RAG Montan Immobilien: Letzte Fläche in Gneisenau-Süd verkauft // Projektgesellschaft kann abgewickelt werden
Erfolgsprojekt in Derne
70.000 Quadratmeter Nettogesamtfläche aus dem Bestand des RAG-Konzerns in Derne sind inzwischen offiziell vermarktet: Die RAG Montan Immobilien (RAG MI) hat das letzte Grundstück im Gewerbegebiet Gneisenau-Süd - schon Mitte letzten Jahres - an einen Dortmunder Elektronikgroßhandel veräußert.
Der Verkauf des rund 4.450 Quadratmeter großen Geländes markiert dabei den Abschluss eines erfolgreichen Kooperationsprojektes: Die 1996 von Stadt und RAG Montan Immobilien (damals: Montan Grundstücksgesellschaft mbH/MGG) eigens zur Erschließung dieser Teilfläche des ehemaligen Bergwerks Gneisenau gegründete Projektgesellschaft kann nun abgewickelt werden.
„Wir haben in Derne auf dem Gelände der ehemaligen Zeche und Kokerei Gneisenau gemeinsam mit der Stadt erstklassige Gewerbe- und Logistikflächen geschaffen“, resümiert Michael Kalthoff, Vorsitzender der Geschäftsführung der RAG MI: „Der Verkauf des letzten Grundstücks im Gewerbegebiet Gneisenau-Süd steht dabei für mehr als ein erfolgreiches Geschäft. Mit der Reaktivierung der gesamten, rund 60 Hektar großen Zechenbrache im Dortmunder Nordosten hat die RAG Montan Immobilien vor allem zukunftsfähigen Raum in einem Ortsteil entwickelt, für den der Wegfall des Bergbaus und der nachfolgende Strukturwandel enorme Herausforderungen waren und sind.“
Das Gewerbegebiet Gneisenau-Süd war - als Teilbereich des gesamten Stadtquartiers - 2002 eröffnet worden. In weniger als zwei Jahren hatte die RAG MI für Sanierung und Erschließung dieser sieben Hektar großen Teilfläche des ehemaligen Zechenareals rund 7.000 Kubikmeter Beton und Mauerwerk abgebrochen, zirka 160.000 Tonnen Boden aufgenommen und wieder eingebaut sowie rund 19.000 Tonnen Boden entsorgt und neu angeliefert. Zudem wurden etwa 1.300 Meter neue Gas- und Wasserleitungen sowie rund 4.300 Meter Stromkabel verlegt.
Alles in allem Investitionen mit einem Gesamtvolumen von rund 6,8 Millionen Euro. 3,6 Millionen Euro davon waren Fördermittel des Landes NRW sowie der Europäischen Union. Die RAG MI beteiligte sich mit 3,2 Millionen Euro. Weitere 2,2 Millionen Euro wendete die Stadt Dortmund zusätzlich für den Kanalbau auf.
Marco Nerger, Vertriebler im Geschäftsbereich Entwicklung der RAG MI: „Mit dem Gewerbegebiet Gneisenau-Süd und dank des Engagements der Projektgesellschaft Gneisenau ist neues wirtschaftliches Leben auf die ehemalige Bergbaufläche in Derne gezogen. Ein wichtiger Impuls für die erfolgreiche Vermarktung der Grundstücke war die optimale verkehrstechnische Anbindung des Geländes an die B236 und damit an die Verkehrsachsen A1 und A2 nach Fertigstellung der Gneisenauallee im Jahr 2012, die die RAG Montan Immobilien vorfinanzierte. Mit dem erfolgreichen Abschluss der Flächenvermarktung hat die Projektgesellschaft ihren Auftrag nun erfüllt.“
Insgesamt 34 orts- und stadtteilgebundene Gewerbebetriebe unter anderem aus den Bereichen Elektro, Sanitär, Haustechnik, Kfz, Maschinenbau, Sicherheitstechnik, Garten- und Landschaftsbau sowie Medien haben sich seit 2002 auf Grundstücken von 1.000 bis 8.000 Quadratmetern Größe entlang der Gneisenauallee angesiedelt.
Für Derne bedeutet diese positive Entwicklung in den vergangenen Jahren schätzungsweise 300 neue Arbeitsplätze allein in dem südlichen Gewerbebereich von Gneisenau.
Umfangreiches Stadtentwicklungskonzept
Das Gewerbegebiet ist dabei nur ein Baustein des umfangreichen Stadtentwicklungskonzeptes auf der Montanbrache inmitten Dernes. Das ambitionierte Ziel von Stadt und RAG MI war es, ein zukunftsfähiges Quartier zu schaffen, das die Bereiche Leben, Wohnen, Arbeiten, Freizeit und Erholung optimal miteinander verbindet.
Neben Gneisenau-Süd wurden auf dem Gelände des ehemaligen Bergwerks eine neun Hektar große Logistikfläche, ein Nahversorgungszentrum mit Supermärkten, Drogerie, Bäcker, Sparkassen-Filiale und Dienstleistern sowie ein Stadtteilpark und gestaltete Grünflächen realisiert.
