„Streithähne“ lernen schlichten statt richten - Projekt in der Makotilie zeigt Jugendlichen, wie Konflikte gelöst werden können

Zeigen, wie Streitschlichtung funktioniert (v.l.): Marco Arndt, Stefan Walter, Jana Werner, Marcel Jürgens, Elisa Crombach, Werner Poding, Andre Schöler, René Puttler und Anne York. | Foto: Tobias Weskamp
2Bilder
  • Zeigen, wie Streitschlichtung funktioniert (v.l.): Marco Arndt, Stefan Walter, Jana Werner, Marcel Jürgens, Elisa Crombach, Werner Poding, Andre Schöler, René Puttler und Anne York.
  • Foto: Tobias Weskamp
  • hochgeladen von Ralf K. Braun

Mehrere Jugendliche prügeln scheinbar hemmungslos aufeinander ein, und niemand greift ein. Selbst als ein Mädchen gegen die Glasscheibe einer Haltestelle klatscht, bleibt eine Frau ungerührt darin sitzen. Niemand versucht zu schlichten. Dieses Verhalten wollen die Organisatoren des Projektes „Streitschlichtung – selfmade“ ändern.

Zum Glück war die Situation nur gestellt: Die Teilnehmer des Projektes wollten herausfinden, wie es um die Zivilcourage in Dortmund bestellt ist. Das Projekt unter der Leitung von Marco Arndt und René Puttler von der Makotilie findet wöchentlich donnerstags in der Makotilie in Wickede statt. Die Gruppe filtert gemeinsam mögliche Auslöser von Konflikten heraus, bespricht diese und nimmt sie in Rollenspielen unter die Lupe. Die Teilnehmer legen nach neun Treffen und einem Projekttag am 9. April eine „Prüfung“ ab. Theorie und Praxis werden getestet. Die Teilnahme wird zertifiziert und kann einer späteren Bewerbung beigelegt werden.
Streitschlichtung ist das Lösen eines Konflikts mithilfe einer neutralen Person. Die Ursache soll in einem Gespräch gemeinsam gefunden werden. Das ganze erfolgt ohne Autoritätspersonen wie Lehrer oder Eltern. „Die Jugendlichen sollen ihre Streitereien selbst regeln. Das ist besser, als wenn Außenstehende wie wir das für sie regeln“, so Puttler. Kompromisse müssen gefunden werden und die Lösung ohne Niederlage erfolgen: Beide Seiten müssen einverstanden sein.
Bei der „Prügelei“ hat ein Teil der Gruppe die Ereignisse unauffällig beobachtet. Einige Jugendliche versuchten, dazwischenzugehen, aber vor allem Leute ab 40 hielten sich raus. „Dabei kann jeder helfen, zum Beispiel mit einem Anruf bei der Polizei“, so Arndt. „Die Polizei war eingeweiht, falls ein Anruf erfolgen sollte. Das war allerdings nicht der Fall. Wir hatten auf ein anderes Ergebnis gehofft.“
Neben Aktionen wie der „Prügelei“ war an einem Tag auch ein Schiedsmann zu Gast. Werner Poding ist Ehrenvorsitzender des Bundes Deutscher Schiedsmänner und Schiedsfrauen (BDS) und durch einen früheren Bericht im Ost-Anzeiger auf das Projekt aufmerksam geworden. Er erklärte den Jugendlichen, worum es bei seiner Tätigkeit geht, und wie das Ganze auf sie übertragbar ist. „Das Motto des BDS lautet: Schlichten statt richten. Genau das sollen die Jugendlichen auch lernen“, erklärt er.
Ein Schiedsmann ist eigentlich nur für Erwachsene zuständig, jugendliche Antragsteller werden durch ihre Eltern vertreten, die oft auch die Bestrafung übernehmen. „Eine Mutter hat ihren Sohn bestraft, indem er fünfmal nicht zu einem Spiel von Borussia Dortmund durfte“, erzählt Poding. Auch über strafrechtliche Gesichtspunkte klärt der Schiedsmann die Teenager auf. So erfuhren sie zum Beispiel, dass Beleidigungen per SMS auf dem Schulhof juristische Konsequenzen haben können.
Die Jugendlichen sind von dem Projekt begeistert. „An unserer Schule gibt es oft Streit. Hier lernen wir, wie wir uns dann verhalten können, um zu schlichten“, sagt Jana Werner (13). „Auch ohne Worte können wir das erreichen“, ergänzt Andre Schöler (13). „Es geht um gegenseitiges Nachgeben. Beide Seiten müssen zugeben können, dass sie Schuld am Streit haben, wenn auch mit unterschiedlicher Gewichtung“, fasst Poding die Absicht des Projektes zusammen. (Tobias Weskamp)

Hintergrund-Info:
Die Makotilie ist ein evangelisches Kinder- und Jugendzentrum an der Meylantstraße 79 in Wickede.
Angeboten werden unter anderem Kinderfreizeiten, Filmvorführungen jeden letzten Mittwoch im Monat oder der offene Treff jeden Mittwoch von 17.30 bis 20 Uhr. Die Veranstaltungen sind überkonfessionell für Jugendliche ab elf Jahren, die Kirchenmäuse für Kinder von sechs bis zehn Jahren.
Kontaktpersonen sind René Puttler und Marco Arndt von der Makotilie, Telefon 0231-21 62 66.

Zeigen, wie Streitschlichtung funktioniert (v.l.): Marco Arndt, Stefan Walter, Jana Werner, Marcel Jürgens, Elisa Crombach, Werner Poding, Andre Schöler, René Puttler und Anne York. | Foto: Tobias Weskamp
Tipps gab den Jugendlichen auch Schiedsmann Werner Poding, Ehrenvorsitzender des BDS. | Foto: Tobias Weskamp
Autor:

Ralf K. Braun aus Dortmund-Ost

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

21 folgen diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.