ROT-ROT-Grün im Bund? - Gemach, gemach!
Nach einem Treffen von rund 100 Abgeordneten von SPD, Grünen und Linkspartei ist ROT-ROT-Grün plötzlich in aller Munde. Die Junge Union sieht schon den Sozialismus in Deutschland ausbrechen. Sicherlich ist es immer gut, miteinander zu reden. Doch gemach, gemach. Der ehemalige Pop-Beauftragte der SPD, Sigmar Gabriel, boxte schließlich erst jüngst in der SPD das umstrittene Freihandelsabkommen CETA durch. Die Linkspartei klagt gegen CETA vor dem Bundesverfassungsgericht.
In Dortmund stimmte die SPD dagegen, dass arme Dortmunder den sogenannten Dortmund Pass, der einen vergünstigten Eintritt in öffentliche Einrichtungen ermöglicht, automatisch bekommen. In der letzten Ratssitzung wurde auch ein verbilligter Eintritt für Hartz4-Empfänger aus anderen Städten in solche Einrichtungen mit Stimmen der SPD niedergestimmt. Ebenso stimmte die SPD einer Straßenumbenennung für Caterpillar zu. Caterpillar hatte im letzten Jahr in Lünen viele Beschäftigte entlassen, Arbeitnehmerrechte müssen dort laut Gewerkschafter stets erkämpft werden und aktuell wird in Belgien ein Werk mit 4.000 Beschäftigten platt gemacht, obwohl es in 2015 vier Millionen Euro Gewinn gemacht hat. In der Bezirksvertretung Brackel stellt die SPD einen Antrag, dass der Rat doch die 25-Prozent-Klausel, die einen entsprechend hohen Anteil an Sozialwohnungen bei Neubauten vorsieht, aufweichen soll.
"Dieses Abstimmungsverhalten der SPD führt zwangläufig dazu, dass sich die SPD weiter auf die Linkspartei zubewegt. Nicht inhaltlich. Aber prozentual.", bemerkte dazu Ratsmitglied Carsten Klink (DIE LINKE) in der letzten Ratssitzung mit Blick auf die weiter fallenden Umfragewerte der SPD.
"Es wäre klasse, wenn Merkel und Merkels Politik 2017 tatsächlich abgewählt werden könnten. Aber es gibt leider keinen Grund für Euphorie, denn Illusionen sollte sich niemand machen, auch wenn die SPD jetzt ihre Räumlichkeiten im Bundestag für solche Treffen bereitstellt und Sigmar Gabriel persönlich vorbeischaut. Denn es gibt leider noch nicht einmal zaghafte Anzeichen, dass die SPD ihre bisherige Politik, die zu einer Zerstörung des Sozialstaates und wachsender Ungleichheit im Land geführt hat, zu verändern gedenkt. Im Gegenteil.
Wie ein Löwe hat Parteichef Gabriel für das Konzernschutzabkommen CETA gekämpft, und die SPD ist ihm letztlich gefolgt. Die Neuregelung zu Leiharbeit und Werkverträgen aus dem Hause Nahles bringt eher noch Verschlechterungen für die Arbeitnehmer und verhindert kein Lohndumping. Und ohne Not gibt die SPD grünes Licht für eine Erbschaftssteuerreform, die Milliardenerben unverändert steuerfrei stellt. Das sind nur einige Beispiele. Lediglich zur Konfrontationspolitik gegenüber Russland gibt es aus der SPD zunehmend kritische Stimmen.
Aber da sind ja auch noch die Grünen. Und deren Führungsleute profilieren sich seit einiger Zeit als besonders vehemente Kriegsbefürworter. Selbst Bodentruppen wollte Frau Göring-Eckardt schon nach Syrien schicken, jetzt fordert man todesmutig eine Flugverbotszone, die aktuell ja nur um den Preis eines direkten militärischen Konflikts mit Russland durchzusetzen wäre. Da kann man fast schon froh sein, dass solche Leute derzeit nicht in der Regierung sitzen. Auch sozialpolitisch kommt von den Grünen wenig, das hoffnungsvoll stimmt. Die Erbschaftssteuerreform hätte ohne die Grünen im Bundesrat keine Mehrheit gehabt. Und das relativ fortschrittliche Steuerkonzept aus der letzten Bundestagswahl wurde parteiintern längst entsorgt. Wenn führende SPD-Politiker und Grüne (im Unterschied sicher zu vielen Mitgliedern ihrer Parteien) eigentlich gar keine andere Politik wollen, warum beteiligen sie sich dann an pompös inszenierten Treffen?
Nun, die SPD braucht eine Rechtfertigung, weshalb sie überhaupt einen Kanzlerkandidaten aufstellt. Ohne Verweis auf eine denkbare Koalition jenseits der CDU geht das nicht. Und auch diejenigen Grünen Göring-Eckardt und Özdemir, die längst auf eine Koalition mit Merkel setzen, wollen nicht, dass das vor der Wahl allzu offensichtlich wird. Denn diese Orientierung könnten viele Grünen-Wähler mit Stimmentzug quittieren.
Die Linke will eine neue Regierung, aber sie will sie nur, wenn sie wirklich mit einer neuen Politik verbunden ist. Wechselnde Koalitionen, die immer den gleichen neoliberalen Mist gemacht haben, hatten wir in Deutschland in den letzten 20 Jahren genug. Und verwechselbare Parteien, die alle für Sozialabbau, Niedriglöhne, schlechte Renten und Kriegsabenteuer stehen, gibt es auch zuhauf. Würde die Linke auch zu einer solchen Partei, wäre sie überflüssig und wohl bald auch politisch tot. Die Linke will eine Wiederherstellung des Sozialstaates und eine Beendigung der Kriegspolitik. Wir wollen die soziale Ungleichheit spürbar verringern und nicht den fortschreitenden sozialen Zerfall verwalten.
Diese Grundbedingungen sind deshalb nicht verhandelbar, weil eine Regierung, die das nicht leistet, kein Fortschritt wäre und es deshalb keinen Grund gäbe, weshalb die Linke sich an einer solchen Regierung beteiligen sollte. Es geht nicht nur darum, Merkel abzulösen, sondern vor allem darum, Merkels Politik zu beenden.", kommentiert Dr. Sahra Wagenknecht, die Fraktionsvorsitzende der LINKEN im Deutschen Bundestag, die aktuelle Entwicklung auf ihrer Facebookseite.
Autor:Carsten Klink aus Dortmund-Ost |
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