Tote Hose auf dem Strich

Zufrieden zogen Stadt, Polizei und Eigentümer eine erste Zwischenbilanz nach dem Dortmund jetzt seit Wochen komplett Sperrbezirk ist. „Wo sind sie geblieben?“, die hunderte Straßenprostituierten, die zuvor an der Ravensberger Straße anschafften. Diese Frage kann trotz positiver Bilanz nach sechs Wochen niemand beantworten. Das Verbot der Straßenprostitution in der gesamten Stadt sei wohl nicht der ganz falsche Weg gewesen, meint Oberbürgermeister Ullrich Sierau. „Die Dinge, die dort beklagt worden sind, wurden deutlich abgestellt“, sagt er zu der Entwicklung.
Nicht nur in der Ravensberger Straße sei tote Hose, sondern im gesamten Sperrbezirk.
Einig ist sich die Stadtspitze mit der Polizei, dass die Bilanz positiv sei, doch sei abzuwarten, wie es weiter gehe.
„Die Sperrbezirksverordnung wird eingehalten. Das bewährt sich, aber für Konsequenzen ist es noch zu früh“, fordert Polizeipräsident Hans Schulze Geduld. „Die vielen Kontrollen werden wir weiter in der Nordstadt durchziehen“, so Schulze, „denn Nachhaltigkeit braucht Zeit.“
„Vereinzelt seien in der Nordstadt 20 bis 25 drogenabhängige Prostituierte anzutreffen, die ihre Sucht so finanzieren“, berichtet seine Kollegin Claudia Kretschmann-Schepanski von den täglichen Einsätzen der 45-köpfigen Task Force, die als Kooperation von Stadt und Polizei im Einsatz ist.
Annette Düsterhaus, Leiterin des Gesundheitsamtes relativiert das: In Dortmund leben rund 5000 Menschen, die illegale Drogen nehmen, 3000 davon sind heroinabhängig, 1500 substituiert. Einige der süchtigen Frauen, die in der Nordstadt anschaffen gehen, haben bis zu zehn Therapien und bis zu 20 Entgiftungen hinter sich. Ihr Gesundheitszustand sei verheerend.
Wichtig: „Es hat keine Verdrängung der Prostitution stattgefunden. Nur selten sind Freier anzutreffen, die gegen das Kontaktaufnahmeverbot verstoßen“, fügt sie hinzu.
54 Straftaten bei hartnäckigen Zuwiderhandlungen zählten ihre Kollegen bis heute. Tendenz fallend.
Dafür zählte die Polizei in den sechs Wochen allein 76 Straftaten im Zusammenhang mit Drogen in der Nordstadt. „Wirt sind da sehr wachsam“, betont dazu der Polizeipräsident. Das Geschäft sei für die Dealer wegen der ständigen Kontrollen schwieriger geworden, meint Schulze. Doch er gibt auch offen zu: „Die Meinung, man könnte die Drogenproblematik aus der Nordstadt verbannen, ist eine völlige Illusion.“
Das sei keine Verdrängung von drogenkranken Prostituierten, meint der Oberbürgermeister. „Die waren auch schon vorher in der Nordstadt und das bekommen wir auch so schnell nicht behoben.“ Und er kündigt an: „Das Problem mit dem Dealen haben wir nach wie vor. Das wird Konsequenzen haben.“
Rund um die Uhr führt die Task Force in der Nordstadt Kontrollen durch. Die Bilanz : 380 Platzverweise, 170 Prostituierte belehrt , 27 Ingewahrsamnahmen, 43 Anzeigen wegen Ordnungswidrigkeiten sowie 23 Strafanzeigen in sieben Wochen. „Die Kollegen und auch die Polizei leisten hervorragende Arbeit“, zieht Ordnungsamtsleiter Ingo Moldenhauer ein erstes Fazit. Bei dem Einsätzen in Problemhäusern habe es keinen Fall von Kindsgefährdung, Seuchengefahr oder Räumung gegeben.
„Wenn mir vor einem Jahr jemand gesagt hätte, im Sommer 2011 wir haben wir Ruhe vor der Haustür, hätte ich es nicht geglaubt, aber es ist so“, berichtet Joachim Brune, ein Gewerbetreibender äußerst zufrieden aus der Nordstadt. Und Thorsten Stumm fügt hinzu: „Für die Anwohner ist Normalität zurück gekehrt. Die Spielplätze sind nicht mehr mit Kondomen zugemüllt.“
„Die Stimmung ist unter den Eigentümern so gut, wie lange nicht mehr“, weiß Christian Schmidt von anderen Vermietern. An der Kreuzung Mallinckrodt-/Schützenstraße ist zu sehen, dass Eigentümer wieder im Stadtteil investieren.
„An der Linienstraße ist es, wie immer“, gibt Jutta Geißler-Hehlke von der Mitternachtsmission Einblick in die Prostituierten-Szene. Nur zehn Frauen vom Straßenstrich seien hierhin abgewandert. „In den 34 Nordstadtkneipen, zu denen enger Kontakt bestehe, achten die Wirte darauf, dass keine Sex-Geschäfte angebahnt werden. „Wo die Frauen geblieben sind, wissen wir nicht. Vielleicht warten sie erst mal ab“, sagt sie.
Nur 25 Frauen haben ihre Kober-Streetwork-Kolleginnen angetroffen. „Die meisten davon am Schleswiger Platz und an der Mallinckrodt- und Bornstraße waren Bulgarinnen“, berichtet sie. Sie vermutet, dass die Frauen vom Straßenstrich immer noch in der Nordstadt sind, nur nicht mehr so sichtbar, da sie in ihren Wohnungen arbeiten. (AG)

Autor:

Lokalkompass Dortmund-Nord aus Dortmund-Nord

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