Mamas Liebling (20)
Es war soweit: Der erste Kindergarten-Tag! Die Frage, wer aufgeregter war - Mama oder Kind - ließ sich leicht beantworten: Mama hatte vor lauter Nervosität nicht geschlafen und gegessen, während das Kind voller Vorfreude seinen Mini-Rucksack packte und es kaum erwarten konnte.
Während man uns seinerzeit ja einfach im Kindergarten „ablieferte“ und uns mutterseelenallein seinem Schicksal überließ, haben es die Kleinen dank des „Berliner Modells“ heute leichter. Mama ist in der ersten Phase mit dabei. So lange, bis das Kind Vertrauen zu der Erzieherin und der neuen Situation hat. Und obwohl ich das Modell theoretisch wunderbar fand, stellte es meine Geduld auf eine harte Probe. Mamas Liebling hing nämlich einige Tage lang förmlich an meinem Bein und ließ mich nicht mal kurz „für Mamas“ gehen. Zwar beobachtete sie neugierig alles um sich herum - aber wehe, Mama entfernte sich auch nur einen Meter. Und so beschlich mich das leise Gefühl, dass der nahende „erste Abschied“ nicht leicht werden würde. Und auch Zweifel am „Berliner Modell“ nagten an mir. Wäre ein „aprupter Abschied“ nicht vielleicht doch besser gewesen als so ein lang gezogenes „Auf Wiedersehen“? Ich war auf dem Weg zum Nervenbündel.
Und dann war es soweit. Nachdem mein Liebling mich ohne Protest im Nebenraum ein Buch lesen ließ, gab mir die Erzieherin das Zeichen, mich zu verabschieden. Gesagt, getan, und Mutti verließ danach fluchtartig den Ort des Geschehens. „Bloß nicht noch mal umsehen“, hatte der Rat von erfahrenen Mamas geheißen. Dann begann die längste Stunde meines Lebens. Ich wartete - zuerst vor dem Kindergarten, dann zuhause - in voller Montur auf den Anruf, dass mein Kind sich die Lunge aus dem Hals schrie und ich bitte sofort kommen solle. Zwischen Abschiedsschmerz, fiesen „Ich-bin-eine-gemeine-Rabenmutter-Gefühlen“, Angst und Hoffnung verbrachte ich die nächsten 60 Minuten mit Telefon in der schwitzigen Hand und wusste nichts mit mir anzufangen. So viel zum Thema „Endlich Freiheit!“…
Dann die Erlösung: Ich durfte endlich zu meinem Liebling zurück! Und meine Süße spielte tatsächlich seelig. Und hatte nicht mal geweint! (Im Gegensatz zu Mama, wie ich ehrlich zugebe.) Nur ein paar Mal geschluckt und dann tapfer weiter gemacht. Ich war stolz wie Bolle! Und mein Liebling auch. Stolz und glücklich.
Ich weiß, es wird noch ein weiter Weg, bis wir beide komplett an den neuen Lebensabschnitt gewöhnt sind, aber ich bin guter Dinge. So ein schöner Start lässt doch hoffen. Und was das „Berliner Modell“ angeht: Ist eben doch nicht alles schlecht, was aus Berlin kommt…
Autor:Daniela Hoppes aus Datteln |
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