Ich zuerst

Ich zuerst...
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Ich zuerst... ist die Geschichte einer Frau, die immer die Erste sein wollte.
Es war einmal ein jungverliebtes Pärchen, dass sich nichts sehnlicher wünschte, als endlich Eltern zu werden. Die Jahre gingen ins Land und schon glaubten die Beiden nicht mehr an die Erfüllung ihres Wunsches, als die Frau dann doch eines Tages schwanger wurde.

Wie groß war die Freude, als der Arzt dann auch noch feststellte, dass die Frau Zwillinge erwartet! 2 Mädchen sollten es, laut Ultraschalluntersuchung, werden.
Doch leider verlief die Schwangerschaft nicht ganz komplikationsfrei und so kamen die beiden Mädchen viel früher auf die Welt, als eigentlich geplant war.
Bei der Geburt hatte es eines der Mädchen ganz besonders eilig und erblickte ganze 3 Minuten vor seiner Schwester das Licht der Welt. Die glücklichen Eltern nannten es deshalb "Primi", was lateinisch ist und "Die Erste" heißt. Das zweite Mädchen bekam den Namen "Aki", der aus dem Japanischen stammt und so viel wie "Zweite Hoffnung" bedeutet.

Die Mädchen wuchsen heran und Primi machte ihrem Namen alle Ehre! Überall und bei jeder Gelegenheit wollte sie immer die Erste sein. Schon als Baby schrie sie immer am lautesten und bekam so auch stets als Erste ihre Milch. Aki wartete geduldig, bis ihre Schwester satt war und strahlte ihre Mutter glücklich an, wenn sie dann an der Reihe war. Beim abendlichen Wannenbad wollte Primi immer gleich als Erste ins Wasser und nach dem Badespaß natürlich auch als Erste wieder hinaus! Aki planschte derweil vergnügt vor sich hin.
Auch als die Mädchen in den Kindergarten und später in die Schule kamen, war Primi immer und überall die Erste und wenn einmal nicht, stampfte sie mit ihren Füßen auf und schrie so laut, dass niemand es wagte, sie warten zu lassen.

Als die Mädchen älter wurden, begannen die Jungen aus der Nachbarschaft um sie zu werben. Aber noch ehe ein Junge überhaupt ein Wort mit Aki wechseln konnte, hatte Primi sich schon dazwischen gestellt und machte ihrerseits dem Jungen schöne Augen. Also heiratete Primi natürlich auch vor ihrer Schwester Aki und selbstverständlich wurde sie auch als Erste schwanger und bekam einige Monate vor ihrer Schwester einen Sohn.

So zogen die Jahre ins Land und ihr ganzes Leben lang änderte sich nichts an Primis Einstellung. Überall, ob an der Supermarktkasse, im Restaurant, in der Schlange am Bankschalter, beim Arztbesuch, an der Tankstelle oder beim Friseur... Primi wollte und musste immer die Erste sein, sonst wurde sie wütend und ihre Mitmenschen hatten nichts zu lachen!
Aki hingegen war die Geduld in Person und deshalb liebten sie die Menschen viel mehr, als ihre selbstsüchtige Schwester.

Als Beide nun schon sehr alt und grau waren, klopfte es eines Tages an Primis Haustür und als sie öffnete, stand ein alter, gebeugter Mann vor ihr und sprach:" Primi, ich bin der Gevatter Tod und da Du in Deinem Leben ja immer die Erste sein wolltest, komme ich natürlich auch zuerst zu Dir"!
Primi erschrak über alle Maßen und bettelte darum, dieses Mal nicht die Erste sein zu müssen. Doch alles Flehen half nichts... Primi verstarb einige Jahre früher als ihre Schwester Aki, die selbst auf den Tod geduldig warten konnte!

Autor:

Heike Kehl aus Castrop-Rauxel

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