Bettina Lenort tritt Dobrindt-Nachfolge an / TBG-Wahl ging nicht geräuschlos vonstatten
XXL-Ratssitzung sprengte in vielerlei Hinsicht den Rahmen

Bettina Lenort wurde zur neuen Technischen Beigeordneten der Stadt gewählt. Sie folgt damit auf Heiko Dobrindt. Foto: Stadt
  • Bettina Lenort wurde zur neuen Technischen Beigeordneten der Stadt gewählt. Sie folgt damit auf Heiko Dobrindt. Foto: Stadt
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Dreimal geheime Abstimmung, Debatte um Debatte, verbale Scharmützel und eine XXL-Tagesordnung (31. Punkte): Die Ratssitzung am Donnerstag (4. Juli) – die letzte vor der Sommerpause – sprengte in vielerlei Hinsicht den Rahmen. Auch zeitlich, denn sie ging bis 22 Uhr und dauerte damit fünf Stunden!

Unter anderem stand die Wahl eines neuen Technischen Beigeordneten (TBG) auf der Tagesordnung.
Nach drei Amtsperioden geht Heiko Dobrindt in den Ruhestand. Am Freitag (5. Juli) hatte er seinen letzten Arbeitstag. Seine Nachfolgerin wird Bettina Lenort (53). Sie wurde in der Sitzung von den Ratsmitgliedern gewählt. Geräuschlos ging dies, wie so vieles an diesem Nachmittag/Abend, allerdings nicht vonstatten. Im Gegenteil.

Schon vor der Ratssitzung war klar, dass der Leiterin des Referats Verkehr der Stadt Gelsenkirchen die Unterstützung aus vier der sieben Ratsfraktionen sicher ist, denn den Ratsunterlagen war Folgendes zu entnehmen: "Für die Wahl zur Technischen Beigeordneten der Stadt Castrop-Rauxel schlagen die SPD-Ratsfraktion, die CDU-Fraktion, die Fraktion der FWI und die Fraktion der Linken Bettina Lenort vor."
Von den Grünen gab es postwendend einen Antrag, "aufgrund des intransparenten Auswahlprocederes" das Verfahren zur TBG-Wahl auszusetzen und "eine erneute Ausschreibung mit klaren Auswahlkriterien vorzubereiten". Der ganze Vorgang sei nicht rechtswidrig, entspreche aber nicht den Gepflogenheiten, führte Bert Wagener für die Grünen aus. Zudem war von "Fraktionszwang" die Rede. Dem widersprach Michael Breilmann (CDU) aufs Schärfste. "Dieser Vorwurf ist unverschämt! Wenn Sie ihn in den Raum stellen, müssen Sie ihn auch belegen. Wir alle (der Rat) wählen einen Beigeordneten. Und genau das wird heute passieren. Die Wahl wird völlig ordnungsgemäß ablaufen."

"Juristisch nicht angreifbar"
Das Schreiben der vier Fraktionen sei juristisch nicht angreifbar. "Wir haben das aber noch nie so gemacht", meinte Nils Bettinger (FDP). Man habe das vereinbarte Verfahren verlassen. "Wir haben interfraktionell zusammengesessen und überlegt, welche Bewerber wir einladen. Nach den Gesprächen mit ihnen wollten wir uns wieder zusammensetzen. Doch genau das fand nicht statt." Nils Bettinger wollte zudem von Bürgermeister Rajko Kravanja wissen, "ob Sie von allen Kandidaten die Rückmeldung hatten, dass sie nicht mehr kandidieren?" Eine öffentliche Antwort blieb aus.

Bürgermeister: "Ich schäme mich für diese Debatte"
Das Verfahren werde durch den Antrag der Grünen geschädigt, so Michael Breilmann. Ebenso wie Daniel Molloisch (SPD) appellierte er an die Grünen, den Antrag zurückzuziehen. Das geschah nicht – und die FDP beantragte eine geheime Wahl.
"Ich schäme mich ein Stück weit für diese Debatte. Es ist ein Trauerspiel, das wir hier gerade abliefern. Sie veranstalten das, weil Sie Ihren Kandidaten nicht durchgebracht haben", sagte Bürgermeister Rajko Kravanja.

Bettina Lenort reagiert
"Das ist eine irritierende Situation für mich", bekannte Bettina Lenort. "Hätte ich nicht so ein verdammt dickes Fell, hätte ich den Ratssaal schon verlassen. Ich habe mich beworben und bin davon überzeugt, sämtliche Anforderungen zu erfüllen. Ich bin seit nahezu 25 Jahren in Führungsverantwortung in der Kommunalverwaltung tätig", betonte sie. "Die Bürger können jetzt denken: ,Was kungeln die da aus?' Das geht zu meinen Lasten und auf meine Kosten." Eigentlich, so Lenort, sei es ein "Traumjob für jeden, in der Stadt, in der er lebt, gestalterisch tätig zu werden. Ich bin nach dieser Diskussion noch hier. Daran können Sie erkennen, dass ich die Stelle noch will. Aber das Bild, das hier produziert wurde, ist meiner nicht würdig!"

Geheime Abstimmung
Die geheime Abstimmung (47 abgegebene Stimmen) fiel wie folgt aus: eine Enthaltung, zehn Nein-Stimmen, 36 Ja-Stimmen. Die Grünen haben im Rat der Stadt vier Sitze, die FDP hat zwei. Demnach müssen auch Mitglieder anderer Fraktionen gegen Bettina Lenort gestimmt haben.

Hintergrund:
- Beigeordnete sind kommunale Wahlbeamte. Sie werden vom Rat der Stadt für die Dauer von acht Jahren gewählt.
- Der Rat hatte in seiner Februar-Sitzung dem Entwurf zur Stellenausschreibung zugestimmt. Auf die öffentliche Ausschreibung gingen neun Bewerbungen ein; ein Anwärter zog seine Bewerbung zurück.
- Den Fraktionen wurde eine Aufstellung der persönlichen Daten der Bewerber mit Qualifikationen und beruflichem Werdegang zur Verfügung gestellt. Dann wurde ihnen die Möglichkeit gegeben, mit drei Bewerbern Vorstellungsgespräche zu führen.

Autor:

Nina Möhlmeier aus Castrop-Rauxel

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