Kraftwerkgegner fordern Schlussstrich unter Bauvorhaben in Lünen und Datteln
Vier Jahre nach Beginn der Auseinandersetzungen um die geplanten und inzwischen weitgehend fertiggestellten Steinkohlekraftwerke in Lünen und Datteln fordern der BUND und die Bürgerinitiative Kontra Kohlekraftwerk (BI- KKK) die Betreiber Trianel und E.on auf, von den Vorhaben Abstand zu nehmen.
Nach den erfolgreichen Klagen des BUND verfüge nun keines der Kraftwerke über die erforderlichen Genehmigungen.
Mit dem Trianel-Urteil (Aktenzeichen: 8 D 58/08.AK) des 8. Senats des Oberverwaltungsgerichts Münster vom 1. Dezember 2011 sei nach Auffassung des BUND die erste Phase des juristischen Streits um den Bau neuer Kohlekraftwerke in der Lippe-Region abgeschlossen. Nachdem sich die Beteiligung der Öffentlichkeit in den Genehmigungsverfahren als Farce entpuppt habe und die zuständigen Bezirksregierungen die Einwände des BUND größtenteils ignoriert hätten, sah sich der BUND als letztes Mittel zur Klage gegen die rechtswidrigen Genehmigungen gezwungen. Der BUND bewerte die Klagen gegen die Kraftwerke Lünen, Datteln und Herne als wegweisend. Die „geradezu revolutionären“ Urteile hätten die Anforderungen an eine faire planungsrechtliche Gewichtung der verschiedenen Belange, insbesondere des Naturschutzes und des Schutzes der Anwohner, gestärkt. Das vor dem Europäischen Gerichtshof erstrittene Urteil zum Klagerecht des BUND und aller anderen Naturschutzverbände hätte weitere Rechtsgeschichte geschrieben.
„Die Urteile sind klare Signale der Gerichte an Politik und Industrie, dass auch das Schaffen voreiliger Fakten und die Größe der Investitionen die Vorhaben nicht außerhalb des Rechts stellen“, sagt Dr. Thomas Krämerkämper, Kraftwerksexperte des BUND. Gesetzgeber müsse sich zudem die Frage stellen, ob der so genannte sofortige Vollzug, also der Baubeginn trotz fehlender bestandskräftiger Genehmigungen, nicht abgeschafft werden müsse.
Unterm Strich hätten die Kraftwerksurteile aber nicht nur wichtige rechtliche Fragen geklärt, sondern seien vor allem ein Gewinn für Mensch und Umwelt. Thomas Matthée, Sprecher der BI KKK aus Lünen: „Viele Lüner Bürger haben durch ihre Spendenbereitschaft zu diesem Erfolg beigetragen. Sie sind die eigentlichen Gewinner. Der Trianel-Prozess hat klar gezeigt: Lünen und Umgebung sind durch industrielle Schadstoffe bereits erheblich belastet. Trianel war deswegen bereit, die Schadstoffkonzentrationen zu senken und die Jahresbetriebsstunden des Kraftwerks um 15 Prozent zu verringern. Aber selbst das reichte nicht aus.“ Das Oberverwaltungsgericht habe der Bezirksregierung Arnsberg zudem ins Stammbuch geschrieben, dass im April dieses Jahres auch die Aurubis-Recyling-Anlagenerweiterung nicht hätte genehmigt werden dürfen.
BUND und Bürgerinitiativen blicken hoffnungsfroh ins neue Jahr und sehen den weiteren Entscheidungen gelassen entgegen. Jetzt sei zunehmend auch die Politik gefordert, die sich nicht länger hinter den Klägern und den Gerichten verstecken könne.
Nachdem bereits alle immissionsschutzrechtlichen Genehmigungen für das E.on-Kraftwerk Datteln aufgrund der BUND-Klage für rechtswidrig erklärt werden mussten, fehle jetzt nur noch das offizielle Ende durch die gerichtliche Aufhebung des Vorbescheides und der Teilgenehmigungen. Am Ende des Regionalplanänderungsverfahren für den Kraftwerksbau können wegen entgegen stehender landesplanerischer Belange nur das endgültige Aus für diesen Kohlemeiler stehen. Das Trianel-Urteil habe gezeigt, dass die Region keine weiteren Belastungen verkraften könne. Deshalb müsse der Regionalverband Ruhr entsprechend entscheiden.
Auch in Lünen werde der Rechtsstreit um das Trianel-Kohlekraftwerk wohl weitergehen. Zum einen stehe eine Entscheidung über die BUND-Klage gegen die wasserrechtliche Genehmigung an. Zum anderen sei zu erwarten, dass Trianel einen neuen immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsanlauf versuchen werde. In beiden Verfahren sehe sich der BUND jedoch mit seiner Ansicht im Recht, dass eine Umweltverträglichkeit aufgrund zu hoher Vorbelastungen nicht gegeben sei.
Daneben wird im NRW-Landtag im Januar das Landesklimaschutzgesetz beraten. Dieses sieht das verbindliche Ziel einer mindestens 80 prozentigen Senkung der CO2-Emissionen bis 2050 vor. Parallel dazu sollen ein neuer Landesentwicklungsplan und ein Klimaschutzplan auf den Weg gebracht werden. Beide Planungungen werden die Belange des Umwelt- und Klimaschutzes stärker gewichten müssen. „Unterm Strich rückt damit das Ende des Kohlezeitalters mit seinen gewaltigen Emissionen in Nordrhein-Westfalen deutlich näher“, so das Fazit von BUND und Bürgerinitiativen.
Autor:Lokalkompass Datteln aus Datteln |
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