine Erhöhung).

Da steht er nun neben Grundsteuer, Abfallbeseitigung und Entwässerung und ist von allen zu zahlen - auch jenen, die im Winter selbst bergeweise Schnee von der Fahrbahn schaufeln, damit ihre Straße befahrbar ist. Oder die wie die Weingarts nicht mehr so gut zu Fuß oder gar schwerbehindert sind, die jemanden dafür engagiert haben und damit nun sogar doppelt Geld hinlegen müssen.

„Das mag auf den ersten Blick ungerecht aussehen“, räumt Martin Küpper von der Stadt Ennepetal ein, „ist aber im Rahmen der Solidargemeinschaft zu verstehen: Jeder benutzt ja alle Straßen, und auch die Anlieger, die selbst räumen müssen, fahren auf Straßen, für die jemand anderer die Reinigung bezahlt hat. Die Alternative wäre gewesen, dass wir mit viel Aufwand verschiedene Klassifizierungen von Straßen festlegen. So wie wir jetzt verfahren auch Städte wie Hattingen, Sprockhövel und Wetter.“

Bereits im Februar haben Anlieger der Straße „Zur Laube“ im Ennepetaler Ortsteil Altenvoerde vor dem Verwaltungsgericht Klage gegen die Stadt erhoben - die Möglichkeit des Widerspruchs gegen amtliche Entscheidungen wurde nämlich im Jahr 2007 vom Land NRW abgeschafft. Auch sie sehen nicht ein, dass sie im Winter Schneemassen beseitigen und trotzdem zahlen müssen. „Die Sache läuft“, bestätigt Küpper, „Termine gibt es allerdings noch keine.“ Bleibt zu hoffen, dass die Sache bis zum nächsten Winter vom Tisch ist - ansonsten könnte der Schnee von vorgestern weitere Kreise ziehen.