Im Tarifdschungel
Ein und dieselbe Strecke, zwei verschiedene Preisstufen – vor diesem Dilemma stehen die Kunden, die den öffentlichen Nahverkehr im Verkehrsverbund Rhein-Ruhr (VRR) nutzen. Hintergrund ist das System der wandernden Zonen.
Die Verkehrsbetriebe, die im VRR zusammenkommen, decken den größten Ballungsraum Deutschlands ab. Die eine große Stadt, um die alle anderen Gemeinden kreisen, gibt es hier nicht. Hier liegt Dortmund, dort Düsseldorf. Irgendwo dazwischen befindet sich Essen.
Das hat Folgen für das Tarifsystem des VRR. Es ist unterteilt in fünf Preisstufen (A bis E), lediglich die Preisstufen D und E sind fest umrissen. Die Preisstufen A bis C wandern – je nachdem, wo sich das Heimattarifgebiet des Kunden befindet. Dies legt der Kunde beim Kauf eines Abonnements fest.
„Ja, wir wissen dass unser Tarifsystem kompliziert ist. Aber wir müssen mit diesem System arbeiten, weil wir uns nicht in Berlin befinden, sondern in einer Region mit einer polyzentrischen Struktur“, erläutert Sabine Tkatzik, Pressesprecherin des VRR. Mit diesem System wird sichergestellt, dass sich die Preisstufen nicht um ein bestimmtes Zentrum – zum Beispiel Essen – anordnen.
Die Abonnenten sind häufig Berufspendler, die Bus und Bahn nutzen, um von zu Hause zur Arbeit zu kommen. „Wenn man ein Abo kauft, geht man davon aus, dass der Kunde eine regelmäßige Strecke wählt“, sagt Tkatzik.
Doch was passiert, wenn sich die Strecke ändert? Die Informationstafeln an den Bus- und Bahnhaltestellen informieren über den Tarif beim Kauf eines Bartickets (also Einzel- oder Vierertickets), nicht aber über Abonnements wie das Ticket 2000. Und hier kann es zu Unterschieden kommen, was die Tarifzugehörigkeit eines Zielortes betrifft.
Ein Beispiel: Ein Kunde möchte von Castrop-Rauxel nach Gelsenkirchen fahren. Wenn er ein Barticket kauft, braucht er ein Ticket Preisstufe B. Gelsenkirchen liegt im Tarifgebiet 26, Castrop-Rauxel im Tarifgebiet 28. Beide Gebiete grenzen nicht aneinander.
Das hat Folgen für Abonnenten: Wer ein Ticket 2000, Preisstufe B hat und das Heimattarifgebiet 28, kann damit nur in die angrenzenden Tarifgebiete fahren – das sind Recklinghausen/Herten (17), Oer-Erkenschwick/Datteln (18), Waltrop (29), Dortmund Mitte/West (37), Witten/Wetter/Herdecke (47), Bochum (36) und Herne (27).
Beim Kauf eines Bartickets wandert das Zentrum, um das herum die Preisstufe berechnet wird, denn der Kunde kauft in dem Fall eine Fahrkarte für eine Strecke. Vereinfacht gesagt: Für die Strecke „Castrop-Rauxel – Gelsenkirchen“ wird eine Linie zwischen dem Startpunkt und dem Ziel gezogen, in deren Mitte Herne liegt. Dem Barticket Preisstufe B liegt, wenn der Kunde von Castrop-Rauxel nach Gelsenkirchen fährt, Herne als Zentrum zu Grunde. Das Tarifgebiet Herne (27) grenzt sowohl an Castrop-Rauxel (28) als auch an Gelsenkirchen (26). Darum gilt beim Barticket die Preisstufe B.
„Es ist uns klar, dass dieses System sehr komplex ist und seine Grenzen hat“, räumt Tkatzik ein, dass es manchmal schwierig ist, die Tarife nachzuvollziehen. Ein anderes, einfacheres System würde allerdings mehr Kunden benachteiligen.
Schlaue Nummer
Infos zu den Tarifen des VRR gibt es unter Tel. 01806/504034 (0,20 €/Anruf aus dem Festnetz, Mobilfunk 0,60 €/Anruf).
Autor:Sascha Ruczinski aus Schwelm |
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