„Ein Internet-Junkie will ich nicht werden“: Hans Frackowiak (82) ist der wohl älteste Blogger Deutschlands

Hans Frackowiak startete im Alter von 77 Jahren seinen eigenen Internet-Blog. 
Foto: Wengorz
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Hans Frackowiak ist ein leidenschaftlicher Geschichtenerzähler. Seit fünf Jahren hat der 82-jährige Castrop-Rauxeler einen eigenen Internet-Blog (www.castroper-geschichten.de), in dem er andere Menschen an seinem bewegten Leben teilhaben lässt.

Mit Computern hatte Hans Frackowiak eigentlich nie etwas am Hut. Viel zu erzählen hatte er dagegen schon immer. Der gebürtige Castrop-Rauxeler blickt nicht nur auf ein bewegtes Leben zurück, er verfügt auch über das besondere Talent, Menschen mit seinen Geschichten in den Bann zu ziehen. „Irgendwann sagte dann mein Sohn zu mir: ‚Papa, du erzählst immer so schöne Geschichten. Ich mache dir mal einen Blog fertig‘“, erinnert sich der 82-Jährige.
So entstanden die „Castroper Geschichten“, eine Internetseite, auf der Frackowiak Erzählungen aus seinem Leben mit anderen Nutzern teilt. Es sind Erzählungen über die Stadt Castrop-Rauxel, ihre Menschen und ihre Geschichte.
Gleichzeitig sind es ganz private und oft heitere Erinnerungen an Erlebnisse wie den ersten Besuch in seinem geliebten Castroper Stadtgarten (inzwischen lebt der Rentner im dortigen Seniorendomizil), das erste Weihnachtsfest nach Kriegsende oder seine Erfahrungen als Bergmann unter Tage. „Die meisten Geschichten haben so einen gewissen Touch, dass man darüber schmunzeln kann“, erklärt er und freut sich über die vielen begeisterten Kommentare von Lesern, die sich in seinen Erzählungen wiederfinden und Erinnerungen mit ihm austauschen. „Rund zehn bis 20 Leute habe ich dadurch schon persönlich kennengelernt“, erzählt er begeistert.
Aber auch für Historiker und an Geschichte interessierte Menschen ist Frackowiaks Blog eine wahre Fundgrube. Als Zeitzeuge des Nationalsozialismus berichtet er nüchtern und ungeschönt von Erlebnissen und Erfahrungen aus dieser Zeit, erzählt beispielsweise davon, wie er als Junge die Schrecken der Reichspogromnacht miterlebte. Kurz nachdem er seinen Blog gestartet hatte, war deshalb auch eine Lehrerin der Grundschule Grüner Weg auf ihn zugekommen und hatte ihn gebeten, in ihren Unterricht zu kommen und den Schülern von der Zeit damals zu berichten. Er selbst hatte die Schule einmal besucht („Damals hieß sie noch Melanchton Schule, später, während der Nazizeit, dann Wilhelm-Gustloff-Schule.“).
Über ein mögliches Aufhören denkt Frackowiak noch lange nicht nach. Dazu hat er noch viel zu viel zu erzählen. Den Vorschlag, doch ein Buch zu veröffentlichen, lehnt er allerdings entschieden ab. „Ich habe gesagt, ich lebe ja noch. Ich bin doch noch nicht fertig. Ein Buch könnt ihr veröffentlichen, wenn ich die Augen zugemacht habe“, schmunzelt er.
Um bei aller Begeisterung für die Arbeit an seinem Blog nicht das Maß zu verlieren, hat sich 82-Jährige aber auch einen klaren Rahmen gesteckt. Täglich nimmt er sich dafür eine Stunde Zeit, dann wird der Laptop zugeklappt. „Ein Internet-Junkie will ich ja nicht werden“, lacht er. Und so bleibt dem Senior auch noch jede Menge Zeit für seine zahlreichen anderen Hobbies.

Autor:

Verena Wengorz aus Castrop-Rauxel

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