Ärger über anonyme Trauerkarten: Adressaten sind u.a. Superintendent Stamm, Pfarrer Rosiepen und Bezirksbürgermeister Czierpka
Über Trauerkarten freut man sich gewöhnlich nicht. Und über diese Trauerkarten kann sich Pfarrer und Superintendent Paul-Gerhard Stamm schon gar nicht freuen. Langsam ärgert er sich sogar. Denn er bekommt sie seit Monaten – täglich ein bis zwei.
„Anfänglich habe ich sie noch gelesen, mittlerweile werfe ich sie ungeöffnet weg.“ Wochenlang hatte er gerätselt, warum er die anonyme Post bekommt, in der beispielsweise steht: „Gottes Schöpfung muss man achten.“ Das findet Stamm auch.
Mittlerweile ist klar: Es sind eine knappe Handvoll vermutlich älterer Leute, die der Evangelischen Kirchengemeinde Brackel, dem Kirchenkreis Dortmund-Mitte-Nordost und auch der Kommune vorwerfen, sie hätten die große alte Brackeler Eiche Anfang des Jahres mutwillig und böswillig gefällt und sich daran auch noch bereichert. „Und das stimmt nicht“, so Stamm.
Der Hintergrund: 1876 wurde die so genannte Kaisereiche in Brackel auf dem Kirchplatz gepflanzt und ein Jahr später anlässlich des Geburtstages von Kaiser Wilhelm I. eingeweiht. Im letzten Jahr hatte das Umweltamt festgestellt: Die scheinbar so stolze Eiche war unheilbar vom Pilz befallen. Der Schillerporling hatte den Baum so weit zersetzt, dass er eine Gefahr darstellte und gefällt werden musste.
„Die Eiche hat jahrzehntelang das Bild Brackels mitgeprägt“, meint Stamm. „Ich kann die Wehmut darüber nachvollziehen, dass dieser Baum im Februar gefällt werden musste.“ Wäre man dem Rat des Umweltamtes nicht nachgekommen, dann hätte das allerdings eine „furchtbare Gefährdung“ - so Brackels Gemeindepfarrer Tong Rosiepen - für die Passanten bedeutet.
Das wollte die Gemeinde nicht. Und sie will gleichzeitig auch das Andenken an die Eiche erhalten. Deshalb hat aus dem Baumstamm der Dortmunder Bildhauer Bernd Moenikes ein Kunstwerk aus zwei Teilen geschaffen. Einen davon stellt die Evangelische Gemeinde Ende Oktober auf, den zweiten will die katholische Gemeinde St. Clemens auf ihrem Grund platzieren. Aus den dicken Ästen der Eiche entstehen weitere Kunstwerke, die in der Brackeler Kirche ausgestellt werden.
Zurück zu den Trauerkarten: Stamm ist nicht der einzige, der sie bekommt. Auch der ehemalige Lüner Gemeindepfarrer und Superintendent Jürgen Lembke erhält sie, genau wie Pfarrer Rosiepen und Brackels Bezirksbürgermeister Karl-Heinz Czierpka.
Rosiepen rechnet vor: „Wenn täglich mehrere Leute gleich mehrere Trauerkarten bekommen, dann kostet das den Absender eine dreistellige Eurosumme pro Monat.“ Rosiepen hat sichere Indizien dafür, dass die anonymen Schreiber nicht aus der Gemeinde kommen.
Doch selbst wenn einige der Karten einen drohenden Ton anschlagen - „Mögen die Mörder der Brackler Eiche ihrem Opfer in den Tod folgen!“ - will Stamm ihren Verfassern die Hand reichen. „Ich bin jederzeit zu einem Gespräch bereit.“ Voraussetzung wäre natürlich, dass sie aus der Anonymität kommen.
Autor:Ralf K. Braun aus Dortmund-Ost |
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