"Ullas kleine Welt": Ulla Nobialek führt die Trinkhalle auf Schwerin

Seit 2013 steht Ulla Nobialek in der Trinkhalle am Ginsterweg hinter dem Tresen.
  • Seit 2013 steht Ulla Nobialek in der Trinkhalle am Ginsterweg hinter dem Tresen.
  • hochgeladen von Vera Demuth

„Man wird direkt vereinnahmt und darf sich nicht zurückziehen. Sonst hat man verloren“, hat Ulla Nobialek erfahren. Aber genau auf diese Akzeptanz bei den Kunden und den Nachbarn in der ehemaligen Bergmannssiedlung hatte sie natürlich gehofft, als sie 2013 den Kiosk am Ginsterweg 29d auf Schwerin übernahm, den sie „UKW – Ullas kleine Welt“ genannt hat.

„Die Gegend gefiel mir“, erzählt sie, und auch das Seniorenheim nebenan sowie die Bushaltestelle vor der Tür seien ausschlaggebend dafür gewesen, sich für diesen Kiosk zu entscheiden. „So etwas muss zwangsläufig da sein“, sagt die 61-Jährige, die zuvor im Büro und in der Buchhaltung gearbeitet hat, mit kaufmännischem Blick. „Oder eine Schule.“
Bei ihrer Entscheidung hat sie auch darauf gesetzt, dass nicht alle Menschen in der Siedlung mobil genug sind, zu den Geschäften am Neuroder Platz zu laufen. Bis zu einem gewissen Grad ist der Plan aufgegangen, „aber dass dort Edeka und Lidl sind, merkt man schon“, so Ulla Nobialek.

Wasserballons für Kinder

Etwa 85 Prozent ihrer Kundschaft seien Stammkunden, schätzt sie. Hat jemand einen Wunsch, versucht sie, diesen zu erfüllen, sofern sie glaubt, dass die Ware laufen könnte. Zuversichtlich ist sie bei den Wasserballons, die sich einige Kinder gewünscht haben. Deswegen wird sie diese demnächst anbieten.
Inmitten einer ehemaligen Bergmannssiedlung ist ein Kiosk natürlich auch stets ein Treffpunkt. „Man ist Kummerkasten-Tante und Beichtstuhl. Das gehört dazu“, sagt Ulla Nobialek. Zum Beispiel vertraut man ihr Beziehungs- und Geldprobleme an.

Hilfe bei Notfällen

Und auch bei Notfällen wird sie um Hilfe gebeten. So hat sie schon einen blutenden Finger versorgt, „und einmal hat mir jemand Palmensamen gebracht, damit ich sie zum Wachsen bringe“. Diese Bitte kommt aber nicht von ungefähr, denn die 61-Jährige hat in ihrem Kiosk neben einem Regal mit Pflanzen zwei Terrarien stehen, in denen sie Kohlerien und Drehfrüchte zieht. „Hier ist mehr Platz als zu Hause“, erzählt sie mit einem Schmunzeln.
Ganz allein steht Ulla Nobialek in dem Kiosk. Deswegen hat sie die ursprünglichen Öffnungszeiten von 7 bis 21 Uhr auch bald aufgegeben. „Ich war platt“, erinnert sie sich. Jetzt hat sie montags bis freitags von 7 bis 9 Uhr, samstags und sonntags von 8 bis 10 Uhr sowie an allen Tagen von 15 bis 21 Uhr geöffnet. Die Zwischenzeit nutzt sie, um einzukaufen und eine kurze Pause einzulegen. „Damit habe ich für mich eine Lösung gefunden, um ein bisschen regenerieren zu können.“

1. Tag der Trinkhallen

Für den 1. Tag der Trinkhallen am 20. August hat sie sich beworben, „damit in der Nachbarschaft mal was los ist“, erzählt sie, denn sie habe schon zuvor überlegt, wie sie mit anderen zusammen ein Straßenfest auf die Beine stellen könnte. An dem Aktionstag wird es musikalisch zugehen, denn während sie den 1. Bataillonsspielmannszug des BSV Obercastrop 1564 engagiert hat, plant die Ruhr Tourismus GmbH den Auftritt eines DJs. „Ich hoffe auf eine gute Mischung für jüngere und ältere Besucher“, freut sich Ulla Nobialek.

Mythos Bude

Aus dem Stadtbild sind sie bis heute nicht wegzudenken, auch wenn es sie nicht mehr in so großer Zahl gibt wie vor einigen Jahrzehnten: Kioske, Trinkhallen und Buden. Ursprünglich zu Beginn der Industrialisierung als Verkaufsstelle für Mineralwasser entstanden, dienen sie schon seit Langem dazu, sich mal eben eine Schachtel Zigaretten, etwas Süßes oder eine Zeitschrift zu kaufen oder einfach nur ein paar Worte zu quatschen. Den Mythos Bude als Ort für Gelegenheitskäufe und als sozialem Treffpunkt feiert die Ruhr Tourismus GmbH mit einem Jahr der Trinkhalle, dessen zentrale Veranstaltung am 20. August der 1. Tag der Trinkhallen ist. Aus diesem Anlass stellt der Stadtanzeiger in der Reihe „Kioskgeschichten“ die fünf Castrop-Rauxeler Buden vor, die sich um eine Teilnahme beworben haben.

Die übrigen Portraits lesen Sie hier:

Markt-Kiosk
Kiosk an der Pallasstraße
BonBonBude
Lotto Tabak Presse Obercastrop

Autor:

Vera Demuth aus Bochum

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