Geschäftshaus am Westfalendamm 106-108 ist Dortmunds Denkmal des Monats Januar
Autohaus wird Automuseum

Der aus dem TV (u.a. "Die PS-Profis") bekannte Dortmunder Auto-Tuner Jean Pierre „JP“ Kraemer hofft, im Frühjahr 2021 sein Automobilmuseum zu eröffnen. Dessen Name „PACE“ (d.h. übersetzt „Tempo“ oder „Geschwindigkeit“) steht für „Performance and Car Education“. | Foto: Michael Holtkötter/Stadt Dortmund
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  • Der aus dem TV (u.a. "Die PS-Profis") bekannte Dortmunder Auto-Tuner Jean Pierre „JP“ Kraemer hofft, im Frühjahr 2021 sein Automobilmuseum zu eröffnen. Dessen Name „PACE“ (d.h. übersetzt „Tempo“ oder „Geschwindigkeit“) steht für „Performance and Car Education“.
  • Foto: Michael Holtkötter/Stadt Dortmund
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Eine Viertelmillion Menschen hatten am 16. Dezember 2020 nach nur 90 Minuten bereits das Video eines neuen, mit geschichtsträchtigen Autos bestückten Museums an der B1 auf einem YouTube-Kanal gesehen und zum Teil euphorisch kommentiert.

Eigentlich sollte der Museumsbetrieb zu diesem Zeitpunkt in dem 1961 eröffneten Autohaus am Rande der Oststadt bereits seit vier Wochen laufen, was allerdings die erforderlichen Regelungen um die Corona-Pandemie verhinderten. Die Neugier auf das Gebäude mit den historischen Fahrzeugen ist Grund genug, das alte Autohaus am Westfalendamm 106-108 als Dortmunder Denkmal des Monats Januar 2021 vorzustellen. Viele dürfte es noch als Citroën- und Nissan-Autohaus Auto Schrader kennen.

Der neue Eigentümer, der bekannte Auto-Tuner Jean Pierre „JP“ Kraemer (40), erwarb vor gut einem Jahr das ehemalige Autohaus an der Ecke Westfalendamm/Voßkuhle und erfüllte sich damit einen Kindheitstraum: "Viel lieber als die Autos, wollte ich schon als Kind das Autohaus kaufen." Er war in der Nähe aufgewachsen – und die Faszination für die Autos und das Haus blieb.

Veränderungen der Welt vor 60 Jahren

Als der Kaufmann Hans Wilke im Herbst 1961 sein Autohaus an der B1 eröffnete, war der jetzige Eigentümer noch gar nicht geboren. Die Welt befand sich im Umbruch. Der Kalte Krieg spitzte sich langsam zu. Auf vielen Gebieten bahnten sich neue Entwicklungen an: Mit Juri Gagarin war am 12. April der erste Mensch ins Weltall geflogen. Der junge amerikanische Präsident John F. Kennedy wurde zum Hoffnungsträger nicht nur der Amerikaner, seine Frau Jackie beeinflusste als Mode-Ikone den Kleidungsstil weltweit. Mit dem Bau der Berliner Mauer am 13. August schien der Bestand von zwei deutschen Staaten auf Dauer betoniert zu sein. Und die neue Fernsehsendung "Musik aus Studio B" und der Hamburger Star-Club eröffneten der Bevölkerung den Zugang zur internationalen Popmusik.

Das Statistische Bundesamt meldete für 1961 bereits rund 5 Millionen Pkw, eine Verdoppelung des Bestandes innerhalb von vier Jahren. Das Auto entwickelte sich einerseits allmählich zum Statussymbol, wurde aber andererseits auch zum notwendigen Vehikel für den Weg zur Arbeit.
Obwohl beim Wiederaufbau Deutschlands nach dem Zweiten Weltkrieg die Planer die Weichen für autogerechte Städte stellten, verstopfte der Individualverkehr zunehmend die Innenstädte. 1961 führte Kassel als erste Großstadt die Parkscheibe ein.

Mit rund 2 Millionen produzierter Autos im Jahr 1960 war Deutschland weltweit der drittgrößte Produzent. Neben vielen Gewinnern gab es auch Verlierer. So mussten die Bremer Borgward-Werke 1961 Konkurs anmelden. Neben den deutschen Modellen stieg die Nachfrage auch nach außerhalb Deutschlands produzierten Automarken, allen voran Italien und Frankreich. Hans Wilke nahm diese Tendenz auf und verkaufte in seinem Autohaus Wagen der Firmen Renault, Peugeot und Citroën.

