"Lebende Rasenmäher" auf dem Dortmunder Hauptfriedhof sind Sympathieträger für den Naturschutz

Ein malerisches Bild bieten derzeit wieder einmal 38 Mutterschafe und 50 Lämmer, die die rund 4,5 Hektar große Talwiese im Norden des Dortmunder Hauptfriedhofes beweiden.  Seit 2008 schon setzen Umweltamt und Friedhöfe Dortmund auf die lebenden Rasenmäher als schonende Alternative zur aufwendigen Pflege mit Mulch- und Mähgeräten. Und die Friedhofsbesucher lieben die Tiere! | Foto: Günther Schmitz
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  • Ein malerisches Bild bieten derzeit wieder einmal 38 Mutterschafe und 50 Lämmer, die die rund 4,5 Hektar große Talwiese im Norden des Dortmunder Hauptfriedhofes beweiden. Seit 2008 schon setzen Umweltamt und Friedhöfe Dortmund auf die lebenden Rasenmäher als schonende Alternative zur aufwendigen Pflege mit Mulch- und Mähgeräten. Und die Friedhofsbesucher lieben die Tiere!
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„Die Friedhofsbesucher warten im Frühjahr schon regelrecht auf die Schafe. Die Tiere kommen gut an, werden regelrecht vermisst, wenn sie mal nicht da sind“, schmunzelt Gartenbautechniker Gerhard Hettwer. 38 Mutterschafe und 50 Lämmer sind auch in diesem Sommer als lebende Rasenmäher auf dem Dortmunder Hauptfriedhof im Einsatz.

Vorwiegend grast die kleine Herde von Wanderschäfer Christof May aus Wickede/Ruhr – allesamt Tiere der als friedlich geltenden Rasse Deutsches schwarzköpfiges Fleischschaf – auf der 4,5 Hektar großen Talwiese mit ihren Seitenarmen im Norden des insgesamt 118 Hektar großen Friedhofs, der mit Abstand größten Grünfläche Dortmunds. „Manchmal aber auch auf der Erweiterungsfläche im östlichen Bereich“, weiß Hettwer, beim Eigenbetrieb Friedhöfe fürs öffentliche Grün auf dem Hauptfriedhof zuständig.

Mutterschafe und Lämmer sind von Anfang Juni bis zum Oktober auf der Talwiese

Wie schon seit 2009 hat Schäfer May auch in diesem Jahr Anfang Juni seine kleine Herde per Transporter am Hauptfriedhof abgesetzt, wo sie wieder bis zum Oktober zur Landschaftspflege im Einsatz ist, Mutterschafe und Lämmer. Denn die Jungtiere sind schon im Januar und im April im Stall bzw. auf den Winterweiden in Hamm oder Unna geboren worden.

„Aber geschoren haben wir die Tiere bereits im Juni in Dortmund“, erzählt der aus Unna gebürtige Schäfer, der im Auftrag des Stadt-Umweltamts und der Friedhöfe Dortmund mit seinen Schafen und Ziegen etwa drei Viertel der stadtweit rund 100 Hektar großen Naturschutz- und ökologischen Ausgleichsflächen bewirtschaftet. Unter zwei ortsansässigen Dortmunder Schäfern hat man die Restflächen aufgeteilt, allesamt im Umfeld ihrer Betriebe im Dortmunder Nord- und Südosten gelegen, so Werner Höing, stellvertretender Umweltamts-Leiter und Abteilungsleiter Umweltplanung.

„Ein schönes Bild“, merkt auch Höing angesichts der fast münsterländisch anmutenden Idylle an, die sich Friedhofsbesuchern und Spaziergängern vor allem dann bietet, wenn die Schafe, „Sympathieträger für den Naturschutz“, so Höing, auf ihrer kleinen, mit einem mobilen Elektrozaun abgesteckten wandernden Weide vor dem Hintergrund der historischen Talbrücke in der Aue grasen.

Nicht nur eine Freude fürs Auge. „Im Vergleich zur Pflege mit Mulch- oder Mähgeräten ist die Beweidung eine für Flora und Fauna sehr schonende Alternative“, zieht Höing ein überaus positives Fazit dieser 2008 in Dortmund eingeführten ökologischen Bewirtschaftung der rund 50 Extensiv- und Streuobstwiesen und Brachflächen. Wenn auch eine kostenneutrale: Finanzielle Vorteile bringt die Beweidung nicht. Und nur mit dem im ersten Jahr beauftragten Schäfer hatte man eher „gemischte Erfahrungen“ (Zitat Gerhard Hettwer) gemacht.

