Griechenland: "Mir wären die Milliardenschulden auch ziemlich egal"

Der Griechenland-Blog berichtete am 24.02.2015 über einer Karikatur von Martyn Turner, die in der Irish Times vom 21.02.2015 veröffentlicht wurde: "Es gibt immer einen Idioten" - Der deutschsprachige Griechenland-Blog meldet, dass Turner das Beharren der Eurozone auf der Austerität kommentiere und die einzelnen Länder als Schafe darstelle, die -allen voran Deutschland- in den Abgrund stürzen. Nur das griechische Schaf rennt in die andere Richtung. Dies kommentiere die Herde mit eben jenem Spruch. | Foto: www.griechenland-blog.gr
  • Der Griechenland-Blog berichtete am 24.02.2015 über einer Karikatur von Martyn Turner, die in der Irish Times vom 21.02.2015 veröffentlicht wurde: "Es gibt immer einen Idioten" - Der deutschsprachige Griechenland-Blog meldet, dass Turner das Beharren der Eurozone auf der Austerität kommentiere und die einzelnen Länder als Schafe darstelle, die -allen voran Deutschland- in den Abgrund stürzen. Nur das griechische Schaf rennt in die andere Richtung. Dies kommentiere die Herde mit eben jenem Spruch.
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Die Griechen sind noch viel zu brav. Wenn meine Familie wie rund ein Viertel des griechischen Volkes nicht mehr krankenversichert wäre, meine Kinder wie 60 Prozent der Jugend arbeitslos, ich für einen Mindestlohn von 586 Euro arbeiten müsste, wären mir die Milliardenschulden, mit denen letztlich nicht die griechischen Menschen, sondern die deutschen und französichen Banken gerettet wurden, auch ziemlich egal. Nicht nur angesichts nie beglichener deutscher Nazi-Anleiheschulden.

Griechenland braucht einen Schuldenschnitt. Pleiter als pleite kann man nicht sein. Nach dem vom Deutschen Reich begonnenen und verlorenen II. Weltkrieg wurde Deutschland auch geholfen. Die "Verbrechen" der Griechen dürften wohl in keinem Verhältnis zu den damaligen Gräueltaten der Deutschen stehen.

Die Krise als Chance

Aber warum wird Griechenland nicht wirklich auf die Beine geholfen? Weil die Neoliberalen die Krise als Chance sehen. Die Staatsschuldenkrise, die ja erst durch die Bankenkrise verursacht wurde, schließlich sind die europäischen Staaten nur überschuldet, da diese die europäischen und zum Teil auch us-amerikanischen Banken und Versicherungskonzerne retten mussten, soll zum Generalangriff auf das europäische Sozialstaatsmodell genutzt werden. Das hat der heutige EZB-Präsident und ehemalige Goldman Sachs Manager Mario Draghi bereits 2012 in einem Wallstreet-Journal Interview zugegeben.

Wenn die Griechinnen und Griechen es schaffen würden, die Austeritätsmaßnahmen hinter sich zu lassen, werden auch die anderen bedrängten europäischen Völker dieses Joch abwerfen und den Sozialstaat wieder herstellen können. Die Spanier sammeln sich schon in der neuen linksgerichteten, aber nicht minder moderaten Bewegung Podemos, die bei den nächsten Parlamentswahlen die stärkste Partei werden könnte. In Irland "droht" die Schwesterpartei der deutschen Partei DIE LINKE, die republikanische Sinn Fèin bei den nächsten Wahlen ebenfalls die stärkste Partei zu werden. Gemäß den aktuellen Umfragen könnte Sinn Féin Präsident Gerry Adams der nächste Premierminister der Republik Irland werden. Eine überparteiliche Anti-Austeritätsbewegung bildet sich auf der gesamten grünen Insel.

Neoliberales Projekt: Europäischen Sozialstaat zerschlagen

Um das neoliberale Projekt der Zerschlagung des europäischen Sozialmodells nicht zu gefährden, wird Griechenland weiter unter Wasser gehalten. Man sollte auch nicht vergessen, dass es in diesen Tagen in der Regel gar nicht um frisches, neues Geld für die Griechen geht, sondern lediglich um längst ausgezahlte Kredite die entweder zurückgezahlt oder verlängert werden müssen. Das Geld ist also schon lange weg. Über 90 Prozent der damaligen Rettungsgelder gingen direkt an europäische Banken.

Solidarität mit sich selbst

Auch die Arbeiter in Deutschland, die 8-10 Stunden plus Überstunden nicht selten im Niedriglohnsektor arbeiten, sollten wissen, dass sie nicht für die
Pleite-Griechen arbeiten, sondern für die Pleite-Banken und Zockerbuden. Wenn Griechenland sich befreien kann, nutzt dies auch den Arbeitern in Deutschland, deren Sozialstaat nämlich sonst der nächste ist, der zerschlagen wird. Solidarität mit Griechenland bedeutet für die Arbeiter in Deutschland letztlich Solidarität mit sich selbst.

Alternative: Island

Erstaunlich ist doch auch, dass man zwar stets etwas aus den angeblich so robusten Krisenländern Spanien, Portugal oder auch Litauen hört, also von Staaten in denen die Austeritätspolitik (ein Euphemismus für radikale Sparmaßnahmen auf Kosten der Bevölkerung) wütet. Aber so eigentlich fast gar nichts aus Island. Diese kleine Insel hatte auch einen gigantischen Bankensektor der in keinem Verhältnis zur realen wirtschaftlichen Kraft des Landes stand. Hier wurden die Banken aber zerschlagen, ausländische Kreditforderungen nicht bedient und nur mit überschaubaren sozialen Einschnitten die Bankenkrise gelöst. Island ist im Gegensatz zu den kontinentaleuropäischen Krisenländern tatsächlich schon weiter und auf dem Weg der Normalität. Doch weder an einem aufbegehrenden Griechenland noch an einem vorbildlichen Island sollen sich die Völker Europas ein Beispiel nehmen.

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Filmtipp zum Thema:
Macht ohne Kontrolle - Die Troika, ARTE 90 Minuten
Um ihre Notkredite zu erhalten, mussten sich die Krisenstaaten der Eurozone den Vorgaben Beamter beugen, die keinerlei parlamentarischer Kontrolle unterliegen: der Troika. Rekrutiert aus den Institutionen IWF, EZB und Europäischer Kommission forderten sie Einsparungen in verheerendem Ausmaß. Doch die positiven Auswirkungen der Sparpolitik blieben für die meisten aus.

Hier im Internet zu finden: http://www.arte.tv/guide/de/051622-000/macht-ohne-kontrolle-die-troika

Autor:

Carsten Klink aus Dortmund-Ost

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