Levi-Cohen-Platz erhält Hinweisschild bei Gedenkveranstaltung
Viele wie nie erinnern sich in Wickede
Nahezu 200 Menschen drängten sich auf dem frisch benannten Levi-Cohen-Platz im Wickeder Zentrum um das Denkmal gegen das Vergessen, als Bezirksbürgermeister Karl-Heinz Czierpka um 17:00 die Gedenkveranstaltung eröffnete und auch Gäste aus dem Nachbarstadtbezirk Scharnhorst begrüßte.
Die Schüler*innen der Katholische Hauptschule Husen sind jedes Jahr in Wickede mit dabei. Gemeinsam mit Kindern der Bach- und der Steinbrink-Grundschule erinnern sie an die Novemberpogrome des Jahres 1938, indem sie das Schicksal einzelner Familien und Personen nachzeichnen. Beispielhaft wird so der Terror der Nazis begreifbar und die Zuhörer erfahren, was mit den Menschen aus ihrer Nachbarschaft geschah. Damit ist das Gedenken in Wickede die einzige Veranstaltung in Dortmund, bei der nur Kinder und Jugendliche über den 9. November und seine Folgen berichten.
Allerdings gab es danach eine Rede eines Erwachsenen: Bezirksbürgermeister Karl-Heinz Czierpka leitete zur Enthüllung des Legendenschildes auf dem Levi-Cohen-Platz über. Im Juni hatte die Mehrheit von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und Linkspartei in der Bezirksvertretung Brackel die Benennung des Platzes beschlossen. Czierpka erinnerte an die Diskussionen im Jahre 2001, als der Antrag von SPD und Grünen, den Wunsch des Grundstückseigentümers auf Benennung des Platzes in Levi-Cohen-Platz zu erfüllen, von einer anderen Mehrheit abgelehnt wurde.
Die Idee zu der Namensgebung kam aus der Steinbrink-Grundschule: Dort hatte sich die Klasse von Erika Springer intensiv mit den jüdischen Familien in Wickede beschäftigt. Czierpka: „Wenn ich heute die Leserbriefe und Zuschriften lese, die damals die Runde machten, bin ich erschrocken über den offenen Rassismus, der darin zutage trat“. Sogar die pädagogische Arbeit der Steinbrinkschule wurde damals kritisiert und Frau Springer in Leserbriefen öffentlich attackiert. Beifall brandete auf, als Czierpka die längst pensionierte Erika Springer begrüßte, die anschließend das Legendenschild mit den Worten „Möge dieses Schild ein Denkmal sein“ enthüllte.
Der stürmische Wind verhinderte das Entzünden der Kerzen für den Weg zum jüdischen Friedhof, sie leuchteten daher erst vor Ort. Beim anschließenden Aufwärmen im evangelischen Begegnungszentrum am Wickeder Hellweg gab es eine große Überraschung. Für 100 Menschen hatte die Frauen-Gruppe um Ursula Sehm gedeckt, fünfzig weitere Teller und Tassen mussten schnell auf die Tische gestellt werden. Ursula Sehm: “So viele waren es noch nie“.
Für Karl-Heinz Czierpka, der dieses Jahr das letzte Mal als Bezirksbürgermeister die Veranstaltung organisiert und geleitet hatte, ein schönes Signal: „Vor 25 Jahren waren es eine Handvoll Menschen, die den ehemaligen jüdischen Friedhof am Abend eines jeden 9. Novembers besuchten. Jetzt ist der ganze große Saal voller Menschen. Das ist großartig“.
Autor:Lokalkompass Dortmund-Ost aus Dortmund-Ost |
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