Straßennamen mit dunkler Vergangenheit? - Benennungen auch im Dortmunder Osten nicht unumstritten

Diese Straßennamen in Dortmund sind nicht unumstritten: Die Reichswehrstraße in der östlichen Innenstadt und der Kameradschaftsweg in Neuasseln. | Foto: Tobias Weskamp
  • Diese Straßennamen in Dortmund sind nicht unumstritten: Die Reichswehrstraße in der östlichen Innenstadt und der Kameradschaftsweg in Neuasseln.
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Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) und der Westfälische Heimatbund haben jüngst auf der Tagung „Fragwürdige Ehrungen“ in Münster über umstrittene Straßennamen diskutiert. Auch in Dortmund sind einige Straßennamen aufgrund eines möglichen Anklangs an das Dritte Reich umstritten. Bei einigen wird sogar eine Umbenennung gefordert oder diskutiert.

Die Antifaschistische Union Dortmund (Antifa) berichtete 2010 von einer Aktion, bei der Straßen überklebt und damit symbolisch umbenannt wurden. Die neuen Namen orientierten sich dabei an Opfern faschistischer Gewalt aus Deutschland und Europa.
Auch die Antifa kritisiert einige Benennungen in Dortmund. Zwar gebe es beispielsweise mit der Karl-Liebknecht-Straße und der Elisabeth-von-Thadden-Straße viele Straßen, die an Antifaschisten oder Widerstandskämpfer gegen den Nationalsozialismus erinnern. Laut der Antifa gibt es aber auch weniger schöne Straßennamen, etwa die Moltkestraße und die Reichswehrstraße in der östlichen Innenstadt oder auch der Kameradschaftsweg in Neuasseln. Die Reichswehrstraße erinnert mit ihrem Namen an die Bezeichnung für die deutsche Armee bis 1935. Allerdings muss man auch bedenken, dass die Straße schon seit 1929 ihren Namen trägt. Die Bezeichnung Reichswehr war laut Hermann Josef Bausch, Diplom-Archivar im Stadtarchiv Dortmund, seit 1921 in der Weimarer Republik üblich.
Es gab in der Zeit der Weimarer Republik auch Straßenbenennungen, die heute noch verwendet werden und einen besseren Klang haben. Dazu gehören zum Beispiel drei Wickeder Straßen, die während der Weimarer Republik nach den Schlagworten der Französischen Revolution Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit benannt wurden. Die Freiheits- und die Gleichheitsstraße gibt es heute noch, während die Brüderlichkeitsstraße nach 1945 in Auf dem Feldgraben umbenannt wurde; in der NS-Zeit hieß sie Wilhelm-Sengotta-Straße.
2009 stand die mögliche Umbenennung der Canarisstraße in Aplerbeck auf der Tagesordnung der örtlichen Bezirksvertretung. Ausgelöst wurde dies durch den TV-Historiker Guido Knopp. Canaris, Chef von Hitlers Abwehrdienst, wird laut Bausch als zwiespältig bezeichnet. Einerseits hatte er Kontakt zum Widerstand gegen Hitler, andererseits wird er als (vermeintlicher) Antisemit gesehen. Die Umbenennung wurde vorerst auf Eis gelegt.
Die Breitscheidt-, Husemann- und Thälmannstraße in Brackel sind Beispiele dafür, dass den Nationalsozialisten nahe stehende Benennungen nach 1945 aus dem Stadtbild verschwanden. In der Zeit des Dritten Reichs trugen bildeten sie die so genannten Flieger-Straßen: Flieger-Wintrath-Straße, Flieger-Volbracht-Weg und Flieger-Brand-Straße, benannt nach bekannten Piloten. Zwischen 1933 und 1945 gab es laut Bausch viele Umbenennungen von Straßen in Dortmund, die danach die Namen von NS-Größen trugen.
Die Meinungen, ob umstrittene Straßennamen geändert werden sollen, sind geteilt. Umbenennungsgegner meinen, dass Straßennamen nicht unbedingt Vorbildcharakter haben müssten und auch als historische Quellen dienen könnten. Die Befürworter dagegen sind der Meinung, dass durch Umbe­nennung von Straßen die Auseinandersetzung mit der Vergangenheit angeregt werden kann. (Tobias Weskamp)

Autor:

Ralf K. Braun aus Dortmund-Ost

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