"Und das ist alles nur in meinem Kopf..."

http://www.youtube.com/watch?v=yyZh_IuHQmI

Warum die Macht unserer Gefühle
uns manche Dinge tun lässt.
Und manche Dinge eben nicht.

Ich müsste eigentlich seit Wochen jemanden anrufen. Naja, ich muss eigentlich nicht, aber ich möchte es gerne. Es geht um eine gute Möglichkeit, mal in einem mir fremden Bereich etwas zu schreiben. Leider fand ich zufällig heraus, dass eines der Themen, die ich vorschlagen wollte, in einem epischen Ausmaß bereits realisiert wurde. So ein Pech! Oder ist das ein Zeichen? Ein Zeichen dafür, dass jetzt nicht der richtige Zeitpunkt ist? Ich mache mir so meine Gedanken… mit dem Resultat, dass ich mich jetzt irgendwie nicht mehr recht zu einem Anruf durchringen kann. Es geht ja gar nicht mal um etwas Megawichtiges, es wäre aber eine schöne Gelegenheit, die ich vielleicht nicht auslassen sollte. Nichtsdestotrotz sitze ich wild unentschlossen und tatenlos herum...
Warum das so ist, weiß ich nicht so recht. Es gibt eigentlich keinen Grund, eher so ein unbestimmtes Gefühl. Noch eher so eine diffuse Vorstellung darüber, wie mein Gespräch so ablaufen könnte. So derart, wie es in der „Anleitung zu Unglücklichsein“ abläuft. Jemand überlegt sich beim Nachbarn einen Hammer auszuleihen. Er geht gedanklich das Gespräch durch und kommt zu der Erkenntnis, dass der blöde Nachbar ihm den Hammer sowieso nicht ausleihen würde. Das macht ihn so wütend, dass er beim Nachbarn anklingelt und ihn, als dieser öffnet, anschreit “Behalten Sie ihren blöden Hammer doch!!“ Schade nur, dass der arme Nachbar gar nicht wusste, dass man ihn um etwas hat bitten wollen. Denn alles lief ja nur gedanklich im Kopf desjenigen ab, der den Hammer brauchte. Blöd finden Sie das? Ich nicht. Ich bin sogar der festen Überzeugung, dass uns unsere aus Gedanken entstandenen Emotionen häufiger fehlleiten als uns lieb ist. Wie oft nehmen wir unsere Gedanken und Meinungen als Wahrheit? Und wie oft hält uns die Vorstellung und persönliche Einschätzung einer Sache davon ab, bestimmte Dinge zu tun - oder mal etwas zu riskieren? Fragen Sie sich doch mal selbst. Die Antwort lautet sicherlich: Oftmals.

"Es sind nicht die Dinge, die uns beunruhigen,
sondern das, was wir über die Dinge denken“.

(Seneca, röm. Philosoph)

Alles , was wir denken, hat eine Auswirkung auf unsere Gefühlswelt. „Ursprünglich wurde davon ausgegangen, dass Gedanken einfach und separat im Gehirn ablaufen und sonst keine weiteren Folgen haben. Wie Forscher herausfanden, löst jedoch jeder Gedanke elektrische Impulse in uns aus, welche wiederum elektrische und chemische Prozesse in Gehirn und Körper auslösen. „Damit sind Gedanken enorme Kräfte, die wir bewusst einsetzen, um unser Leben in Form von Bewertungen und Interpretationen zu gestalten. Die von außen kommenden Ereignisse lassen sich schwerlich gestalten, wir haben aber die Macht darüber zu entscheiden, wie wir uns fühlen und darauf reagieren möchten“ (Gesunde Medizin 1/2012).
Und wenn wir uns nun mal anschauen, wann Seneca (1-65 n. Chr.) seine Lebensweisheit formuliert hat, scheint das Problem rund um Phantasie und Realität doch wohl seit Menschengedenken zu bestehen. Die einzige Möglichkeit aus diesem Gedankenkarussell auszusteigen, ist die schon angedeutete Erkenntnis, dass wir selbst verantwortlich sind für die Steuerung und Korrektur unserer Gedanken: Positive Denkweisen erzeugen positive Gefühle und negative Einstellungen und Sichtweisen führen zu negativen Emotionen . Oder wie es im Kinofilm „Eat. Pray. Love.“ so treffend formuliert wurde „Wähle dir deine Gedanken so aus, wie du dir die Kleider auswählst, die du aus deinem Kleiderschrank nimmst“.

