Bei lebendigem Leib geschreddert: Tierschutzbund stellt die Systemfrage
Das Oberverwaltungsgericht (OVG) in Münster stoppte nun einen Erlass des NRW-Umweltministeriums, der untersagte, dass gerade erst geschlüpfte männliche Küken bei lebendigem Leib geschreddert oder vergast werden dürfen. Dies ist nämlich gängige Praxis der Geflügelbrütereien, da die männlichen Küken keine Eier legen und durch die überzogene Hochzüchtung der Geflügelrassen auch zur Lieferung von Fleischgewebe nicht geeignet sind.
Das Schreddern der Küken dient nach Ansicht der Richter der Versorgung der Bevölkerung mit Eiern und Fleisch. Tierschützer sehen dies etwas anders. Das Schreddern diene eher der Profitmaximierung der Geflügelindustrie. Des Weiteren sehen die Richter durch das Schredderverbot einen erheblichen Eingriff in die Berufsfreiheit der Brütereienbetreiber. Vermutlich stellt dann auch das allgemeine Verbot von kriminellen Handlungen einen erheblichen Eingriff in die Berufsfreiheit von gewöhnlichen Verbrechern dar. Eine Revision ließ das OVG Münster nicht zu. Lediglich eine Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht ist möglich.
Millionenfacher Kükenmord
"Der millionenfache Kükenmord ist die brutale Folge einer auf Intensivierung ausgerichteten Tierzucht“, kommentiert Thomas Schröder, Präsident des Deutschen Tierschutzbundes. "Dahinter steht dann auch die Systemfrage: Die Legehennenzucht ist aus dem Ruder gelaufen, nicht nur die Tiere, auch die Hühnerhalter sind diesem System ausgeliefert. Es braucht endlich eine politische Strategie und ein klares, gesetzliches Verbot der Tötung männlicher Eintagsküken."
Jährlich werden bundesweit rund 45 Millionen männlicher Küken am ersten Lebenstag getötet - weil sie keine Eier legen, aufgrund der spezialisierten Zuchtlinie nicht ausreichend Fleisch ansetzen und somit wirtschaftlich "unbrauchbar" sind. Statt eines Verbots setzt Bundesminister Schmidt auf die Methode der Geschlechtererkennung im Ei. Aus Tierschutzsicht kann das nur ein erster Schritt sein. Die Systemfrage in der Geflügelindustrie löst das technische Verfahren jedoch nicht: Die Hennen der überzüchteten Legelinien bringen Höchstleistungen beim Eier legen, sind am Ende ihrer extrem verkürzten Lebenszeit vielfach ausgemergelt. "Das Kükentöten ist eben nur ein Kennzeichen einer völlig aus dem Ruder gelaufenen Tierhaltung", sagt Schröder und fordert Konzepte, um aus der Intensivhaltung von Legehennen auszusteigen – etwa durch Rückkehr zu Zweinutzungshühnern und anderen, tiergerechten Haltungssystemen.
Wenn man überhaupt Geflügelfleisch essen möchte, wäre schon die Rückkehr zu den sogenannten "Zweinutzungshühnern", die also sowohl Eier als auch Gewebe liefern, eine sinnvolle Alternative. Die Position das Tierschutzbund ist definitiv nachvollziehbar, wenn er angesichts des millionenfachen Kükenmordes die Systemfrage stellt.
Weitere Informationen zum Thema finden Sie hier:
Hochleistungszucht
http://www.tierschutzbund.de/information/hintergrund/landwirtschaft/hochleistungszucht.html
Hühnermast
http://www.tierschutzbund.de/information/hintergrund/landwirtschaft/huehnermast.html
Legehennen
http://www.tierschutzbund.de/information/hintergrund/landwirtschaft/legehennen.html
Autor:Carsten Klink aus Dortmund-Ost |
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