Im Einsatz für die Natur: Aktive der AGARD setzen sich seit 25 Jahren für die Tierwelt ein
Sie hängen Nistkästen für Vögel auf und legen Laichgewässer für Frösche und Molche an.
Schon seit einem Vierteljahrhundert setzen sich die beiden Brackeler Naturschützer Heinz Heitland (73) und Herbert Stelzner (82) von der Arbeitsgemeinschaft für Amphibien- und Reptilienschutz (AGARD) für die bedrohte Tierwelt auf und rund um den 135 Hektar großen Dortmunder Hauptfriedhof ein.
Ein Ortstermin der Bezirksvertretung Brackel rückte ihr unermüdliches Wirken endlich einmal ins Licht der Öffentlichkeit: „Eine sehr gute“ wie „wichtige Arbeit im Stadtbezirk Brackel“ bescheinigte ihnen Bezirksbürgermeister Karl-Heinz Czierpka.
Die beiden Senioren leben für den Naturschutz. Nahezu täglich sind der 73-jährige Heinz Heitland und der 82-jährige Herbert Stelzner seit 25 Jahren im Stadtbezirk Brackel unterwegs. Ihr besonderes Augenmerk richten die beiden Aktiven aus Reihen der Arbeitsgemeinschaft Amphibien- und Reptilienschutz (AGARD) dabei auf den Hauptfriedhof, die mit Abstand größte Grünfläche Dortmunds.
Auf dem 135 Hektar großen Friedhofsareal zwischen Brackel im Norden, der B1 im Süden, Wambel und der Rennbahn im Westen sowie Neuasseln im Osten, aber auch auf dem benachbarten Jüdischen und Internationalen Friedhof am Rennweg sowie im Friedhofsumfeld wie zuletzt am Friedhofsparkplatz am Talweg hängen die beiden Brackeler seit einem Vierteljahrhundert nicht nur Nistkästen auf. Sie pflegen den Bestand der Bruthilfen aktuell sind es 200 Kästen , sie kartieren und dokumentieren minutiös den Tierbestand, speziell den der Vögel.
„Doch wir machen nicht nur Vogelschutz, auch Amphibienschutz. Drei Laichgewässer haben wir auf dem Hauptfriedhof, ein weiteres im Wäldchen am ,Judenfriedhof‘ angelegt“, stellte Heinz Heitland jetzt sichtlich stolz den vor Ort versammelten Mitgliedern der Bezirksvertretung (BV) Brackel und den Vertretern der Friedhöfe Dortmund ihre Arbeit vor. Auch dank des Tümpelbaus haben sich laut Heitland Arten wie Grasfrosch, Teich- und Bergmolch „in vergleichsweise großen Beständen“ auf dem Hauptfriedhof etabliert, laichen aber auch gerne trotz senkrechter Wände im historischen Teich unterhalb der Trauerhalle.
Dabei dürften die von der BV Brackel bewilligten Gelder aus dem Etat-Topf der Vereins- und Kulturförderung so manchen Erfolg der Naturschützer erst ermöglicht haben: 3260 Euro flossen allein seit 2004 in die Arbeit der AGARD im Stadtbezirk. Nach der Nullnummer in 2009 (wegen der Haushaltssperre) waren es zuletzt 500 Euro in 2010. Dazu gab’s jetzt auch reichlich lobende Worte: Eine „sehr gute“ wie auch „wichtige Arbeit” bescheinigte Brackels Bezirksbürgermeister Karl-Heinz Czierpka den beiden AGARD-Aktiven. Heinz Heitland bedankte sich im Gegenzug artig speziell für die jüngste Förderung, dank der neue Nistkästen angeschafft werden konnten.
Die Erkenntnisse, die Herbert Stelzner und Heinz Heitland im Laufe der Jahre gewonnen haben, sind dabei durchaus widersprüchlich: Der Gesang der Nachtigall, die früher im verwilderten Wäldchen entlang der B1 brütete, verstummte schon vor drei Jahrzehnten für immer. Und mit dem Verschwinden seines Wirtsvogels, des Rohrsängers, in den 90er-Jahren verhallte auch der Ruf des Kuckucks, einst das Symbol des Frühlings. Und dass im neuen Jahrtausend auch Feldlerche und Waldohreule, ja selbst „Allerweltsvögel“ wie Haus- und Feldsperling vom Hauptfriedhof „total verschwunden sind”, das ist das weinende Auge der beiden Naturschützer Heinz Heitland und Herbert Stelzner.