"Auto-Super-Markt" in Neon-Buchstaben auf dem Dach

Größer als die Markennamen ließ der Inhaber die Bezeichnung "Autohaus Wilke" anbringen. Ganz oben auf dem Dach aber prangten abends die Neon-Buchstaben "AUTO-SUPER-MARKT". Was heute fremd klingt, galt damals als modern. Man kaufte seine Lebensmittel immer seltener im Tante-Emma-Laden, sondern im großzügig gestalteten Supermarkt mit vielfältigerem Warenangebot. Der erste große deutsche Supermarkt eröffnete 1957 in Köln. Die Entwicklung startete allerdings schon 1930 in der Nähe von New York, als man den weltweit ersten Supermarkt in einer alten Autowerkstatt eröffnete.

Ob Hans Wilke davon wusste, als er sich dafür entschied, sein Geschäft als Auto-Super-Markt zu bezeichnen, ist nicht überliefert. Er bot neben den französischen Neuwagen auch Gebrauchtwagen an und hatte dafür das zweite Obergeschoss reserviert. So wurde auch der Gebrauchtwagenkauf zum "gepflegten" Erlebnis.

Architekt Will Schwarz baut kantig statt kurvig

Das Autohaus betrat man über einen vorgelagerten eingeschossigen Pavillon auf schiefwinkligem Grundriss. Was wie eine Reminiszenz an die Architektur der 1950er-Jahre anmutet, war der Linienführung von Westfalendamm und einmündender Voßkuhle zu verdanken, die der Architekt Will Schwarz berücksichtigte.

Aus dem Pavillon führte der Weg in das eigentliche Geschäftshaus, das als dreigeschossiger Kubus mit einer Kantenlänge von circa 30 Metern errichtet wurde. Ein filigranes Raster aus schmalen Stahlstäben ist dem Stahlbeton-Skelettbau vorgelagert und ermöglicht die komplette Verglasung der Fassaden. Besonders stark wirkt die damit angestrebte elegante Ausstrahlung bei abendlicher Beleuchtung des Inneren.

Im Vergleich mit anderen zeitgleich in der Stadt errichteten Autohäusern zeigt sich das Haus am Westfalendamm bis heute, auch nach der Sanierung, fast unverändert. Es ist ein Teil der politischen, wirtschaftlichen und sozialen Stellung, die das Automobil in den 1950er- und frühen 1960er-Jahren des 20. Jahrhunderts in unserer Gesellschaft einnahm und macht damit den Denkmalwert aus.

Mit diesem Objekt veränderte der Architekt Will Schwarz (1907-1992) seine Formensprache. Bekannt war er bis dahin in Dortmund vor allem für seine Bauten zur Bundesgartenschau 1959, den Florianturm und das Park-Café, sowie für das Gesundheitsamt in der Innenstadt. Besonders die beiden letztgenannten Gebäude, 1959/1961 vollendet, zeigen mit ihren gekurvten Formen, bunten Mosaiken und integrierten Kunstwerken die heitere, eher verspielte Architekturauffassung der 50er-Jahre. Mit dem Autohaus Wilke begann auch Will Schwarz, den rationalistischeren, kantigeren Architekturtendenzen der 60er-Jahre zu folgen.

Warten auf das neue Automobil-Museum

Die Wahl einer Stahlbetonkonstruktion für das Autohaus erlaubte im Inneren weite und großzügige Ausstellungsräume. Notwendige Büro- und Gemeinschaftsräume hatte Schwarz an die Seite und in das zurückspringende Dachgeschoss verlagert, das sich hinter dem Schriftzug "AUTO-SUPER-MARKT" verbarg. Ein Auto-Lift brachte die Wagen in die oberen Geschosse.

Hans Wilke hatte den Bauplatz am Westfalendamm ganz bewusst gewählt. Die elegante und transparente Architektur war die beste Werbung an der vielbefahrenen Bundesstraße 1. Schnell wurde das Autohaus zur Landmarke mit hohem Wiedererkennungswert.

Vieles davon wird man im PACE Automobil Museum sehen können, das so oft angeklickte Video zeigt, wie sich der Eigentümer JP Kraemer die Eröffnung vorgestellt hat. „So sah meine Fantasie aus... Aber das dürfen wir im Moment nicht, was aber kein Problem ist, denn wir warten“, heißt es am Ende des Films.

Und speziell die Autoliebhaber freuen sich dann umso mehr, mit einem Spektrum vom Käfer bis hin zum Formel-1-Rennwagen in die Automobil- und Zeitgeschichte eintauchen zu können.

Autor:

Ralf K. Braun aus Dortmund-Ost

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