Kann man Anwälten noch trauen – oder sind sie nur noch knallharte Geschäftsmänner ?

Diese Fragen stelle ich mir sehr oft, denn auch wir haben in der Vergangenheit so einiges mit Anwälten erlebt. Zuletzt vor einigen Monaten. Ich komme später darauf zurück.

Vorab möchte ich sagen, dass man nicht alle Rechtsanwälte über einen Kamm scheren sollte, denn es gibt immer noch sehr gewissenhafte, korrekte und zielstrebige Anwälte in unseren Reihen. Leider kommt es aber immer häufiger vor, dass auch in diesen Bereichen „schwarze Schafe“ zu finden sind.

Es muss ja etwas an dieser These dran sein, sonst würde wohl kaum ausgerechnet ein Präsident einer Anwaltskammer/Rechtsanwalt und Kammerchef vor seinen Kollegen warnen.
Zitat: „Beschämende Qualität der Anwälte, Existenzangst“ FAZ 17.02.2012
„Wir wissen es, aber keiner will es sagen“, so schrieb Michael Purrucker!
Der Anwaltspräsident kreidet einer großen Zahl seiner Kollegen vor allem an, dass sie jedes Mandat annähmen – „egal aus welchem Rechtsgebiet es stammt.“

Ich denke, dass wir als Bürger schon das Recht haben, dass wir dort mehr als korrekt bedient werden, wenn wir uns schon in anwaltliche Hände begeben müssen, zumal wir dafür auch tief in die Tasche greifen müssen. Denn Anwälte kosten heute eine Menge Geld. Die maximale Höhe der Erstberatungsgebühr für Privatpersonen liegt bei 190 € zzgl. gesetzl. MwSt., egal ob die Beratung zehn oder auch sechzig Minuten erfordert. Wird der Anwalt darüber hinaus aktiv, schreibt er also Briefe, fertigt er Kopien an oder studiert Unterlagen, so sind diese Tätigkeiten nicht in der Erstberatungsgebühr enthalten. Für diese sieht die Gebührentabelle des RVG bereits weitere Gebühren vor. Wenn man sich das vor Augen hält, fragt man sich doch immer wieder, welche Firmenbranche diesen „Stundenlohn“ von 190,--Euro für den Otto-Normalverbraucher zahlt.

Ich frage mich immer, was ist mit Bürgern/Mandaten, die zwar ein geregeltes Einkommen haben, aber trotzdem mit ihrem Einkommen haushalten müssen. Die, die eine Rechtschutzversicherung (Advocard ist Anwalts Liebling) in der Hinterhand haben, wird das egal sein. Aber was ist mit dem Rest der Bevölkerung? Bleiben dann nicht viele Fälle auf der Strecke? Oder schlimmer noch, der Bürger geht aus Geldmangel nicht zum Anwalt, weil er sich das einfach nicht leisten kann?

Nun ist es leider so, dass die Euphorie des "guten Anwalts" nicht lange anhält. Hat man die Mandatsübernahme unterschrieben, haben die Anwälte alle Zeit der Welt, sich um das Verfahren zu kümmern. Dass jeder Anwalt, der ein Mandat übernimmt, verpflichtet ist, die Angelegenheit zügig voranzutreiben und die notwendigen rechtlichen Schritte zeitnah einzuleiten, sieht im Normalfall ganz anders aus.

Die Wahrung der Interessen des Mandanten hat bei jedem Anwalt immer im Vordergrund zu stehen und ist damit oberstes Gebot anwaltlicher Pflichterfüllung. Die regelmäßige Korrespondenz mit seinem Mandantenstamm gehört zum Tagesgeschäft eines jeden Rechtsanwalts. Ein wichtiger Teil hiervon ist fraglos die Weiterleitung von relevantem Briefverkehr – schließlich ist es Pflicht, den Mandanten stets über die Handlungen der Gegenseite, der Gerichte sowie der Behörden auf dem Laufenden zu halten.

Der Anwalt hat täglich, so wird es ihm vorgeschrieben, selbst die Post durchzusehen oder durch einen anderen Juristen durchsehen zu lassen. Das gilt auch für E-Mails.
Tun die Anwälte das? Nein! Die Erfahrung zeigt, dass viele Anwälte die Post nicht selbst durchsehen, sondern ihre Schreibkräfte. Und dann ist die Post nach Tagen noch immer nicht vom Anwalt eingesehen, geschweige bearbeitet worden.

Auch eine unschöne Sache ist, dass Mandanten vergeblich auf Rückrufe warten müssen.
Auf Faxe, E-Mails oder anderen Schriftverkehr wir erst Wochen später geantwortet, wenn überhaupt. Es kann nicht sein, dass man den Anwälten stets hinterher telefonieren oder schreiben muss, damit man in eigener Sache auf dem Laufenden ist.

