Hans-Christian-Andersen-Schule: „Wir leisten jetzt schon einen Beitrag zur Inklusion“
„Wir leisten jetzt schon einen Beitrag zur Inklusion, da wir eine Durchgangsschule sind“, sagt Rosie Uysal, stellvertretende Leiterin der Hans-Christian-Andersen-Schule, Förderschule mit dem Schwerpunkt Sprache, in Deininghausen. Grundsätzlich bejaht die Pädagogin die Entwicklung hin zum inklusiven Unterricht an Regelschulen. Die Umsetzung betrachtet sie jedoch mit Sorge, da sie ihr zu schnell erscheine, erklärt sie im Stadtanzeiger-Gespräch.
Die Kinder, die die Hans-Christian-Andersen-Schule besuchen, haben vor allem Sprachentwicklungsstörungen. „Sie haben Probleme bei der Aussprache, mit der Grammatik, einen geringeren Wortschatz und Schwierigkeiten beim Sprachverständnis“, erläutert Rosie Uysal. Hinzu kämen Probleme im auditiven Bereich, so dass die Kinder zum Beispiel Laute nicht gut unterscheiden könnten.
In der Förderschule lernen sie daher nicht nur den üblichen Unterrichtsstoff aller Grundschüler, sondern werden gefördert, damit sie spätestens nach der vierten Klasse auf eine allgemeine Schule der Sekundarstufe I wechseln können. Etwa 80 Prozent hätten dann keinen Förderbedarf mehr, so die Konrektorin.
„Unser Unterricht ist durchgehend sprachheilpädagogisch“, nennt Uysal ein Merkmal der Förderschule. Daneben nimmt jedes Kind eine Stunde pro Woche in einer Kleingruppe an einer speziellen Therapie teil. Insgesamt kümmern sich 14 Sonderpädagogen um die 88 Kinder, die die Hans-Christian-Andersen-Schule zurzeit besuchen. Das bedeutet auch kleine Klassen. „Pro Klasse sind es mindestens acht und maximal 14 Kinder“, so Uysal. Die Schulzeit betrage außerdem fünf Jahre, da alle Kinder zunächst in eine Eingangsklasse eingeschult würden, um die Voraussetzungen für ein erfolgreiches schulisches Lernen zu schaffen, beschreibt sie eine weitere Eigenschaft der Hans-Christian-Andersen-Schule.
Mit dem Inkrafttreten des Rechtsanspruchs auf inklusive Beschulung für die Jahrgangsstufen 1 und 5 ab dem Schuljahr 2014/15 vermutet Rosie Uysal, dass sie und ihre Kollegen in die Regelschulen geschickt werden, um dort Lehrer zu beraten und Kinder mit Förderbedarf zu unterstützen. „Schon jetzt bin ich beispielsweise drei Stunden pro Woche an der Franz-Hillebrand-Schule, um dort einen Schüler zu fördern.“
Sie nimmt an, dass immer mehr Sonderpädagogen an die Regelschulen kommen. „Die Stundenzahl wird zunehmen, bis die Sonderpädagogen fest an den Schulen bleiben.“
Aber noch sei vieles im Umbruch. Vieles sei noch nicht geklärt, so Uysal. Dies ist es, was ihr und ihren Kollegen Sorge bereitet. „Die notwendigen Bedingungen sind in den meisten Regelschulen bisher nicht gegeben, und es sieht auch nicht so aus, als ob dies schnell möglich wäre“, lautet ihre Einschätzung.„Und so lange die allgemeinen Schulen nicht so weit sind, sehen wir unsere Aufgabe darin, allen Kindern die gleichen Chancen zu geben.“
55 Schüler muss die Hans-Christian-Andersen-Schule, die 1982 eröffnet wurde, nachweisen, um ihren Bestand zu sichern. Mit Inkrafttreten des Rechtsanspruchs im Sommer sei die Förderschule nur noch eine Alternative für Eltern, so Uysal. Die stellvertretende Schulleiterin glaubt aber nicht, dass damit die Anmeldezahlen schlagartig nach unten gehen werden. „Ich gehe zwar davon aus, dass je besser die Inklusion an den Regelschulen wird, desto mehr Eltern sich dafür entscheiden werden“, sagt sie. Dafür sei aber viel Zeit und Erfahrung nötig.
Ganz wichtig ist es Uysal, bei dem Prozess die Kinder nicht aus den Augen zu verlieren. Denn grundsätzlich würde man im Kollegium der Hans-Christian-Andersen-Schule die Inklusion befürworten, „aber wir haben Sorge, dass Kinder, die integrativ beschult werden, nicht die Unterstützung bekommen, die sie brauchen.“
Denn der Prozess verlaufe zu schnell. „Man sollte erst die Voraussetzungen schaffen und dann die Maßnahme umsetzen, nicht umgekehrt“, macht sie deutlich.
Autor:Vera Demuth aus Bochum |
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