Wie schlagen wir unserer Phantasie denn nun ein Schnippchen ??

Es könnte auch in diesem Fall alles so einfach sein – und auch in diesem Fall ist es das leider nicht. Das rührt daher, dass wir alles unbewusst auf unserer Festplatte des Unterbewusstseins abspeichern. Daraus bilden sich Gedanken- und Verhaltensmuster, die sich im Laufe der Zeit in unseren Köpfen etablieren und auch dann verfestigen, wenn sie einer auch noch so irrigen Annahme entspringen. Motivationsexperte Dirk Schmidt schreibt in seinem Buch „Motivation“ (Gabler Verlag) , dass immerhin rund 80 Prozent unserer Ängste, Vorbehalte und inneren Konflikte im Unterbewusstsein abgespeichert sind. Er antwortet auf die Frage, wie man an diese verborgenen Anteile herankommt: „Fragen Sie sich selbst: Habe ich meine Angst im Griff oder hat meine Angst mich im Griff? Unterwirft man sich seinen Ängsten und Vorbehalten, füttert man seinen inneren Schweinehund. Daraus entstehen lähmende, limitierende Gedankenmuster. Die Kunst besteht darin, aus hinderlichen Denkmustern förderliche mentale Strategien zu machen“. Es gilt folglich zu überprüfen, ob das, was man da denkt, wirklich den Tatsachen entspricht. Ist die eigene Bewertung nützlich, d.h. dient sie oder hindert sie einen nur daran, Ziele und Vorstellungen zu erreichen? Und gibt es überhaupt hieb- und stichfeste Beweise dafür, dass alles wirklich so ist, wie man es sich ausdenkt? Oder – ist das wirklich alles nur in meinem Kopf?

Veränderungen laufen zumeist nicht von heute auf morgen ab.

„Wie fast alles im Leben ist auch das Hinterfragen der eigenen Bewertungen eine Übungssache. Je häufiger dies trainiert wird, desto leichter und schneller wird es gelingen, positive Resultate zu erzielen“, so Melanie Seidl-Jester, HP und Psychotherapeutin. Der erste Schritt dorthin ist, „seine Vorbehalte und limitierenden Gedanken sowie die daraus resultierenden neuen Sichtweisen aufzuschreiben und sich die Resultate täglich bewusst zu machen. „Danach gilt es die alten unnötigen, manchmal ramponierten Straßenschilder auf seinem persönlichen Lebensweg durch neue Schilder in andere Richtungen zu ersetzen“, so Dirk Schmidt. „Dazu muss man schon mal seine Komfortzone verlassen, um einem Ziel näher zu kommen. Aber wenn man einen Schritt geschafft hat, ist man umso motivierter, diesen Weg weiter zu gehen. Die Dinge entwickeln sich mit dem Tun“.

„Es gibt nichts Gutes, außer: Man tut es“, schrieb einst Erich Kästner und ich zitiere es gerne und oft bei zahlreichen Gelegenheiten des alltäglichen Lebens. Das können meine Kinder bezeugen. Vielleicht wird es ja auch für mich persönlich mal wieder Zeit, den schönen Spruch anzuwenden.
Ach, wollte ich nicht noch wen anrufen? Oder doch lieber erst morgen...?
Es könnte alles so einfach sein, ist es aber nicht.

Fotos: Facebook.com

Autor:

Vera Auffenberg aus Castrop-Rauxel

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

Folgen Sie diesem Profil als Erste/r

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.