Beanstandet man diese Vorgehensweise, wird das noch lapidar vom Tisch geräumt, oder man wird noch angeraunzt. Dabei vergessen diese Anwälte, dass wir ihre „Geldgeber“ sind. Wenn wir ihre Hilfe nicht in Anspruch nehmen würden, wären die Herren arbeitslos und würden nicht so viel Geld verdienen. Wer bezahlt, hat auch das Recht korrekt behandelt zu werden und mit zu bestimmen!
Und dabei spielt es keine Rolle, ob man den Anwalt aus eigener Tasche bezahlt oder eine Rechtsschutzversicherung die Kosten übernimmt.
Mandanten haben auch das gute Recht, sich zu wehren!

Um es kurz zu machen: Wir benötigten in einer gerichtlichen Sache, die eigentlich unsere 89jährige Mutter betraf (Kreis zahlte nach 1 3⁄4 Jahren noch immer keine Heimkosten, und wir wurden verklagt – ungerechtfertigt), dringend diskrete anwaltliche Hilfe und wir sind dann leider an den Falschen geraten! Nach der Erstberatung waren wir schon misstrauisch geworden.... sah aber alles seriös aus.

Die Korrespondenz (Unterlagen, Schriftverkehr und Briefwechsel, Widersprüche ect.), die wir schon über ein Jahr selber vorgenommen hatten, wurden dem Anwalt vorgelegt. Anfangs sah es recht gut aus. Er sollte den Kreis und das Gericht daraufhin noch einmal kontaktieren, um diese Sache schnellstens aus der Welt zu schaffen. Der Anwalt meinte daraufhin (ich zitiere):
„Ich würde die Füße stillhalten und abwarten! Denn wer die Musik bestellt, muss auch zahlen! Von Ihrer Mutter können und wollen die kein Geld. Da ihre Mutter ja nicht mehr zurechnungsfähig, sprich dement ist und kein Geld hat, werden die sich das Geld von Ihnen holen!“ Den Kreis anzuschreiben wäre aussichtslos und das würde im Moment gar nichts bringen.“ Er hat uns dann die Mandatsformulare zur Unterschrift vorgelegt, und wir haben diese dann auch unterschrieben. Leider!!!

Wir waren hin und her gerissen. Was sollten wir jetzt tun!
Mein Mann und ich haben dann nicht die Füße stillgehalten und haben alles, was an Schriftverkehr zu bearbeiten war, selber in die Hand genommen, aber auch dem Anwalt immer wieder den neusten Stand mitgeteilt. Dann wurden wir misstrauisch, weil Dinge veranlasst wurden, die dann nachher als sinnlos abgetan wurden bzw. überhaupt nichts getan wurde. Stellungnahmen, die das Gericht von unserem Anwalt zu der Sache benötigte, wurden von ihm nicht abgegeben, ohne uns davon zu unterrichten. Als wir ihn nach Wochen darauf ansprachen, um die schriftliche Stellungnahme mal einzusehen, meinte er nur, dass er das nicht für erforderlich hielt. Wir nahmen dies abermals zum Anlass, unseren Anwalt schriftlich auf seine anwaltlichen Pflichten hinzuweisen.

Wir waren sprach- und fassungslos.
Kann es möglich sein, dass Anwälte bestimmte Fälle bevorzugt bearbeiten? Wer rechtsschutzversichert ist, wird bevorzugt und schnell abgewickelt.
Wir wagen die Behauptung, dass die Fallbearbeitungsmotivation bei ihm stark schwankt, weil es für ihn ein ungeliebter Fall wurde und deshalb auch diese Verzögerungen.

Da wir nach mehr als 1 3⁄4 Jahren keine Chance sahen, aus dieser Angelegenheit ohne Schaden herauszukommen, unser Anwalt nichts unternehmen wollte und abwartete, haben wir uns entschlossen das WDR-Fernsehen einzuschalten.
Die haben die ganze Sache ins Rollen gebracht und gesendet. Die Verantwortlichen wurden zur Rede und um Stellungnahme gebeten. Und siehe da, nach 14 Tagen wurden die Gelder gezahlt und der Albtraum war vergessen.

Ja, das glaubten wir!
Dann kamen auf einmal die ersten Rechnungen. Nicht eine, sondern gleich zwei, und die dritte wurde an die Rechtschutzversicherung unserer Mutter geschickt.

