Terrorisiert von den Nachbarn: Mieter im Streit mit der Deutschen Annington
„Wir fühlen uns in unserem Haus nicht mehr sicher“, klagt Silke Müller (Name von der Redaktion geändert). Mit ihrer Familie lebt sie in einem Mietobjekt der Deutschen Annington in Dorf Rauxel. Seit dort im Sommer vergangenen Jahres eine neue Familie einzog, sei das Leben im Haus unerträglich geworden. „Sie schreien, sie hämmern an den Wänden, verschmutzen den Hausflur, werfen Müll vom Balkon, beleidigen und bedrohen uns“, zählt Müller auf. Von der Deutschen Annington fühlen sie und ihre Nachbarn sich im Stich gelassen.
Als die Familie im Sommer einzog und dabei einen unerträglichen Lärm machte, habe man es zunächst noch nicht allzu ernst genommen, erzählt Müller. „Eingezogen sind wir schließlich alle mal, und ganz geräuschlos geht das nun einmal nicht vonstatten. Allerdings haben wir um acht Uhr abends aufgehört mit dem Hämmern. Bei diesen Leuten ging es um acht erst los.“
Schnell sei ihr und ihren Nachbarn klar geworden, dass der Lärm des Einzugs nur der Anfang war. „Seitdem ist kein Tag ohne Vorfälle vergangen“, so Müller. Die Familie habe den gesamten Hausflur vermüllt und mit Unrat vollgeschmiert. „Alles stinkt“, berichtet Müller.
Nachdem alle Versuche, die Familie auf ihr Fehlverhalten anzusprechen, gescheitert waren, habe man sich Mitte September gemeinsam an den Hausmeister gewandt und auf dessen Empfehlung damit begonnen, ein Lärmprotokoll zu führen.
Außerdem suchte man Hilfe bei der Deutschen Annington. Als man dort nicht weiterkam, suchte sich eine der Mieterinnen juristischen Rat.
Schließlich habe sich der Vermieter im Dezember erstmals schriftlich zu den Beschwerden geäußert. In einem Schreiben vom 18. Dezember erklärt die Deutsche Annington, man habe sich des Falls bereits angenommen und ein Verfahren eingeleitet, um ein richterliches Urteil gegen die Familie erwirken zu können.
Auf die Ankündigung der betroffenen Mieter, eine Mietminderung vornehmen zu wollen, reagierte die Deutsche Annington wie folgt: „Einer Mietminderung wird vorerst widersprochen.“ Erst nach einem richterlichen Urteil könne über die Möglichkeit und Höhe einer eventuellen Mietminderung entschieden werden. Bis dahin fordere man die Mieter auf, „die Mieten weiterhin ungemindert an uns zu zahlen. Wir weisen darauf hin, dass wir Mietrückstände rechtlich geltend machen werden.“
Aussage der Annington „ist Unsinn“
„Diese Aussage ist Unsinn“, sagt Susanne Neuendorf, Geschäftsführerin des Deutschen Mieterbundes Dortmund. Rein rechtlich könne der Mieter eine Mietminderung in dem Moment vornehmen, in dem ein Mangel bestehe. „Der Vermieter muss hier nicht zustimmen“, so die Juristin.
Der Mieter sei dann natürlich in der Beweispflicht. Da in diesem Fall jedoch ein detailliertes Lärmprotokoll vorliege und die Vorwürfe von allen drei betroffenen Mietparteien bestätigt werden, sehe sie dies im geschilderten Fall nicht als problematisch an.
Mietminderung direkt vornehmen
Der Castrop-Rauxeler Rechtsanwalt Jürgen Wischnewski bestätigt Neuendorfs Aussage. „Wenn die Nutzbarkeit einer Wohnung beeinträchtigt ist, kann grundsätzlich eine Mietminderung vorgenommen werden“, so Wischnewski.
Dies sollte unmittelbar passieren, da es nahezu unmöglich sei, eventuelle Forderungen rückwirkend zu stellen. Wichtig sei allerdings, die Miete nicht willkürlich zu mindern, sondern der Sache angemessen und in Absprache mit einem Rechtsanwalt oder dem Mieterschutzbund.
Philipp Schmitz-Waters, Sprecher der Annington, erklärt auf Stadtanzeiger-Anfrage, dass man den Aussagen von Susanne Neuendorf und Jürgen Wischnewski nicht zustimme. In einer schriftlichen Stellungnahme der Annington heißt es: „Streit und Lärm unter Nachbarn können ein Mangel der Mietsache sein. Nachbarschaftsstreitigkeiten zeichnen sich jedoch dadurch aus, dass der Mangel nicht feststeht. [...] Erst nach einem Urteil des Gerichts wissen die Beteiligten, ob ein Mangel vorliegt und wenn ja, wie erheblich der Mangel war. [...] Diese Mangellage und das daraus resultierende Mietminderungsrecht können wir daher erst bewerten, wenn das richterliche Urteil am Ende des gerichtlichen Räumungsverfahrens feststeht.“
Erfolgschancen einer Klage sind gering
„Ein Standardschreiben“, beurteilt Jürgen Wischnewski die Äußerungen der Annington. Natürlich, so der Jurist, habe ein Vermieter die Möglichkeit, zu klagen, wenn Mieter die Miete mindern. Er bewerte die Erfolgschancen einer solchen Klage jedoch als gering, wenn der Vermieter bereits selbst juristische Schritte gegen die Mietpartei eingeleitet habe, deren Verhalten der Grund für die Mietminderung sei.
Autor:Verena Wengorz aus Castrop-Rauxel |
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