Das Gespür für den richtigen Moment: Klaus-Michael Lehmann über 60 Jahre Fotografie

Fotografien, die auf seinen Reisen entstanden, hat Klaus-Michael Lehmann im Flur seines Wohnhauses aufgehängt. Foto: Wengorz
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„Die besondere Herausforderung in meinem Beruf war immer, Menschen, die nicht neben mir stehen, etwas zu erzählen“, sagt Klaus-Michael Lehmann. Der Castrop-Rauxeler blickt auf eine 60-jährige Karriere als Fotograf zurück. Einen Überblick über die gesamte Bandbreite seines Schaffens bietet eine Ausstellung, die noch bis zum 9. Februar in der Galerie des Evangelischen Krankenhauses an der Grutholzallee zu sehen ist.

Eigentlich sei der Beruf des Fotografen nur seine zweite Wahl gewesen, erzählt Klaus-Michael Lehmann. „Ich wollte Abitur machen und dann Gartenbauarchitekt werden.“ Doch diese Möglichkeit stand ihm nicht offen, als er im Alter von 16 Jahren nach Castrop-Rauxel kam.
Damals war Lehmann mit seiner Familie aus der DDR geflüchtet, wo ein Haftbefehl gegen seinen Vater vorgelegen hatte. Die Familie zog in ein Haus an der Thomasstraße, in dem der 76-Jährige bis heute lebt – und in dem er als Jugendlicher seine Ausbildung zum Fotografen begann. Denn im Untergeschoss des Hauses befand sich das Atelier von Günther Karkoska, „ein sehr angesehener Fotograf“, so Lehmann.
Besonders lukrativ sei in dieser Zeit die Hochzeits- und Portraitfotografie gewesen. „Das lag mir aber überhaupt nicht“, lacht er. „Aus steuerlichen Gründen wurde sehr viel geheiratet. Deshalb hatte man bei der Arbeit einen großen Zeitdruck, und das Kreative fehlte.“

Wechsel zur Industriefotografie

Nach seiner Ausbildung wechselte Lehmann zur Industriefotografie und wurde zunächst für den Bochumer Verein tätig. Doch dabei sollte es nicht bleiben. Es folgten zahlreiche Reisen durch europäische Hauptstädte, wo er unter anderem für die Zeitschrift „Merian“ fotografierte.
„Vor allem das Leben in der jeweiligen Stadt und die Menschen haben mich interessiert“, berichtet er. Es sei ihm wichtig gewesen, ihre Eigenheiten festzuhalten. Zugleich sollte in den Bildern deutlich werden, in welcher Stadt sie entstanden waren, allerdings ohne dass sie dabei zu typischen Postkartenmotiven werden.

Tätigkeit am Westfälischen Landestheater

Nachdem sich Lehmann 1969 selbstständig gemacht hatte, arbeitete er unter anderem als Theaterfotograf für das Westfälische Landestheater. Und auch hier war seine Vorgehensweise ähnlich wie bei der Reisefotografie. Wieder sei das Entscheidene gewesen, Geschichten zu erzählen. „Ich hatte immer das Gefühl, es müsse ein Foto sein, bei dem selbst der Laie erkennt, das ist der ‚Kaukasische Kreidekreis“, erklärt er.
Doch ganz egal, ob es sich um Landschaftsmotive, Theaterszenen, Portraits oder um Motive aus den Bereichen Industrie, Technik oder Bergbau gehandelt habe, entscheidend für ein gelungenes Foto sei immer die Geduld, das Abwarten und das genaue Gespür für den richtigen Moment gewesen.
Schon allein deshalb könne er mit der digitalen Fotografie nicht viel anfangen. „Wenn heute jemand sagt, ‚Ich mache erstmal 30 Fotos, und dann kann ich in Ruhe das richtige Motiv aussuchen‘, verstehe ich das nicht. Diese Ruhe kann ich doch viel besser im Vorfeld investieren“, ist Lehmann überzeugt.

Autor:

Verena Wengorz aus Castrop-Rauxel

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