9. April 1981: Hungerstreikender Ire Bobby Sands gewinnt britische Unterhausnachwahl

Eine Wandmalerei zum Gedenken an Bobby Sands (MP) an der Parteizentrale der irisch-republikanischen Partei Sinn Féin in Belfast. | Foto: Olaf Baumann, 17. April 2006
  • Eine Wandmalerei zum Gedenken an Bobby Sands (MP) an der Parteizentrale der irisch-republikanischen Partei Sinn Féin in Belfast.
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Am 9. April 1981 gewann Bobby Sands, damals kommandierender Offizier der Irisch-Republikanischen-Armee (IRA) der Hungerstreikenden in dem sogenannten H-Blocks-Gefängnis Long Kesh (irisch: An Cheis Fhada), die Nachwahl zum britischen Unterhaus im Bezirk Fermanagh & South Tyrone.

Die Nachwahl war nötig geworden, da der bisherige Vertreter im Parlament, Frank Maguire, überraschend verstorben war. Der Republikaner Bobby Sands schlug äußerst knapp den protestantischen Unionisten-Führer und ehemaligen Landwirtschaftsminister Harry West. Bobby Sands besiegte West mit 30.493 zu 29.046 Stimmen.

Seit dem 1. März befand sich Bobby Sands, ein gelernter Karosseriebauer, der wegen Besitzes von Handfeuerwaffen zu 14 Jahren Haft verurteilt wurde, im Hungerstreik. Der Hungerstreik hatte das Ziel als politischer Gefangener anerkannt zu werden und somit einen Sonderstatus, den so genannten Special Category Status zu erhalten. Bis zum Wahltag folgten Bobby Sands noch Francis Hughes (IRA), Raymond McCreesh (IRA) und Patsy O’Hara (Irish-National-Liberation-Army/INLA) in den Hungerstreik.

"Die Wähler dort im westlichen Grenzgebiet kannten den bis dahin wenig hervorgetretenen Terroristen nicht sehr gut. Deswegen stellte er sich ihnen mit folgendem Lebenslauf vor: "Ich wurde in Rathcoole, einem überwiegend protestantischen Viertel von Belfast geboren. Ich trieb gern Sport, gewann viele Preise und war Mitglied in protestantischen Clubs. 1972 wurde meine Familie durch Drohungen vertrieben nach Twinbrook am Stadtrand von Belfast. Bald danach drohte man mich zu erschießen, wenn ich meinen Arbeitsplatz nicht räumte. Es dauerte nicht mehr lange, dann wurde ich ein Mitglied der republikanischen Bewegung.“, schrieb Rudolf Walter Leonhardt am 8. Mai 1981, also drei Tage nachdem Bobby Sands bei dem Hungerstreik gestorben war, in dem sehr lesenswerten Artikel der Wochenzeitung Die Zeit "Der Tote, der aus dem Gefängnis kam", dem man sehr gut ein Gespür für die damalige Zeit entnehmen kann.

Die Auswirkungen der Wahl anayliserte Rudolf Walter Leonhardt im selben Artikel wie folgt: "Der Wahlsieg des Bobby Sands war der größte Sieg der IRA, seit sie sich (nach dem Provisional Government der Republik von 1916) Provisional Irish Republican Army, kurz Provos, nennt. Eindrucksvoller konnte, kaum bewiesen werden, daß die IRA eben nicht ein Häuflein kriminell Verzweifelten ist wie die Rote Armee Fraktion, sondern daß ein großer Teil der irischen Bevölkerung sicher nicht ihre Methoden, wohl aber ihr Ziel billigt: Raus mit den Engländern aus Irland!". An der Beerdigung von Bobby Sands nahmen über 100.000 Menschen teil -fast ein Fünftel der katholischen Bevölkerung Nordirlands zu dieser Zeit.

Bei den letzten britischen Unterhauswahlen im Jahre 2015 erhielt die irisch-republikanische Partei Sinn Féin in Nordirland 176.232 Stimmen. Dies entsprach einem Wähleranteil von 24,5 Prozent. Die vier Unterhaus-Abgeordneten der Sinn Féin weigern sich allerdings traditionell, ihre Sitze einnehmen, denn dazu müssten sie einen Treueeid auf die britische Königin schwören. Bei der Wahl zum Dáil Éireann, dem Parlament der Republik Irland, erhielt Sinn Féin im Jahre 2016 genau 295.319 Stimmen. Dies entsprach einem Wähleranteil von 13,8 Prozent und entspricht einem Zuwachs von fast 30 Prozent im Vergleich zur letzten Wahl im Jahre 2011.

Autor:

Carsten Klink aus Dortmund-Ost

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