In Obercastrop verwurzelt: Annahmestelle ist Treffpunkt für den Stadtteil
Bude ist nicht gleich Bude, und nicht jeder scheinbare Kiosk ist tatsächlich ein Kiosk. Dies gilt für den Laden Lotto Tabak Presse Obercastrop an der Bochumer Straße 80, den wir in Teil 5 unserer Reihe „Kioskgeschichten“ vorstellen. Dessen Betreiber – Inhaber Martin Janicki und Annahmestellenleiter Andreas Dornieden – legen Wert darauf, dass ihr Unternehmen eine Annahmestelle ist.
„Bei uns gibt es keine Bömskes und keine gemischte Tüte. Das ist der Unterschied zu einem Kiosk“, verdeutlicht Janicki. „Es wäre vielleicht anders, wenn die Grundschule Grüner Weg nicht geschlossen wäre.“ Doch so sei der Altersdurchschnitt der Kunden deutlich höher, erklärt der Inhaber.
Seit Januar 2015 betreiben Martin Janicki und Andreas Dornieden, beide Anfang 30, das Geschäft in Obercastrop, dessen vorheriger Besitzer ein Klassenkamerad von ihnen war. Ihre Verwurzelung in dem Stadtteil, die sich auch in dem großen Erinturm-Aufkleber auf dem Schaufenster niederschlägt, war ein Hauptbeweggrund für die beiden, den Laden zu übernehmen. „Wir wohnen in der Nähe, wir sind beide beim SV Wacker Obercastrop, und wir kennen hier jeden in unserer Generation“, erklärt Dornieden.
Unterstützung erhalten sie von der „guten Seele“ Marion Pleuger, die früher in den „Zunftstuben“ auf der anderen Straßenseite arbeitete. „Wir kennen die Kunden, sie kennt deren Eltern“, sagt Dornieden und schätzt den Anteil der Stammkunden auf 85 bis 90 Prozent.
1. Tag der Trinkhallen
Aber auch wenn sich Janicki und Dornieden nicht als Kioskbetreiber ansehen, haben sie sich trotzdem für den 1. Tag der Trinkhallen am 20. August beworben, und schon seit Wochen prangt der Aufkleber „Bin dabei!“ an ihrem Schaufenster. „Wir finden die Idee sehr gut und wollen mitfeiern“, sagt Dornieden. Zwar hat die Ruhr Tourismus GmbH sie nicht ausgewählt, aber nichtsdestotrotz ist ein Programm geplant, denn „wir sind ja fast verpflichtet, mit den anderen Bewerbern in Castrop-Rauxel solidarisch zu sein“.
Treffpunkt für den Stadtteil
Hauptargument bei ihrer Bewerbung war, dass die Lotto-Annahmestelle ein Treffpunkt für den Stadtteil darstellt. Was das angeht, steht der Laden also definitiv in einer Reihe mit vielen Trinkhallen, die bis heute auch eine soziale Funktion erfüllen. „Ich kann über die meisten Krankheiten etwas erzählen“, macht Andreas Dornieden deutlich, dass er für so manchen Kunden mehr als nur der Verkäufer ist. Auch Obercastroper Klatsch und das Thema Fußball kommen zur Sprache.
„Manche sagen auch nur mal Hallo“, erzählt Martin Janicki. Wenn die beiden vor allem als Gesprächspartner gefragt sind, „merkt man das, wenn es nur ein Kaffee wird“, so Dornieden. Dazu stehen in dem Laden eine Kaffeemaschine und ein Tisch bereit. Die übrige Ware – „Dinge des Lebens“, so Dornieden – von Zigaretten über Zeitschriften, Getränken und Geburtstagskarten bis zu Schokoriegeln – bleibt dann eher links liegen.
Ergänzt wird das Sortiment um Accessoires für heimatverbundene Obercastroper. Es gibt Grußkarten mit einem stilisierten Erinturm und „Prickelndes Obercastrop“ – Prosecco in Dosen.
Mythos Bude
Aus dem Stadtbild sind sie bis heute nicht wegzudenken, auch wenn es sie nicht mehr in so großer Zahl gibt wie vor einigen Jahrzehnten: Kioske, Trinkhallen und Buden. Ursprünglich zu Beginn der Industrialisierung als Verkaufsstelle für Mineralwasser entstanden, dienen sie schon seit Langem dazu, sich mal eben eine Schachtel Zigaretten, etwas Süßes oder eine Zeitschrift zu kaufen oder einfach nur ein paar Worte zu quatschen. Den Mythos Bude als Ort für Gelegenheitskäufe und als sozialem Treffpunkt feiert die Ruhr Tourismus GmbH mit einem Jahr der Trinkhalle, dessen zentrale Veranstaltung am 20. August der 1. Tag der Trinkhallen ist. Aus diesem Anlass stellt der Stadtanzeiger in der Reihe „Kioskgeschichten“ die fünf Castrop-Rauxeler Buden vor, die sich um eine Teilnahme beworben haben.
Die übrigen Portraits lesen Sie hier:
Markt-Kiosk
Kiosk an der Pallasstraße
Ullas kleine Welt
BonBonBude
Autor:Vera Demuth aus Bochum |
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