Seehofers Mindestlohn ist eine Mogelpackung - SPD Basis platzt der Kragen auf Gabriels Facebookseite
Derzeit melden sich fast täglich CDU/CSU-nahe "Wirtschaftsinstitute" und Industrie-Verbände mit Erkenntnissen zu Wort, die die Notwendigkeit eines angemessenen Mindestlohns widerlegen sollen. Dabei haben derzeit 21 von 28 EU-Staaten einen gesetzlich festgelegten Mindestlohn. Wegen den Koalitionsverhandlungen mit der Union im Allgemeinen und bezüglich des Mindestlohn im Besonderen, kochen die Emotionen bei der erzürnten SPD-Basis hoch.
In wirtschaftlich mit Deutschland vergleichbaren Staaten wie Frankreich und den Niederlanden liegt der Mindestlohn bei € 9,43 bzw. bei € 9,07. Selbst im eher marktradikalen Großbritannien liegt er bei € 7,63. Selbst in den ur-kapitalistischen USA gibt es einen mit € 5,64 und in Australien liegt er sogar bei € 13,19. Wobei hier natürlich auch lokale Gegebenheiten zu berücksichtigen sind.
In einigen EU-Ländern, wie Schweden, Finnland und Dänemark gibt es keinen gesetzlichen Mindestlohn. Ebenso in Österreich. Dort gibt es aber eine Tarifbindung von über 90 Prozent, die bewirkt, dass bei sozialversicherungspflichtig Beschäftigten ein Branchen- oder Firmentarifvertrag angewendet wird. In Deutschland liegt die Tarifbindung inzwischen bei unter 60 Prozent.
Seehofer will den Mindestlohn nach Branchen und Regionen differenzieren. Ein Flickenteppich von Lohnuntergrenzen hilft jedoch niemandem. Selbst bei einem Mindestlohn von € 10/Stunde, den zum Beispiel DIE LINKE fordert, verdienen die Beschäftigten in einer 40 Stundenwoche, keine Kinder, keine Kirche, Steuerklasse 1 dann gerade € 1.144 netto. Bei einem Mindestlohn von € 8,50, den SPD, Grüne und Gewerkschaften fordern, dann sogar nur € 1.014.
Mehrheit von Führungskräften für Mindestlohn
Laut einer Umfrage des wirtschaftsfreundlichen Handelsblatt ist auch eine deutliche Mehrheit der Führungskräfte von Unternehmen für einen Mindestlohn. Im Mittel favorisieren diese einen von rund € 9/Stunde.
Im neuen Deutschen Bundestag wird es eine Mehrheit für einen flächendeckenden Mindestlohn von € 8,50 geben, da Gregor Gysi bereits im Wahlkampf angekündigt hat, dass dieser an den LINKEN nicht scheitern wird. Ob diese Mehrheit allerdings auch zustande kommt, liegt letztlich an der SPD. Wird die SPD ihr Wahlversprechen zugunsten der Ministerposten einer Großen Koalition nach Adenauers Motto "Was interessiert mich mein Geschwätz von gestern" brechen oder entscheidet sich die SPD für das Wohl von Millionen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern.
„Wählerverräter“, „Steigbügelhalter für Merkel“, „Muttis Fußabtreter“
Einen Vorgeschmack auf die Reaktionen innerhalb der SPD bei einer Unterwerfung unter die CDU kann man sich heute schon auf Sigmar Gabriels Facebook-Seite holen. Laut Handelsblatt quittierten dort unzählige SPD-Mitglieder unter anderem seine Bemerkung, dass es mit der CDU "kein konkretes Verhandlungsergebnis, etwa beim umstrittenen Mindestlohn, gebe" folgend:
„Ich fühle mich von meiner Partei verraten und verkauft“, schreibt dort ein Jan Hitschfeld. Ein anderer wird noch deutlicher: „Machtgeile Wählerverräter!“ Ein Clemens Riesser will Gabriel nun nicht mehr als Genosse bezeichnen. „Ich und viele andere, gleichgültig ob Mitglied in der SPD oder nicht, haben nicht SPD gewählt um eine Große Koalition zu wollen wie ihr sie jetzt anstrebt“, macht er seinem Ärger Luft. Für ihn sei das Betrug an denen, die SPD gewählt hätten. „Für mich seid ihr nur noch Lakaien eurer Machtgelüste.“ „Glückwunsch Sigmar“, schreibt eine Karoly Müller. „Du wirst wohl als Parteichef der SPD in die Annalen eingehen, der die größte Austrittswelle zu verantworten hat.“ Ein Heinz Grubert ist sich sicher, dass die SPD den „Steigbügelhalter für Merkel“ machen werde, egal was die SPD-Basis beschließt, notfalls werde Parteigehorsam eingefordert. „Für mich ein Grund mein Parteibuch abzugeben, ich fühle mich von dieser SPD verraten“, erklärt Grubert. Auch ein Thomas Bode hat seinen Parteiaustritt schon vorbereitet. „Hängt nun vom Mitgliederentscheid ab, ob ich den abschicke“, schreibt er. Und fügt empört hinzu: „Ihr habt sie nicht alle.“ Rot-Rot-Grün sei „besser als mit den Spinnern von der Union“. Ein Jens-Michael Schmitz warnt bereits vor dem Votum der Mitglieder. „Ich kenne bislang kein SPD-Mitglied das für eine GroKo stimmen wird - das wird dann halt eine Blamage für A. Nahles und S. Gabriel“, schreibt er.
ein Robert Kemp schreibt: „Vor der Wahl: Keine Große Koalition, keine Koalition mit der Linke. Auf einer Wahllüge bleibt ihr sitzen.“
Des Weiteren warnt der Parteienforscher Peter Lösche laut Handelsblatt auch vor dem manipulationsanfälligen SPD-Konvent.
Die SPD und jedes ihrer Mitglieder steht am Scheideweg. Dabei gibt es die schon von Willy Brandt angestrebte Mehrheit links der Mitte. Bei einer wirklich demokratischen SPD-Mitgliederbefragung sollte man eine echte Alternative haben. Daher sollte lieber gefragt werden, ob man für eine Koalition mit der Union oder für eine mit LINKEN und Grünen ist. Freilich wäre ein ROT-ROT-Grünes Bündnis tatsächlich auch eine Wahllüge, aber auf einer bleibt die SPD ja sowieso sitzen.
Autor:Carsten Klink aus Dortmund-Ost |
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