Das Konzept integriert zudem moderne Wohnbebauung – insgesamt 63 Doppel-, Reihen- und Einzelhäuser, von denen die letzten derzeit fertiggestellt werden. Sie wurden u.a. auf dem ehemaligen Sportplatz der Zeche errichtet.
Ein Erfolgsprojekt durch und durch, resümiert Michael Lenkeit von der Wirtschaftsförderung Dortmund: „Auf dem Areal des ehemaligen Bergwerks Gneisenau ist es uns gelungen, aus einem Brownfield einen florierenden Gewerbe-, Handels- und Logistikstandort zu machen. Mit den Neuansiedlungen sind auf dem gesamten Zechengelände über 1.200 Arbeitsplätze entstanden – und das über alle Qualifizierungsstufen hinweg. Die Reaktivierung der Fläche gibt dem Quartier eine neue wirtschaftliche Basis, von der letztlich die ganze Stadt profitiert."
Darüber hinaus haben, so Lenkeit, Freizeitmöglichkeiten wie der Stadtteilpark die Aufenthalts- und Lebensqualität deutlich erhöht. Besonders betont er, dass das Nahversorgungsgebiet Derner Mitte mit einem Übergang zu den beiden denkmalgeschützten Fördergerüsten, die für die Identität des Standortes von Bedeutung sind, hierdurch an Attraktivität gewinne.
Auch Dortmunds ehemaliger OB Ullrich Sierau, der bereits als Planungsdezernent in das Vorhaben eingebunden war, ist überzeugt: „In enger Kooperation ist auf dem ehemaligen Gneisenau-Gelände ein neues, modernes Stadtquartier entstanden. Im Umfeld des früheren, inzwischen denkmalgeschützten Schachtgerüsts der Zeche als historischer Landmarke gibt es nun Gewerbe- und Logistikflächen, Einkaufs- und Dienstleitungsangebote sowie attraktive Freizeitmöglichkeiten inklusive Stadtteilpark für die Bürgerinnen und Bürger Dernes. Aus der Zechenbrache wurde ein Stadtquartier, das die Identität des Stadtteils im Blick behalten hat und parallel die Lebensqualität in Derne steigerte. So wurde ein erheblicher Beitrag zur kontinuierlichen Aufwertung des Dortmunder Nordens geleistet. Ein Strukturplan wird nun die weiteren Leitlinien für die Weiterentwicklung Dernes und des Gneisenau-Geländes festschreiben.“
Entwicklung im Einklang mit Industriedenkmalen
Dies war im August vom Verwaltungsvorstand der Stadt beschlossen worden, um die abschließende Entwicklung des Bergwerksgeländes zu erleichtern und um eine Stadtteilentwicklung im Einklang mit den Industriedenkmalen festzuschreiben.
„Potenziale“, so die Begründung, bestünden neben der funktionalen Einbindung der unter Denkmalschutz stehenden Industriebauten unter anderem noch im Ausbau von Fuß- und Radwegeverbindungen. Bereits im März dieses Jahres hatte es dazu einen Workshop unter Federführung des Amtes für Stadterneuerung gegeben, an dem neben Vertretern der Stadt und der Stiftung Industriedenkmalpflege und Geschichtskultur als Eignerin der Denkmale auch die RAG MI beteiligt war. Michael Kalthoff: „Uns ist sehr daran gelegen, die Umsetzung auch dieses letzten Bausteins im Rahmen der Gesamterschließung des Geländes aktiv zu begleiten und zu unterstützen.“
Drei Flächen stehen noch zur Erschließung aus
Insgesamt drei Flächen, „zwei kleinere Restflächen“ und der Bereich der ehemaligen Zentralwerkstatt, so Marco Nerger, stehen auf Gneisenau derzeit noch zur Erschließung aus: Für eine 7.500 Quadratmeter große Fläche zwischen den beiden Fördergerüsten gebe es keine fixierte Nutzung im Bebauungsplan: „Hier gilt es, unsere Wünsche, die Wünsche der Stadt und die Anliegen der Industriedenkmalstiftung in Einklang zu bringen“.
Darauf hofft auch Ursula Mehrfeld, Geschäftsführerin der Stiftung Industriedenkmalpflege und Geschichtskultur: „Die Industriedenkmale der Zeche Gneisenau sind für den Stadtteil Derne und das gesamte Gebiet mit all seinen Neuansiedlungen prägend und identitätsstiftend. Die angesiedelten Firmen nutzen diese faszinierende Kulisse gerne für ihre Werbezwecke. Leider ist die Zukunft der Denkmale, die wir durch Übernahme ins Eigentum vor dem Abriss bewahrt haben, noch offen. Ich hoffe sehr, dass es gelingen wird, sie in das künftige Stadtteilkonzept einzubinden und die Entwicklung in unserem und vor allem im Sinne der Stadtteilbewohner zu einem erfolgreichen Abschluss zu bringen.“
Noch 3000 m² Nutzfläche nahe der Fördertürme
Ebenfalls unmittelbar im Bereich der historischen Bestandsgebäude stehen weitere 3.000 Quadratmeter Nutzfläche zur Verfügung. Marco Nerger: „Dieses Gelände könnten wir durch den Ankauf ergänzender kleinerer Flächen, die sich derzeit in Fremdbesitz befinden, noch einmal erweitern. Hier wäre eine mehrgeschossige Bebauung, etwa ein Ärzte- oder Geschäftshaus denkbar.“
Konkrete Pläne schließlich gibt es bereits für das rund neun Hektar große Gelände der ehemaligen Zentralwerkstatt an der Derner Straße. „Hier gehen wir demnächst fünf Hektar im südlichen Teil für die gewerbliche Entwicklung an.“
Gneisenau ist also bereit für die weitere Zukunft.
