Bei eisigen Temperaturen lieber ein Dach überm Kopf // Jugendliche Ausreißer steuern derzeit lieber frühzeitig das Körner Sleep-In an
Bei klirrender Kälte draußen zu übernachten, ist wenig empfehlenswert. Erst recht nicht für jugendliche Ausreißer. Doch sie können in der Notschlafstelle Sleep-In am Körner Hellweg unterkommen.
„Bei den derzeitigen Temperaturen sind alle sehr durchgefroren“, sagt Henning Bruns, Praktikant im Sleep-In. „Im Gegensatz zum Dezember, in dem es ja noch sehr mild war, sind die meisten jetzt schon vor den Öffnungszeiten da und drängen dann sofort zur Heizung.“
Und Diplom-Pädagogin Katja Barthel ergänzt: „Wir müssen auch deutlich mehr Tee kochen.“ Es kommen aber nicht mehr Jugendliche ins Sleep-In. „Einen eindeutigen Unterschied zwischen Winter und Sommer konnten wir bisher nicht beobachten“, sagt Katja Barthel. „Das Wetter hat anscheinend keinen Einfluss; mal sind im Sommer mehr Jugendliche da, im nächsten Jahr mehr im Winter.“
Dennis (Name von der Redaktion geändert) übernachtet seit Dezember regelmäßig im Sleep-In. „Meine alte WG wurde aus wirtschaftlichen Gründen geschlossen“, erzählt er. Seitdem er 13 ist, hat er Probleme mit seinem Vater. „Wir hatten sehr oft Streit und es gab Schläge, da bin ich abgehauen.“ Zeitweilig lebte er auf der Straße, saß auch im Gefängnis. Nachdem er in eine WG zog, beendete er die Schule. „Bald beginne ich eine Ausbildung“, erzählt er. Sein Traum ist ein ruhiges Leben mit einer eigenen Familie.
Lange wird 17-Jährige nicht mehr im Sleep-In übernachten: Er hat eine eigene Wohnung gefunden. Bei der Kälte ist das tagsüber besser. „Ansonsten halte ich mich wie andere viel in Kaufhäusern auf“, beschreibt er seinen Alltag. „Manchmal fahre ich auch mit dem Zug irgendwo hin und wieder zurück. Hauptsache es ist warm.“ So machen es auch viele andere Jugendliche, die er kennt. „Ich bin mit vielen befreundet, auf die ich bauen kann. Ich kenne keine ‚typischen‘ Straßenkinder. Im Gegensatz zu vielen älteren Obdachlosen wollen wir später alle ein normales Leben führen. Für uns ist das nur eine Phase.“
Das Sleep-In hat eine Kleiderkammer, aus der die Jugendlichen ausgestattet werden. „Vor allem im Winter ist es wichtig, mehrere Schichten zu tragen“, sagt Dennis. „Wir achten darauf, dass die Kids angemessen angezogen sind“, betont auch Praktikant Henning Bruns.
Generell gebe es wenig Streit zwischen den Jugendlichen, wie Bruns berichtet. „Auch mit Jugendlichen, vor denen wir gewarnt wurden, gab es keine Probleme“, ergänzt Katja Barthel.
„Die meisten kommen zu uns, weil andere ihnen von uns erzählt haben. Oft sind sie aus Dortmund oder der näheren Umgebung“, so Katja Barthel, die seit acht Jahren regelmäßig im Sleep-In arbeitet.
In einer anderen Stadt gab es in einer Unterkunft nur einen großen Raum mit Feldbetten. Da ist es hier gemütlicher“, lobt Dennis.
INFO:
Das Sleep-In-Stellwerk, Körner Hellweg 19, ist eine niedrigschwellige Übernachtungsstätte für bis zu 12 Jugendliche, die auf der Straße leben. Auf drei Etagen gibt es streng getrennte Schlafbereiche für Jungen und Mädchen von 14 bis 18 Jahren sowie einen Bereich in dem gemeinsam gegessen, gespielt, geredet oder relaxt wird. Die Kids werden auch finanziell unterstützt, etwa für Fahrkarten. Spenden sind möglich aufs Konto des Verbundes sozialtherapeutischer Einrichtungen e.V. bei der Sparkasse Dortmund, Konto-Nr. 321 006 310, BLZ 440 501 99.
(Text: Tobias Weskamp)
Autor:Ralf K. Braun aus Dortmund-Ost |
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