"Begegnung ist alles"
Ein Fußballspiel dauert gewöhnlich 90 Minuten. Genau so viel Zeit nahm sich am Mittwochnachmittag (24. Juni) auch Yasmin Fahimi, Generalsekretärin der Bundes-SPD, um sich beim Sportverein VfR Rauxel über die ehrenamtliche Flüchtlingshilfe in Castrop-Rauxel zu informieren.
Beeindruckt zeigte sich die Besucherin aus Berlin vom Engagement des VfR Rauxel unter Geschäftsführer Patrick Hübner für die Flüchtlinge: „Ich finde das großartig. Wir haben in Deutschland viel, viel mehr kapiert, als viele meinen.“ Der Einsatz des Sportvereins stehe dem Trend der Vereinzelung und Entsolidarisierung ganz deutlich entgegen. „Danke, dass Sie das machen!“
Soforthilfe reicht nicht
Das könne Politik gar nicht leisten. „Aber wir haben die Verantwortung, die Kommunen zu entlasten.“ Die vom Bund beschlossene eine Milliarde Euro Soforthilfe sei gut, „aber das reicht vorne und hinten nicht“, betonte Fahimi.
Auch die Flüchtlingshilfe der Facebook-Gruppe „Refugees welcome to Castrop-Rauxel“ um Jürgen Kahl, die inzwischen 320 Mitglieder zählt, und zum Beispiel Möbel für Flüchtlingsfamilien etwa aus Haushaltsauflösungen organisiert, war Thema. Kahl: „Die Bereitschaft zur Hilfe ist groß.“ Dennoch gebe es nach wie vor auch Ablehnung gegenüber Flüchtlingen.
„20 kamen zum Training“
Beim VfR Rauxel sind sie indes gern gesehen. Nicht nur als Gäste. Hübner: „Zwei von ihnen gehören bereits zum Kader und haben schon die ersten Meisterschaftsspiele bestritten.“ Und die Resonanz ist gut: „Vorigen Donnerstag hatten wir 20 Flüchtlinge beim Training.“
In unmittelbarer Nachbarschaft zu Sportplatz und Vereinsheim werden derzeit an der Vördestraße Wohnungen für Flüchtlinge hergerichtet. Wenn die ersten dort eingezogen seien, wolle der Verein auf die neuen Nachbarn zugehen und sie einladen.
„Also wird das Vereinsheim des VfR zur Begegnungsstätte. Begegnung ist das Zauberwort“, unterstrich die SPD-Generalsekretärin. Das konnten die Akteure der Flüchtlingshilfe nur bestätigen.
Und Rajko Kravanja, Bürgermeisterkandidat der SPD, konkretisierte: „Man muss Begegnung organisieren. Denn selbst die kritischen Leute wünschen sich Begegnung.“ Fahimi gab die Empfehlung: „Man muss sich erst mit dem Schicksal der Flüchtlinge beschäftigen und nicht sofort mit Vorurteilen kommen.“
Kurios sei, so wusste ein Teilnehmer der Runde zu berichten, „dass die, die zunächst am lautesten gegen die Flüchtlinge geschrien haben, die ersten waren, die gespendet haben“.
„Viele wollen helfen“
Überwältigt von der Hilfsbereitschaft in Deutschland zeigte sich Karam. Der 29-jährige Palästinenser aus Syrien hat einen Bachelor-Abschluss in Ökonomie und ist seit fünf Monaten in Deutschland. „Ich habe viele nette Leute getroffen, viele wollen helfen. Das habe ich gar nicht erwartet. Aber viele Flüchtlinge können auf offiziellem Wege, zum Beispiel im Rathaus, nicht die Hilfe bekommen, die sie sich erhoffen“, meint der junge Mann, der oft als Dolmetscher tätig ist – vom Arabischen ins Englische. Deutsch lernt er zurzeit selbst. „Wir brauchen viel mehr Dolmetscher“, sagt Karam in der Hoffnung, dass versierte Übersetzer sich bei der Stadtverwaltung melden.
Wann Sprache lernen?
Neben den vielen positiven Aktionen, die im VfR-Vereinsheim erörtert wurden, kamen auch problematische Themen auf den Tisch. So die Frage, wann denn der Deutschunterricht für die Flüchtlinge beginnen soll, damit sie sich – unabhängig vom Ausgang ihres Asylverfahrens – möglichst rasch in ihrer neuen Heimat zurechtfinden können.
In ihrem ehrenamtlichen Engagement behindert sehen sich Ursula und Lothar Schledz. Das pensionierte Lehrerehepaar möchte den Flüchtlingen gerne die deutsche Sprache vermitteln, bat aber bislang vergebens um einen Schlüssel fürs Unterrichtsgebäude.
Autor:Peter Mering aus Castrop-Rauxel |
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