BERGBAUARCHITEKTUR
Gleich zwei Landmarken prägen das Gelände des ehemaligen Bergwerks Gneisenau in Dortmund-Derne: Der nach dem belgischen Konstrukteur Eugen Tomson benannte Tomson-Bock über Schacht 2 ist das älteste erhaltene stählerne Fördergerüst des Ruhrgebiets.
Tomson war als Direktor der Bergwerksgesellschaft Gneisenau maßgeblich am wirtschaftlichen Erfolg der Zeche beteiligt; nicht zuletzt, da das von ihm entwickelte Strebengerüst, das bis auf eine Höhe von 13 Metern von der Schachthalle umhaust wird, einen einfachen Zugang zum Schacht möglich machte.
Außergewöhnlich ist auch das zweigeschossige Turmgerüst über Schacht 4: Da die beiden Maschinenhäuser aufgrund von Platzmangel extrem nah am Fördergerüst errichtet werden mussten, wurden die Streben des Doppelbocks nahezu senkrecht in den Boden getrieben. Die beiden Zwillingsdampffördermaschinen wiederum platzierten die Konstrukteure mit Blick auf einen effizienten Seilneigungswinkel ins erste Obergeschoss der Maschinenhäuser.
Denkmäler und Bestandsgebäude befinden sich seit 1997 in der Obhut der Stiftung Industriedenkmalpflege und Geschichtskultur.
Vor Ort aktiv ist in deren Auftrag seit 2004 der Verein Förderkreis Zechenkultur Gneisenau e.V. (früher: Knappenverein Glück-Auf Gneisenau-Hostedde 1896).
Der Verein nutzt das nördliche Fördermaschinenhaus Schacht 4 und das Notmaschinenhaus und organisiert neben der Pflege des baulichen Bestandes auch Veranstaltungen vor Ort.
Die letzte „bergbauspezifische Nutzung“ auf dem Gelände obliegt der Essener Minegas GmbH, die seit 2006 auf einem mittlerweile ebenfalls der Industriedenkmalstiftung zugesprochenen Gelände ein Blockheizkraftwerk mit Grubengas betreibt. Drei Gasmotor-Generatoren erzeugen hier Strom, der in das Dortmunder Netz eingespeist wird.
HISTORISCHE MEILENSTEINE
1873: erste Abteufarbeiten auf der Zeche Gneisenau; starke Wasserzuflüsse verzögern die reguläre Förderung
1886: erste Kohleförderung auf der Schachtanlage Gneisenau
1890: Inbetriebnahme der Kokerei
1891: die Harpener Bergbau-AG übernimmt Gneisenau
1927/28: Inbetriebnahme einer neuen, modernen Großkokerei
1931: Zusammenlegung mit dem Steinkohlenbergwerk Scharnhorst
1934: Förderung erfolgt ausschließlich über den Zentralförderschacht 4
1974: Gneisenau ist eine der größten Schachtanlagen in Europa mit 6.300 Bergleuten und einer Jahresproduktion von 4,2 Mio. Tonnen
1985: Stilllegung der Zeche Gneisenau
1989: Stilllegung der Zentralkokerei
1990: Stilllegung des Zechenkraftwerkes
1996: Gründung Projektgesellschaft Gneisenau
2006: Realisierung Einzelhandelszentrum und Dienstleistungsriegel
2008: Fertigstellung Stadtteilpark I
2012: Eröffnung der Gneisenauallee
2013: Eröffnung Stadtteilpark II
2014: Fertigstellung Landschaftsbauwerk mit Himmelsschaukel
2014: Vermarktungsauftakt Wohngebiet „Wohnen am Stadtteilpark Derne“
2015: Abschluss Vermarktung Logistikfläche
2017: Vermarktungsauftakt Wohngebiet „Wohnen am Hochzeitswald Derne“ an der Kornblumenstraße
2019: Abschluss Vermarktung „Wohnen am Stadtteilpark Derne“
2020: Abschluss Vermarktung Gewerbegebiet Gneisenau-Süd
2020: Spatenstich Kindergarten Kornblumenstraße 8
2020: Strukturplan Dortmund-Derne
2021: Straßenendausbau Kornblumenstraße und Christine-Teusch-Bogen.
Autor:Ralf K. Braun aus Dortmund-Ost |
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