Früher musste einmal im Jahr gemäht werden

„Vorher haben wir einmal im Jahr mähen müssen“, weiß Gerhard Hettwer zudem zu ergänzen. Das war nicht nur laut – auf einem Friedhof nicht wirklich erwünscht – und energieintensiv. „Die Talwiese, über die immerhin zwei Drittel der Hauptfriedhofsfläche entwässern, ist vor allem nach Regen ein sehr feuchter Bereich. Für Maschinen wie für die Wiese nicht unproblematisch“, berichtet der Gartenbautechniker.

„Heute kommen auf der Talwiese nur noch kleinere Geräte für die Nachbearbeitung zum Einsatz. Mit einem Aufsitzmäher oder Freischneider mäht der Schäfer das ab. Und den Randbereich übernimmt eine beauftragte Pflegefirma“, so Hettwer.

Ziegen würden zudem sogar das abfressen, was die Schafe stehen lassen, bedauert der Friedhofsmitarbeiter, dass diesmal nur Schafe auf der Talwiese weiden. Vor allem Brachflächen, die mit Gehölzen, Brombeeren und so genannten Neophyten – das sind fremdländische, bei uns eingewanderte oder eingebürgerte Pflanzenarten wie der Riesenbärenklau – bestanden sind, machten den Einsatz von Ziegen bei der Beweidung sogar erforderlich, erläutert Werner Höing vom Umweltamt.

Überwiegend Zwergziegen setzt Schäfer Christof May zum Beispiel auch im Steinbruch in Schüren ein, der täglich auf seinen Kontroll- und Versorgungsfahrten zu seinen verschiedenen Dortmunder Herden rund 160 Kilometer verfährt. Anders als auf der mit Fahrzeugen schlecht zu erreichenden Friedhofs-Talwiese sichern etwa in Deusen oder in Menglinghausen zwei Pyrenäen-Berghunde Mays Tiere.

Unwissende Besucher und Hundehalter sorgen für Probleme

Probleme mit den Schafen gibt es auf dem Friedhof eher selten. Ausgebüxte Tiere hätten mal an einer Grabstätte gefressen, das sei aber wieder gut gemacht worden, erzählt Gerhard Hettwer. Probleme bekommen eher der Schäfer und seine Tiere – durch unwissende Besucher und Hundehalter, die ihre Vierbeiner ohne Leine laufen lassen.

„Einmal ist ein Lamm derbe an der Keule zerbissen worden. Und ein Schaf ist vor ein paar Jahren bis in den Ort nach Brackel gelaufen“, erzählt Wanderschäfer Christof May. 2014 habe er zudem zehn Lämmer verloren – wegen der Fütterung durch gutmeinende, aber unwissende Besucher. „Die Leute werfen ihr Schnittgut auf die Weide, darunter hochgiftige Pflanzen wie Kirschlorbeer, Rhododendron, Eibe, Buchsbaum und Ilex. Die Haufen fangen bei Hitze zudem an zu gären“, ärgert sich May.

Füttern der Tiere kann folgenreich sein

Und auch die schlichte Fütterung durch Spaziergänger am Zaun mit frischem grünen Gras kann böse Folgen haben, hat Christof May, seit 20 Jahren zuerst neben- dann hauptberuflich Schäfer, erleben müssen. Dass die Schafe dann trockenes Grün auf ihrer Weide verschmähen, ist eher noch ein kleines Übel. „Die Tiere werden unruhig, in größeren Herden drücken die Schafe von hinten nach, weil sie denken, vorne gibt es etwas Besseres – und schon ist der mobile Zaun heruntergedrückt...“

Bei den Friedhöfen Dortmund und im Umweltamt ist man indes rundum zufrieden mit dieser ökologischen Form der Bewirtschaftung, die nicht ohne Grund auch vom Land mit Naturschutz-Fördergeldern unterstützt wird. Werner Höing: „Die Flächen zeigen eine so positive Entwicklung, dass die Pflege mit Schafen und Ziegen dauerhaft fortgesetzt werden soll.“

Der nächste Drei-Jahres-Rahmenvertrag für Schäfer Christof May scheint gesichert...

Autor:

Ralf K. Braun aus Dortmund-Ost

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