„Hinter der Fassade“ – Teil 3: Bauunternehmer errichtete Wohnhaus im Bauhaus-Stil
Ein besonderes Wohnhaus findet sich an der Bahnhofstraße 222. Nicht nur, dass es sich optisch von den umliegenden Häusern abhebt, sondern sogar im gesamten Kreis Recklinghausen stellt es eine Ausnahme dar. Das Haus ist das einzige gut erhaltene Gebäude in der Region, das deutlich von der Schule des Bauhauses und den modernen Architekturformen der 1920er Jahre geprägt ist.
Errichtet wurde das zweigeschossige Haus 1928/29 von dem Castrop-Rauxeler Architekten Johannes Perpeet für die Bauherren Artur und Grete Voigt. Die Optik des kubischen Baukörpers bestimmen glatte Putzflächen, ein Flachdach und strategisch platzierte Fenster, deren Größe auf ein notwendiges Minimum beschränkt ist.
„Das rechteckige, eingeschossige Nebengebäude ist nordöstlich angebaut und hat ebenfalls ein Flachdach. Untergebracht ist dort die Garage nebst Chauffeurzimmer und Toilette. In der Ecke, die durch das Haupthaus und das Nebengebäude gebildet wird, befindet sich zusätzlich ein Gewächshaus“, heißt es in einer Broschüre, die die Untere Denkmalbehörde 2009 erstellt hat.
Aus Schleswig-Holstein
Bauherr Artur Voigt war mit seinem Bruder Hugo Inhaber der Castrop-Rauxeler Firma C. Voigt Söhne. Gründer des Unternehmens war ihr Vater Carl Voigt, der 1848 in Schleswig-Holstein geboren worden und 1872 nach Rauxel gekommen war. Der gelernte Maurer arbeitete zunächst auf der Zeche Victor I/II, bevor er sich 1875 selbstständig machte und ein Bauunternehmen gründete.
Hauptsächlich Wohnungs- und Geschäftsbauten der Industrie und privater Auftraggeber gehörten zu den errichteten Bauwerken. Markante Gebäude waren das katholische Gesellenhaus in Castrop (1897) sowie die evangelische Kirche in Habinghorst (1911).
Sportplatzbau
Nach dem Tod des Vaters und ihres Bruders Willi 1928 führten Artur und Hugo Voigt die Geschäfte weiter, realisierten Projekte im Hoch-, Tief- und Stahlbetonbau und erschlossen mit dem Sportplatzbau einen neuen Geschäftszweig. Bis zum Kriegsausbruch hatte die Firma Sportplätze in ganz Deutschland, Holland, der Schweiz, Österreich, Dänemark und der damaligen Tschechoslowakei gebaut. Zu den Entwicklungen des Unternehmens gehörte ein Deckenbelag, der auch bei den Olympischen Spielen 1972 in München zum Einsatz kam.
1993 wurde der Sitz der Firma C. Voigt Söhne nach Grefrath verlegt, aber nach wenigen Monaten wurde der Eintrag aus dem Handelsregister gelöscht.
Das Gebäude an der Bahnhofstraße 222 wurde 1992 unter Denkmalschutz gestellt und beinhaltet heute eine Wohnung und ein Steuerberaterbüro.
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Autor:Vera Demuth aus Bochum |
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