Internationaler Frühchentag 2012: Anna (11) aus Castrop-Rauxel - Eine Erfolgsgeschichte
„Anna war ein sehr neugieriges Kind. Das ist sie auch heute noch“, lacht Antje Hoyer-Bracke. Die Tochter der Castrop-Rauxelerin kam im Januar 2001 als sogenanntes „Frühchen“ zur Welt – wog nur 685 Gramm, bei einer Größe von 33 Zentimetern. Heute ist Anna elf Jahre alt und ein ganz normales junges Mädchen.
Es sind nur Kleinigkeiten, die heute noch daran erinnern – an die Angst, die Antje Hoyer-Bracke und ihr Mann Joachim nach der Geburt ihrer Tochter ausstehen mussten, an die Ungewissheit und die täglichen Besuche auf der Intensivstation, als noch niemand wissen konnte, was aus diesem winzigkleinen Menschen einmal werden würde. „Ich habe noch diese ganz kleine Narbe an der Nase“, erzählt Anna. „Sie kommt von dem Beatmungsschlauch.“
Außerdem habe sie beim Sport manchmal Schwierigkeiten. Es gebe Bewegungsabläufe, die ihr schwer fallen. „Es ist für mich ziemlich blöd, aber ich sage mir dann immer, es hätte auch sehr viel schlimmer kommen können“, bemerkt die Gymnasiastin. Sie wirkt ungewöhnlich erwachsen für ihr Alter, verbringt viel Zeit mit Büchern, liebt Pferde, träumt davon, später als Journalistin zu arbeiten.
Fortschritte im Bereich der Frühgeborenen Medizin
„Anna ist ein sehr positives Beispiel, aber davon gibt es viele“, sagt Prof. Dr. Claudia Roll, Chefärztin in der Abteilung für Neonatologie und pädiatrische Intensivmedizin der Kinderklinik Datteln. In den vergangenen Jahren habe es im Bereich der Frühgeborenen-Intensivmedizin rasante Fortschritte gegeben, weiß die Ärztin. „Die Überlebenschancen von Kindern, die wie Anna mit 24 Wochen zur Welt kommen, liegen bei uns bei 80 Prozent“, erklärt sie. „Vor 20 Jahren hat fast keines dieser Kinder überlebt.“
Enge Zusammenarbeit zwischen Ärzten und Eltern
Die Erfolge führt Roll vor allem auf die zunehmende Spezialisierung und Erfahrung der Ärzte zurück. Nach ihrem Medizinstudium durchlaufen diese eine mehrjährige Zusatzausbildung. „Es sind oft die kleinen Dinge, die entscheiden“, erklärt die Ärztin. „Man muss sehr nah am Kind bleiben, jeder Schritt, den man unternimmt, wird sehr genau überlegt.“ Zudem benötige man ein hohes Maß an Feingefühl, Stressresistenz und technischem Verständnis.
Auch sei es wichtig, ganz eng mit den Eltern zusammenzuarbeiten, sie zu unterstützen und ihnen eine psychologische Hilfe anzubieten.
Dass diese Unterstützung eine große Rolle spielt, können Antje Hoyer-Bracke und ihr Mann bestätigen. „Die Ärzte waren sehr offen zu uns und haben uns nichts vorenthalten, auch nicht die negativen Dinge“, berichtet die Mutter. Wichtig sei auch gewesen, dass man Kontakt zu anderen betroffenen Eltern bekommen habe und sich austauschen konnte.
Bis heute ist die Familie der Klinik eng verbunden und besucht die Station regelmäßig an Annas Geburtstagen. Für die Tochter ist es ein merkwürdiges Gefühl, die kleinen Neugeborenen mit ihren Beatmungsschläuchen dort zu sehen. „Dass ich auch mal hier gelegen haben soll, kann ich mir kaum vorstellen. Es ist ein bisschen beängstigend“, erklärt sie.
Autor:Verena Wengorz aus Castrop-Rauxel |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.