Die Rechnungen sind für uns nicht nachvollziehbar gewesen, auf unsere schriftliche Bitte um Klarstellung, wird nicht reagiert.
Selbst für die Rechtsschutzversicherung waren die Rechnungslegungen nicht mehr nachvollziehbar. Unklar war für die Versicherung einerseits die Höhe der einzelnen Rechnungen, die er dort eingereicht hatte. Nicht nachvollziehbar war auf der anderen Seite, warum er hier abrechnungsmäßig aus einem Fall drei Fälle mache. Auch die Versicherung forderte ihn mit mehreren Schreiben daher auf, weitere anspruchsbegründende Unterlagen einzureichen. Auch dieser Aufforderung kam unser Anwalt nicht nach, so dass die Versicherung mit einem weiteren Schreiben nochmals daran erinnern musste. Gleichzeit wies ihn die Versicherung in diesem Scheiben unter Hinweis auf § 7 Abs. 1 RVG auf die Fehlerhaftigkeit seiner Abrechnungen hin und bat darum um Übermittlung einer korrigierten Rechnung. Auch auf diese Aufforderung wurde nicht reagiert.

Uns teilte er nur mit, dass er mit der besagten Rechtsschutzversicherung nichts mehr zu tun haben will und an einer Zusammenarbeit nicht interessiert sei. Gründe dafür gab er nicht an.
Auf Anraten der Versicherung wie auch des WDR, mit dem wir noch in Kontakt standen, haben wir die Rechnungen unseres Anwalts von einer anderen Kanzlei einmal überprüfen lassen. Diese Kanzlei empfahl uns eindringlich, diese Rechnungen nicht zu begleichen, da diese offensichtlich fehlerhaft seien. Gleichzeitig gab uns diese Kanzlei den Rat, die Anwaltskammer in dieser Sache hinzuzuziehen. Das haben wir dann auch getan.

Mehrere Monate hat sich der beauftragte Rechtsanwalt nicht mehr gemeldet. Mehrere Versuche Ihn zu erreichen sind gescheitert.

Dann die Wende in unserer Sache. Als unser Anwalt von der Anwaltskammer zur Stellungnahme angeschrieben wurde, bekamen wir nach 7 Monaten nun endlich mal ein Lebenszeichen von unserem Anwalt. Leider nicht freundlich. Er ließ uns per Mail wissen, dass er nun Vollstreckungsmaßnahmen einleiten werde. Diese „Drohbriefe“ leiteten wir unverzüglich an die Anwaltskammer sowie an das Landgericht weiter.

Wir haben ihm freundlich zu verstehen gegeben, dass er von uns nicht „eine müde Mark“ sehen würde, solange er nicht zur Sachverhaltsaufklärung beitragen werde.

Nach diesen „Drohbriefen“ hat sich dann auch noch einmal die Rechtschutz-versicherung eingeschaltet. Sie hatte sich noch einmal mit dem Anwalt telefonisch in Verbindung gesetzt und ihm klar gemacht, dass sie diese Sache auch weiterleiten würden, wenn er jetzt nicht endlich zur Klärung beitragen würde. Und siehe da, nach zwei Tagen haben wir den Bescheid erhalten, dass sich die Sache für uns erledigt hätte, denn man hätte sich nun einigen können. Auch unser Anwalt teilte uns das schriftlich mit, dass er sich mit der Versicherung geeinigt, eine Zahlung der Versicherung entgegengenommen habe und dass diese Angelegenheit für ihn jetzt erledigt sei.
Die Anwaltskammer hat mittlerweile schon zwei Vorstandsitzungen in diesem Fall einberufen, und wir warten gespannt auf das Ergebnis und dessen Entscheidung.
Unsere entstandenen Kosten für den zweiten Anwalt haben wir angefordert.

Es ist keine Frage, dass ein solches Verhalten inakzeptabel ist und von keinem Mandanten hingenommen werden muss. Da derartige Kundenunfreundlichkeit immer wieder auftritt und wir kein Einzelfall sind, müssen wir Bürger/Mandaten gegen solche Anwälte vorgehen.

Wie soll der Bürger noch unserer Justiz oder den Rechtsanwälten Vertrauen schenken, wenn, wie sich in unserem Fall herausstellt, das ganze Verfahren und jetzt auch noch die Abrechnungen nicht korrekt gelaufen sind? Die Wahrung der Interessen des Mandanten hat bei jedem Anwalt immer im Vordergrund zu stehen und ist damit oberstes Gebot anwaltlicher Pflichterfüllung.
Es kann doch nicht sein, dass wir als Laien dann noch zusätzlich einen anderen Rechtsanwalt beauftragen müssen, um sicher zu sein, dass der erste Anwalt alles richtig bearbeitet hat.
Das ist doch absurd und schizophren, und wer soll den ganzen Spaß dann auch noch bezahlen?

Jetzt haben wir erfahren, dass der Anwalt seine erst kürzlich eingerichteten Kanzleiräume aufgegeben und hier alle Zelte abgebrochen hat. Sein neuer Wirkungskreis liegt jetzt 600 km entfernt im Süden. Wir lassen das mal unkommentiert so im Raum stehen und überlassen den Rest der Anwaltskammer Hamm!

Autor:

Cornelia Bochynek aus Castrop-Rauxel

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