Das andere Auge lacht. Denn stumm ist der Frühling heutzutage auf den 135 Hektar des Hauptfriedhofs allemal nicht, keine Spur von Friedhofsruhe! „Der Zaunkönig hat sich gut entwickelt”, ist der 73-jährige Heitland überaus stolz auf den Erfolg der AGARD-Aktion „Bodenbrüterschutz” an der Peripherie des Hauptfriedhofs. Und: 90 % der Nistkästen insgesamt seien besiedelt, freute sich Heitland, auch wenn er einräumen musste: „Nicht nur von Vögeln…“ Auch Kleinsäuger wie Scher- und Rötelmaus oder der Siebenschläfer, aber auch Wildbienen wissen das künstliche Dach über dem Kopf zu schätzen.
Und weil mittlerweile auch alte, sterbende Bäume auf dem Hauptfriedhof stehen bleiben dürfen, sofern dem die Verkehrssicherungspflicht nicht entgegen steht, fühlen sich auch Bunt- und Grünspecht sowie der Kleiber in den alten Baumbeständen des Hauptfriedhofs wohl. Der Mäusebussard nistet in alten Krähennestern. Und trotz schwindender Acker- und Freiflächen im Stadtbezirk Brackel, ergänzte Heitland, brüte der Turmfalke auch am Friedhofsrand in den Falken-Kästen, die in jedem dritten der dortigen Freileitungsmasten, aber auch an der Kirche Brackel aufgehängt wurden. Der Falke jage nur eben woanders, fliege zur Futtersuche durchaus auch 15 bis 20 Kilometer weit.
Sorgen bereitet Heitland und Stelzner aktuell eher der derzeit montags bis freitags von 7 bis 15 Uhr gestattete Kfz-Verkehr auf dem Hauptfriedhof. Trotz ihrer Warnwesten sei den beiden Naturschützern im Einsatz „fast die Leiter unter dem Hintern weggefahren” worden. Sie appellieren an die Friedhofsbesucher Gehbehinderte natürlich ausgenommen zur Grabpflege die kostenlos von der Friedhofsverwaltung zur Verfügung gestellten Elektrokarren zu nutzen. In der Pflanzzeit wird’s schwierig wegen der Nachfrage”, entgegnete indes Hauptfriedhofsleiter Detlev Hertwig und verwies zudem auf die Überalterung der Friedhofsbesucher.
Bleibt letztendlich nur die bange Frage, wer die wichtige Arbeit Heitlands und Stelzners auf dem Hauptfriedhof und im Stadtbezirk Brackel einmal weiterführen wird. Die beiden Brackeler Senioren sind Einzelkämpfer. Der ebenfalls dringend erwünschte Naturschützer-Nachwuchs blieb bislang aus, da helfen auch 200 Nistkästen nicht ...
Hintergrund-Infos:
Die Arbeitsgemeinschaft Amphibien und Reptilienschutz in Dortmund e.V. (AGARD) ist ein gemeinnütziger Mitgliedsverein in der nach § 29 BNatSchG anerkannten Landesgemeinschaft Naturschutz und Umwelt NRW e.V.
Ziele und Tätigkeiten sind der Schutz und die Erforschung von Natur und Landschaft im städtischen Ballungsraum und im Besonderen die Erforschung und der Schutz der einheimischen Amphibien und Reptilien in ihren Lebensräumen im Ruhrgebiet, speziell in Dortmund und Umgebung.
Zudem sieht der Verein seine Aufgaben auch in der Bildung eines Mitweltbewusstseins, der Beratung und Information der Öffentlichkeit.
Kontakt: AGARD Natur-schutzhaus im Westfalenpark, An der Buschmühle 3 (in der Nähe des Robinson-Spielplatzes), ( 12 85 90; E-Mail: naturschutz@agard.de; Internet: www.agard.de
Autor:Ralf K. Braun aus Dortmund-Ost |
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